Rees. Im Reeser Haushalt 2025 steht ein gewaltiges Defizit. Politik diskutierte daher über Steuererhöhungen. Das wurde nun beschlossen.

Das letzte Zusammenkommen von Rat und Verwaltung am Ende eines Jahres heißt in Rees nicht ohne Grund „Plätzchensitzung“. Auf den Tischen im Saal des Bürgerhauses standen am Donnerstagabend, 12. Dezember, mit viel Weihnachtsgebäck gefüllte Teller, und nach dem offiziellen Teil tranken Politiker und städtische Mitarbeitende zusammen noch das eine oder andere Kaltgetränk.

Doch bevor es gemütlich und besinnlich wurde, ging es in der Abschlussratssitzung für 2024 um viele Zahlen. Und diese waren schwerer verdaulich als die Spekulatius auf den Adventstellern. Kämmerer Andreas Mai brachte für das Jahr 2025 einen Haushalt ein, dessen eigentliches Defizit von 9,67 Millionen Euro nur durch einen Kniff auf immer noch sehr hohe 8,37 Millionen Euro gedrückt wurde.

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Das steckt hinter dem globalen Minderaufwand

Globaler Minderaufwand wird dieser haushälterische Kunstgriff genannt. Der Gesetzgeber erlaubt Kommunen damit, zwei Prozent der ordentlichen Aufwendungen als pauschale Einsparung im Gesamthaushalt auszuweisen. Dahinter steht der Gedanke, dass Städte und Gemeinde im Laufe eines Jahres erfahrungsgemäß etwa durch sich verzögernde Projekte weniger Geld ausgeben als anfangs geplant.

Für den Reeser Kämmerer Andreas Mai bleibt dies jedoch eine „reine Kaschiererei“, wie er in einem gemeinsamen Pressegespräch mit Bürgermeister Sebastian Hense im Nachgang der Ratssitzung sagte.

Bürgermeister Sebastian Hense (rechts) und Kämmerer Andreas Mai.
Bürgermeister Sebastian Hense (rechts) und Kämmerer Andreas Mai. © NRZ | Wolfgang Remy

In der prekären finanziellen Lage, in die Rees wie viele andere Kommunen vor allem wegen einer eklatanten Unterfinanzierung durch Bund und Land hineinschlittert, nutzt die Stadt jedoch dieses Instrument. Das kann gleichwohl nicht verhindern, dass Mai angesichts des großen Defizits feststellte: „Ich bringe jetzt zum 15. Mal einen Haushalt ein, aber so etwas habe ich noch nicht erlebt.“

Keine Mehrheit für Steuererhöhungen

Die Hälfte der Ausgleichsrücklage von 8,7 Millionen Euro muss die Stadt Rees bereits im laufenden Jahr 2024 in Anspruch nehmen, die andere Hälfte ist dann 2025 weg. Um die großen Löcher zu stopfen, schlug die Verwaltung bekanntlich Steuererhöhungen vor. Doch auch der Kompromissvorschlag, den Hebesatz der Grundsteuer B für alle bebauten oder bebaubaren Grundstücke sowie Gebäude auf 650 Prozent zu erhöhen, fand im Haupt- und Finanzausschuss keine Mehrheit.

Daran änderte sich nun auch im Rat nichts. Einzig die CDU mit Bürgermeister Hense unterstützte das Vorhaben der Verwaltung. SPD, Grüne, UFR und der fraktionslose Clemens Willing setzten dagegen mit knapper Mehrheit von 19 zu 15 Stimmen durch, dass in Rees 2025 die sogenannten aufkommensneutralen Hebesätze von 309 Prozent (Grundsteuer A) und 533 Prozent (Grundsteuer B) gelten. Diese vom Land NRW ermittelten Werte sollen eine Mehrbelastung der Bürger im Zuge der Grundsteuerreform verhindern. Beschlossen wurde zudem eine leichte Erhöhung der Gewerbesteuer auf 425 Prozent.

„Es macht uns ganz bestimmt keinen Spaß, die Steuern zu erhöhen, aber es ist einfach notwendig“

Sebastian Hense
Bürgermeister der Stadt Rees

CDU und SPD zur Haushaltspolitik

Nach der leidenschaftlich geführten Diskussion im Haupt- und Finanzausschuss flammte der Streit um die Steuererhöhungen im Rat kaum noch einmal auf. Im Vorfeld hatte die CDU für eine „schrittweise Anpassung der Hebesätze“ geworben. Ihre Pressemitteilung war überschrieben mit: „Weitsicht und Vernunft statt Angst vor der Verantwortung“.

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Peter Friedmann sagte dagegen vor der Sitzung, dass er sich noch gut an das einstige Wahlkampfversprechen des jetzigen Bürgermeisters erinnern könne, die steuerliche Belastung gering halten zu wollen. „Jetzt will er sogar noch einen Extra-Schluck aus der Steuerpulle. Das machen wir nicht mit!“, ließ sich Friedmann zitieren.

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Für 2026 droht eine satte Steuererhöhung

„Es macht uns ganz bestimmt keinen Spaß, die Steuern zu erhöhen, aber es ist einfach notwendig“, sagte Hense im Pressegespräch. Denn bereits 2026 droht der Stadt Rees die Haushaltssicherung. Um diese zu vermeiden, darf das Defizit dann nicht größer als 2,5 Millionen Euro sein. Nach aktueller Planung liegt die Stadt gerade einmal 30.000 Euro unter dieser Marke – und auch nur, weil der Kämmerer mit einem Grundsteuer-B-Hebesatz von 1250 Prozent gerechnet hat.

„Diese Steigerung wird richtig weh tun. Das müssen wir den Bürgern erklären“, sagte Mai. Jetzt eine erste Erhöhung zu beschließen, „wäre der bessere Weg für die Reeser Bürger gewesen“, ergänzte Hense.

Bis zum 30. Juni 2025 könnte der Rat noch nachträglich die Hebesätze verändern. Zwar schlug das UFR vor, das Thema in den nächsten Sitzungen weiter zu diskutieren. Doch ob sich die Politik im Jahr der Bundes- und Kommunalwahl dazu durchringen wird, von den potenziellen Wählern Steuern nachzufordern, darf bezweifelt werden.

Marissa Lake Village Rees
Unter anderem so sollen die Häuser im Marissa Lake Village Rees aussehen. © Marissa GmbH | Marissa Lake Village Rees

Hier investiert die Stadt Rees

Erst einmal stehen im neuen Jahr die Haushaltsberatungen an. Anders als zum Beispiel von den Grünen vorgetragen, sieht Bürgermeister Sebastian Hense „kaum Möglichkeiten für Einsparungen. Diesen Job haben wir intern längst gemacht“.

Nicht auf der Streichliste für den Haushalt 2025 stehen neben notwendigen Sanierungen an städtischen Gebäuden, Schulen und den beiden Zentralen Unterbringungseinrichtungen für Flüchtlinge auch Investitionsmaßnahmen, die zusammen 10,1 Millionen Euro kosten sollen. Dazu gehören unter anderem der Bau der Zufahrtsstraße zum geplanten Ferienpark am Reeser Meer (zwei Millionen Euro), der Umbau des Busbahnhofs zur Mobilstation (750.000 Euro) und die Errichtung von Obdachlosen- und Flüchtlingsunterkünften (765.000 Euro).

Der Busbahnhof in Rees soll zur Mobilitätsstation umgebaut werden.
Der Busbahnhof in Rees soll zur Mobilitätsstation umgebaut werden. © FUNKE Foto Services | Karl Banski

Eine positive Zahl fällt im eingebrachten Etat auf: Der Grundstücksverkauf für das neue Ferienhausgebiet mit dem Namen Marissa Lake Village Rees verbessert deutlich die Liquidität der Stadt. Die eingeplanten 10,6 Millionen Euro bezeichnete Kämmerer Andreas Mai als „Einmaleffekt“.

Verwaltungsspitzen betonen fairen Umgang miteinander

Er zeigte sich nach dem teilweise besorgniserregenden Ritt durch die Zahlen versöhnlich: „Das Haushaltsjahr wird sportlich. Ich bin mir aber sicher, dass Politik und Verwaltung es mit einer Mannschaftsleistung schaffen.“ Und auch Bürgermeister Sebastian Hense betonte, dass „wir den Reeser Weg weitergehen und gut miteinander umgehen werden. Denn hasserfüllter Streit nutzt nur den politischen Rändern“.