Rees/Kreis Kleve. Die Kreiskommunen schlittern in Haushaltskrisen – auch die Stadt Rees. Warum der Jahresabschluss 2023 aber trotz Defizit nicht schlecht ist.
In den vergangenen Jahren waren die Haushaltseinbringungen der Städte und Gemeinden nicht selten Fenster in die Zukunft, durch die man gerne blickte. Dank stetig sprudelnder Gewerbesteuereinnahmen konnten die Kommunen investieren und bei der Einbringung der Haushalte die großen Projekte für die kommenden Jahre präsentieren.
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Hilferufe blieben unerhört
Mittlerweile sind die Kassen leer und die Sorgenfalten bei Kämmerern und Bürgermeistern landauf, landab tief, wenn sie auf ihre defizitären Haushalte blicken, die sie in diesen Tagen einbringen. Sie haben schon in den guten Jahren jene Situation befürchtet, die jetzt eingetreten ist. „Die Kommunalfinanzierung ist insbesondere seitens des Landes nicht mehr auskömmlich. Durch immer weitere Zuweisungen der Bundespolitik wird dieser Effekt noch verstärkt“, sagte Andreas Mai, Kämmerer der Stadt Rees, in der Ratssitzung am Dienstagabend, 5. November. Alle Kommunen hätten seit Jahren Land und Bund zugeschrien: „Jetzt wird es eng. Ihr müsst was tun – was dann natürlich nicht passiert ist“, so Mai.
Noch komplizierter wird die Situation, weil sich der Kreis Kleve einer Explosion der Ausgaben gegenüber sieht und diese auf die Städte und Gemeinde umlegen wird. Der kürzlich eingebrachte Haushaltsentwurf des Kreises sieht trotz des Einsatzes der Ausgleichsrücklage in Höhe von 13,5 Millionen Euro vor, dass der Hebesatz der allgemeinen Kreisumlage auf 29,86 Prozent und die Mehrbelastung für die Kommunen ohne eigenes Jugendamt – dazu gehört Rees – auf 25,65 Prozent steigen sollen.
Schreiben der Bürgermeister
Daraufhin haben sich die Bürgermeister der 16 Städte und Gemeinden des Kreises Kleve mit einem deutlichen gemeinsamen Brief an Landrat Christoph Gerwers gewandt. Dessen Ausführungen zu der Entwicklung der allgemeinen Finanzsituation, zu den Umlagegrundlagen und zu den Kostensteigerungen im Kreishaushalt seien grundsätzlich nachvollziehbar – „aber leider dennoch nicht weniger erschreckend“, heißt es in dem Schreiben, das der Uedemer Verwaltungschef Rainer Weber als Vorsitzender der Bürgermeisterkonferenz aufgesetzt hat und das sämtliche Amtskollegen unterschrieben haben.
„Die Kommunalfinanzierung ist insbesondere seitens des Landes nicht mehr auskömmlich“
Keine Kommune im Kreis Kleve werde für das kommende Haushaltsjahr einen ausgeglichenen Haushaltsentwurf vorlegen können. Insgesamt werden die 16 Kommunen ein Haushaltsdefizit von mehr als 112 Millionen Euro erwirtschaften. „Mehrere Städte und Gemeinden können nach jetzigem Planungsstand zudem nicht ausschließen, dass zusammen mit dem Haushalt 2025 ein Haushaltssicherungskonzept vorzulegen sein wird“, warnen die Bürgermeister.
Hense: Kommunen sind absolut an der Grenze
„Umso mehr möchten wir Sie und die Kreistagsmitglieder eindringlich bitten, auch bei den freiwilligen Aufgaben äußerste Zurückhaltung zu betreiben und im Zuge der Haushaltsberatungen 2025 auf jedwede neue freiwillige Leistung zu verzichten!“, fordern sie gegenüber dem Landrat. „Die Städte und Gemeinden sind in unserem Staatswesen die Basis des gesellschaftlichen Zusammenlebens. Bitte machen Sie sich bewusst, dass jede zusätzliche Erhöhung auch der Kreisumlagen die Handlungsfähigkeit unserer Kommunen zusätzlich einschränkt.“
Die Kommunen seien absolut an ihrer Grenze, sagte der Reeser Bürgermeister Sebastian Hense nun im Rat. „Es wird verdammt schwierig, mit den Haushalten noch irgendwie klarzukommen. Das betrifft uns alle über jede Parteigrenze hinweg. Deshalb habe auch ich natürlich den Brief unterschrieben.“
So fiel der Jahresabschluss 2023 aus
In Rees steht die Einbringung des städtischen Haushalts noch bevor, doch sowohl Bürgermeister Hense als auch Kämmerer Mai haben die Politik bereits mehrfach auf schwierige Haushaltsberatungen vorbereitet. Nun ging es im Rat zunächst um den Jahresabschluss 2023, der ein Defizit von etwas mehr als einer Million Euro aufweist.
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Unter den gegebenen Umständen ist dies sogar als positive Nachricht zu werten, denn ursprünglich war ein Minus von 4,6 Millionen Euro geplant, das durch Ermächtigungsübertragungen auf 6,6 Millionen Euro anwuchs. „Für Rees ist das unheimlich viel“, ordnete Andreas Mai ein.
Düsterer Ausblick auf 2024 und 2025
Strukturelle Verbesserungen von Land und Bund gab es in dieser Lage nicht. „Wir mussten uns selbst retten“, so der Kämmerer. Ein Haushaltsausgleich gelang zwar nicht. Doch immerhin wurde das Defizit deutlich auf eine Million Euro reduziert, weil Rat und Verwaltung eng zusammengearbeitet hätten, lobte Mai. „Wir haben viel gespart, gut ausgeschrieben, gut gewirtschaftet.“ So schmilzt die Ausgleichsrücklage, die aktuell noch 9,7 Millionen Euro beträgt, zumindest nicht ganz schnell weg.
Der Jahresabschluss 2023, den der Kämmerer als „noch ganz gut“ bezeichnete, dürfte vorerst die letzte halbwegs positive Haushaltsnachricht sein. Im laufenden Jahr 2024 hat sich das Defizit bereits von 4,6 Millionen Euro auf 8,5 Millionen vergrößert. Der Ausblick auf 2025 sei noch schlimmer, so Andreas Mai. „Und das ist keine Reeser Geschichte, sondern es ist überall so.“