Düsseldorf. Ein Düsseldorfer Handwerksbetrieb bietet seinen Beschäftigten eine Vier-Tage-Woche an. Wie das funktioniert – und wie die Mitarbeiter das finden.

Fünf Tage arbeiten, zwei Tage frei – so sieht die Woche für die meisten Arbeitnehmer in Düsseldorf aus. Das erreichten Gewerkschaften vor vielen Jahrzehnten. In den vergangenen Jahren wurde dagegen immer wieder die Forderung nach einer Vier-Tage-Woche laut. Wöchentlich nur vier Tage arbeiten, das ist für die Mitarbeiter eines Düsseldorfer Handwerksbetriebs längst Realität: Das Konture Studio in Bilk bietet so ein Modell seit 2023 an.

Tischlerei und Innenarchitektur unter einem Dach

Das 2019 von Birger Schneider und Norman Kamp gegründete Unternehmen vereint Innenarchitektur und Tischlerei unter einem Dach. „Es ist das beste Handwerk, finde ich“, sagt Birger Schneider (31), der selbst mit 16 Jahren Tischler wurde und später Architektur studierte. Wie die beiden Konture-Gründer haben auch mehrere der aktuell fünf Mitarbeiter sowohl eine Tischlerausbildung als auch einen Abschluss im Architektur- oder Designbereich. „Der Vorteil für unsere Kunden ist, dass sie mit uns von der Planung bis zur Umsetzung nur einen Ansprechpartner brauchen“, erklärt Schneider im Vorzimmer des Studios.

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Zwei Türen weiter, in der Werkstatt, bearbeiten Frieder Stahl (26) und sein Kollege Julian Kertscher (31) gerade eine lange, weiße Arbeitsplatte. Die beiden jungen Tischlermeister schneiden sie mit einer Handkreissäge zu, danach heben sie sie zusammen auf die größere Formatkreissäge. Aus der Platte sollen Möbel für ein Lokal in Düsseldorf-Flingern entstehen: Eine Theke und mehrere Sitzflächen. „Wir haben diese Werkstatt gemeinsam eingerichtet“, erklärt Stahl, der seit rund anderthalb Jahren bei Konture arbeitet. So wurde aus der leeren Halle ein Arbeitsplatz, der ihm gut gefällt, berichtet er – sein Kollege stimmt ihm zu.

Tischler zur 4-Tage-Woche: „Ich bin sehr zufrieden“

Stahl arbeitet bei Konture in einem 4-Tage-Modell, wöchentlich 32 Stunden. „Mein freier Tag ist normalerweise Freitag“, erklärt er, und genau so handhaben es seine auch Kollegen. Wenn nötig, dann könne der Tag aber flexibel verschoben werden: „Freitag ist auch unser Notfalltag, wenn ein Projekt unbedingt noch fertig werden muss, aber ansonsten nicht mehr genug Zeit bleibt.“ Für Überstunden gibt es, ganz normal, Ausgleich durch Freizeit oder Extralohn.

Wichtig: Im Gegensatz zu dem von Gewerkschaftern diskutierten Modell mit vollem Lohnausgleich, werden die Mitarbeiter bei Konture auch nur für die Stunden bezahlt, die sie arbeiten. Für ein kleines Unternehmen wie Konture würde dieses Modell wohl nicht funktionieren, sagt Geschäftsführer Schneider – „Das ist eher was für große Arbeitgeber.“

Den klarsten Vorteil der 4-Tage-Woche genießen die Konture-Kollegen nichtsdestotrotz: mehr Freizeit. „Ich bin sehr zufrieden damit!“, erklärt Stahl. Bei seiner Bewerbung habe er davon noch nichts gewusst, sei er dann aber schnell davon überzeugt gewesen. „An dem freien Tag mache ich oft Erledigungen“, erzählt er. Und: Das längere Wochenende erlaubt dem aus der Nähe von Stuttgart stammenden Tischler auch regelmäßige Heimatbesuche. „Ich setze mich dann am Donnerstagabend direkt in den Zug“.

Die Tischlermeister (v.l.) Frieder Stahl und Julian Kertscher schneiden in der Werkstatt des Konture Studio eine Arbeitsplatte zu. Der Betrieb in Düsseldorf-Bilk vereint Tischlerei und Innenarchitektur-Büro unter einem Dach. Die meisten Mitarbeiter arbeiten in einer Vier-Tage-Woche.
Die Tischlermeister (v.l.) Frieder Stahl und Julian Kertscher schneiden in der Werkstatt des Konture Studio eine Arbeitsplatte zu. Der Betrieb in Düsseldorf-Bilk vereint Tischlerei und Innenarchitektur-Büro unter einem Dach. Die meisten Mitarbeiter arbeiten in einer Vier-Tage-Woche. © NRZ Düsseldorf | Sebastian Besau

So reicht auch ein Wochenende, um mal Familie und Freunde zu besuchen. „Und wenn ich mal nicht unterwegs bin: Ein dreitägiges Wochenende geht auch schnell rum“, sagt Stahl mit einem Lächeln. Denn als Handwerk ist auch das Tischlern körperlich ganz schön anstrengend – die zusätzliche Erholung könne man gut gebrauchen, erklärt er.

Düsseldorfer Gründer: 4-Tage-Idee kam 2023

Wer dennoch fünf Tage arbeiten will, kann das im Bilker Innenarchitektur-Studio frei entscheiden – wie Julian Kertscher. Der Handwerker mit Architekturabschluss erklärt, warum: „Ich bin viel in der Planung involviert.“ Das Praktische und Planerische unter einen Hut zu kriegen, gehe einfach besser mit längerer Arbeitszeit. „Grundsätzlich finde ich das Vier-Tage-Modell gut, ich bin total dafür“, sagt Kertscher. In den Genuss einer flexiblen Arbeitseinteilung kommt er aber auch: So arbeitet er jeden Tag eine Stunde länger und kann dafür am Freitag früh Feierabend machen.

Die Idee, eine Vier-Tage-Woche anzubieten, hatten die beiden Konture-Gründer 2023. „Das kam ein bisschen über die Medien. Und wir fanden die Idee selbst super“, sagt Schneider. „Und sie kam bei allen verdammt gut an!“ Bis auf Kertscher und eine Auszubildende, die aufgrund von Ausbildungs-Vorgaben eine gewisse Stundenzahl braucht, haben sich alle Mitarbeiter für das Modell entschieden. Ob die beiden Inhaber auch ein langes Wochenende genießen können, hängt sehr von der anfallenden Arbeit ab, berichtet Schneider: „Wir beide handhaben das flexibel.“

Kein Problem mit dem Fachkräftemangel

Wer das Studio besucht, bekommt schnell den Eindruck eines – nicht nur personell – sehr jungen Unternehmens, in dem wenig in Stein gemeißelt ist. Auch über viel Mitbestimmung bei den Arbeitsprozessen freut sich Frieder Stahl: „Man hat hier auch als ‚einfacher‘ Mitarbeiter einen hohen Stellenwert.“ Und sein Kollege Julian Kertscher pflichtet dem Lob bei.

Die Flexibilität trifft wohl den Nerv vieler junger Arbeitnehmer: Vom häufig beklagten Fachkräftemangel bemerke man bei Kontur wenig, berichtet Geschäftsführer Schneider. Probleme, neue Mitarbeiter zu finden, gebe es keine. Auch die professionell designte Webseite und der Social-Media-Auftritt des Unternehmens spielen dabei sicher eine Rolle, meint er. „Und das Handwerk ist wieder sehr beliebt.“ Leider gebe es gerade bei vielen älteren Betrieben noch die Tendenz, lieber nicht von den althergebrachten Arbeitsweisen abzuweichen – auch, wenn sie vielleicht nicht mehr zeitgemäß sind.

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