Düsseldorf. Flaschenpost kündigte am Dienstag überraschend die Schließung ihres Standortes in Düsseldorf an. Was ein Mitglied des Betriebsrats nun dazu sagt.

  • Flaschenpost hat die Schließung ihres Düsseldorfer Standortes angekündigt
  • Mehr als 200 Beschäftigte sind davon betroffen
  • Eine Gewerkschaft will nun für den Erhalt des Lagers kämpfen

Eine E-Mail am Dienstag (29. Oktober) reichte, dann wussten die Beschäftigten von Flaschenpost in Düsseldorf Bescheid: Das Lager im Hafen soll geschlossen werden. Das kündigte der Getränke- und Lebensmittellieferant überraschend an. Dabei setzten sich erst vor einer Woche noch der Düsseldorfer Stadtverband des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) und Düsseldorfer Vertreter der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) für Tarifverträge von Beschäftigten bei Flaschenpost ein.

Am Dienstag folgte jedoch die überraschende Wende. Laut einer Sprecherin von Flaschenpost soll der Betrieb im Industriegebiet auf der Lausward bereits zeitnah eingestellt werden. „Der genaue Zeitpunkt steht noch nicht fest, und die finale Entscheidung wird getroffen, sobald der Sozialplan steht“, hieß es in einer Mitteilung.

Flaschenpost-Schließung in Düsseldorf: Mehr als 200 Arbeitsplätze betroffen

Für ein Mitglied des Betriebsrats vom Düsseldorfer Standort, das lieber anonym bleiben will, kam die Ankündigung des Unternehmens „natürlich sehr überraschend. Der Schock sitzt tief“, wie es im Gespräch mit dieser Redaktion erzählt. Der Geschäftsführung wirft der Flaschenpost-Mitarbeiter jedenfalls schlechten Stil vor: „Es ist schon traurig, dass alle Beschäftigten von der Schließung per Mail erfahren haben. Zeitgleich mit der Presse um 10 Uhr im Übrigen. Und es ist bezeichnend, dass unser Geschäftsführer am Tag der Ankündigung gar nicht da war und am Mittwoch nur eine Stunde im Büro war, ohne mit uns zu sprechen.“

Und anders als von Flaschenpost angegeben, seien weitaus mehr als 200 Beschäftigte von der Standortschließung in Düsseldorf betroffen. „In der Belegschaft gibt es knapp 300 Beschäftigte, dessen Existenzen nun auf dem Spiel stehen“, gibt das Betriebsratmitglied an.

Am Dienstag teilte die Unternehmenssprecherin noch mit, dass „voraussichtlich rund 200 der bundesweit 20.000 Arbeitsplätze“ wegfallen. Das geplante Aus soll für die Beschäftigten in Düsseldorf dennoch „so sozialverträglich wie möglich gestaltet werden“, heißt es in einer Mitteilung.

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Betriebsrat: Begründung der Geschäftsführung ist „fadenscheinig“

Laut Flaschenpost habe eine Analyse ergeben, dass das Düsseldorfer Lager im Hafengebiet sich „bedauerlicherweise aufgrund seiner schlechten Verkehrsanbindung und insgesamt ungünstigen Infrastruktur als Basis für die Bewirtschaftung eines Online-Supermarkts und der Lieferung innerhalb von 120 Minuten als nicht mehr zukunftsfähig herausgestellt“ habe, so die Unternehmenssprecherin weiter. Deswegen soll das Lager im Hafen aufgegeben werden.

Zwar seien „verschiedene Maßnahmen“ eingeleitet worden, „die teilweise mit erheblichen Investitionen einhergingen“, die Maßnahmen zeigten aus Sicht von Flaschenpost jedoch nicht die „beabsichtigte Wirkung“, sodass die Zentrale im Hafen in Zukunft geschlossen werden soll.

Neben der Düsseldorfer Flaschenpost-Zentrale befindet sich auch ein großes Lager von Amazon.
Neben der Düsseldorfer Flaschenpost-Zentrale befindet sich auch ein großes Lager von Amazon. © NRZ Düsseldorf | Christopher Damm

Die Begründung für das Standort-Aus hält der Arbeitnehmervertreter unterdessen für „fadenscheinig. Denn bei Amazon, die ihr Lager direkt nebenan haben, gibt es auch keine Probleme mit der Anbindung.“ Von den genannten Investitionen habe man vor Ort „als Beschäftigter nichts gemerkt“. Zudem habe der damalige Finanzvorstand von Flaschenpost im Jahr 2018, kurz nachdem das Lager auf der Lausward bezogen wurde, ein Interview gegeben und „erzählt, wie toll doch der neue Standort im Düsseldorfer Hafen auch wegen seiner Anbindung ist. Das ist doch alles ein absoluter Widerspruch“, schimpft das Betriebsratsmitglied.

Mietvertrag im Hafen läuft laut NGG noch bis März 2028

Viel eher vermutet der Interessenvertreter der Düsseldorfer Flaschenpost-Belegschaft ein abgekartetes Spiel hinter der drohenden Standortschließung: „Die Aufträge wurden zuletzt drastisch zurückgefahren, viele Aufträge wurden an die Lager in Langenfeld und Duisburg verlagert. Zudem gibt es hier seit einem halben Jahr ein Einstellungsstopp.“ Deswegen fordert die NGG nun einen Einblick in die Finanzen: „Es darf keine Fakten- und keine Zahlentrickserei geben.“

Die Begründung für die Schließung hält auch die NGG für vorgeschoben. „Denn die Parkplatzkapazität für die Flaschenpost-Wagen-Flotte dürfte der Geschäftsführung bei der Standortentscheidung ebenso bekannt gewesen sein, wie die geografische Lage des Firmenkomplexes und dessen Infrastrukturanbindung“, meint die Gewerkschaft. Und weil der Mietvertrag für das Flaschenpost-Lager im Düsseldorfer Hafen laut NGG noch bis März 2028 läuft, sei die geplante Schließung auch vor diesem Hintergrund „nicht nachvollziehbar.“

Nach Angaben der Flaschenpost-Sprecherin sind weitere Standortschließungen unterdessen nicht geplant. Zayde Torun, Geschäftsführerin der NGG in der Region Düsseldorf-Wuppertal, möchte daher auch nicht so recht an einen Zufall glauben: „Es ist schon komisch, dass der einzige Standort von Flaschenpost geschlossen wird, an dem sich ein Betriebsrat erfolgreich organisiert hat.“ Das Betriebsratsmitglied schlägt in die gleiche Kerbe: „Es ist schon bezeichnend und sagt viel aus, dass es ausgerechnet diesen Standort trifft. Man hat uns bereits früher Steine in den Weg gelegt und die Betriebsratswahlen torpediert“, erinnert sich der Interessenvertreter. Deswegen übt die NGG-Geschäftsführerin auch harsche Kritik an dem Getränke- und Lebensmittellieferanten: „Es ein ekelhaftes Verhalten, den Beschäftigten gegenüber. Nun stehen ihre Existenzen und ihre weiteren Lebensplanungen auf dem Spiel.“

NGG will gegen Standortschließung kämpfen

Für Düsseldorfer Kundinnen und Kunden soll sich unterdessen trotz des Lager-Aus nichts ändern, betont die Sprecherin: Kunden „können auch zukünftig das gewohnte Flaschenpost-Angebot und eine Lieferung innerhalb von 120 Minuten in Anspruch nehmen“. Denn in Langenfeld und Duisburg gibt es beispielsweise ein weiteres Flaschenpost-Lager, von dem aus Menschen aus Düsseldorf und der Region beliefert werden. Ob das 120-Minuten-Versprechen des Unternehmens von dort aus für Düsseldorfer Kunden gehalten werden kann, bezweifelt das Betriebsratmitglied „jedenfalls sehr.“

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Doch bis das Lager im Hafen endgültig dicht gemacht wird, wird noch einige Zeit vergehen, glaubt Torun. „So ein Verfahren kann teilweise sechs Monate dauern. Außerdem muss der Sozialplan für die Beschäftigten ausgearbeitet werden.“ Deswegen geht die Gewerkschafterin auch in den Kampfmodus über: „Natürlich müssen die Beschäftigten und wir als zuständige Gewerkschaft diesen Schock verdauen, aber wir werden weiter um jeden Arbeitsplatz kämpfen und schauen, ob und wie wir gegen die Standortschließung vorgehen können.“

Plan A sei der Erhalt des Düsseldorfer Flaschenpost-Lagers mit seinen Beschäftigten. „Und Plan B wird nicht angenehmer für die Flaschenpost-Geschäftsführung“, kündigt Zayde Torun an: „Sollte es notwendig werden, einen Interessenausgleich und Sozialplan zu machen, dann wird die NGG alles daransetzen, das Maximale für die von der Kündigung betroffenen Flaschenpost-Beschäftigten herauszuholen.“