Fahren Sie einen Saab, Chevrolet oder Cadillac? Dann verfolgen Sie die Ereignisse um den Herstellerkonzern General Motors sicher mit ähnlicher Sorge wie viele Autozulieferer.
Das kommt auf Autobesitzer zu:
Stuttgart. In Deutschland waren den Angaben des Autoklubs zufolge am 1. Januar knapp sechs Millionen Fahrzeuge der fünf GM-Marken zugelassen, die Fahrzeuge der bereits in die Insolvenz gegangenen schwedischen Marke Saab nicht mitgerechnet. Alleine 5.551.614 davon sind Opel-Autos. Auf Chevrolet entfielen 176.683 Fahrzeuge; Cadillac, Sportwagen des Typs Corvette und der spritschluckende Groß-Geländewagen Hummer kamen auf zusammen 37.428 Exemplare.
Auch bei einer Insolvenz von GM bleibe für eventuelle Garantieansprüche der Händler verantwortlich, sagt ACE-Verbraucheranwalt Volker Lempp. Mit ihm sei der Kaufvertrag geschlossen, er sei für die gesetzliche Gewährleistungspflicht von zwei Jahren zuständig. An diesem Anspruch ändere sich auch bei einer Hersteller-Insolvenz nichts. Schwierig werde es allenfalls, wenn der Händler keine GM-Bauteile mehr bekäme oder selbst schließen müsste.
Probleme könnten mit der Herstellergarantie auftreten. Sollte sich kein Investor finden und GM aufhören zu existieren, würde auch die auf freiwilliger Grundlage oft für mehrere Jahre gewährte Herstellergarantie wegfallen, erklärt der Anwalt. Allerdings scheine eine solche Entwicklung eher unwahrscheinlich.
Wenn GM auch bei einer Insolvenz weiter produziert, gäbe es auch mit der Ersatzteilversorgung keine Schwierigkeiten. Lempp wiest darauf hin, dass die Händler eine Ersatzteilbeschaffungspflicht haben, also sehen müssen, wo sie die Teile herkriegen. Diese sei zwar nirgendwo geregelt, lasse sich aber in die Kaufverträge hineininterpretieren. Doch selbst, wenn GM seine Tätigkeit komplett einstellen würde, wäre es möglich, dass die Lizenzen für Ersatzteile an andere Firmen verkauft würden.
Das kommt auf die Autoindustrie zu:
Sollte General Motors in den kommenden Tagen Insolvenz anmelden, dürften sich die Folgen auf die weltweite Automobilindustrie in Grenzen halten. „GM ist schon so schwach, dass das angesichts der schwachen Märkte keine großen Auswirkungen haben wird“, ist Wolfgang Meinig, Leiter der Forschungsstelle Automobilwirtschaft in Bamberg, überzeugt. Wie er gehen Experten davon aus, dass GM weiter produzieren wird - wenn auch auf Sparflamme. Ganz ausfallen wird der frühere Weltmarktführer als Abnehmer der Zulieferindustrie nicht - anders als Chrysler, bei dem die Produktionsbänder stillstehen.
Die Ratingagentur Fitch erwartet, dass asiatische Autobauer aufgrund ihres höheren Marktanteils in den USA stärker vom Niedergang der beiden US-Rivalen profitieren werden als ihre europäische Konkurrenz. Toyota, Nissan & Co konkurrieren mit ihren Kleinwagen und Mittelklasse-Modellen eher mit den amerikanischen Massenherstellern als die deutschen Produzenten von Premiumautos der Marken Daimler, BMW und Audi. Volkswagen kann sich wegen seiner breiten Modellpalette dagegen eher Hoffnungen auf höhere Marktanteile machen.
Das droht Zulieferbetrieben:
Auf Rückschlage muss sich dagegen die ohnehin in der Krise steckende Zulieferbranche gefasst machen. „Die amerikanischen und kanadischen Zulieferer werden einige Forderungen in den Wind schreiben müssen“, erwartet Wissenschaftler Meinig. Auch Lieferanten in Europa würden davon betroffen, Schockwellen seien aber nicht zu befürchten.
Die Zulieferfirmen stehen ohnehin schon seit Monaten mit dem Rücken zur Wand und kämpfen mit den Absatzeinbrüchen ihrer Abnehmer. Viele haben ihre Produktion drastisch zurückgefahren, bauen Personal ab, oder schicken Mitarbeiter wie in Deutschland zu Tausenden in Kurzarbeit. Kaum ein größerer Lieferant hängt noch von einem Großkunden ab. Die meisten liefern ihre Teile weltweit an viele Abnehmer. Für den Automobilzulieferer Continental etwa zählt GM zu den großen Kunden. Das Unternehmen aus Hannover beobachtet die Entwicklung in den USA daher genau und hält engen Kontakt.
Auch beim Konkurrenten ZF Friedrichshafen betrachtet man die Entwicklung „mit gewisser Besorgnis“. Allerdings gelten die Folgen einer Zahlungsunfähigkeit von GM bei beiden Unternehmen als beherrschbar. „Es gibt ein, zwei Kunden, da würde uns das härter treffen“, sagte ein ZF-Sprecher. Kleinere Lieferanten könnten dagegen in den Strudel gezogen werden.