Kennen Sie das Esel-Möhre-Prinzip? Bestimmt, denn viele arbeiten danach. Dieses Prinzip ist ganz simpel: Anstrengung heute, Belohnung morgen. So...

Kennen Sie das Esel-Möhre-Prinzip? Bestimmt, denn viele arbeiten danach. Dieses Prinzip ist ganz simpel: Anstrengung heute, Belohnung morgen. So lassen sich viele durch das Versprechen auf Beförderung oder mehr Gehalt dazu verführen, sich heute besonders anstrengen, um morgen die Belohnung zu kassieren. Das erinnert stark an den Esel, der ständig einer vorgehaltenen Karotte hinterher trabt, sie aber nie fassen kann. Anders gesagt: Die Hoffnung auf den nächsten Karriereschritt oder zumindest eine Gehaltserhöhung führt zum Teil zu jahrelangen Selbstausbeutungen.

Nur, damit wir uns richtig verstehen: Ich empfinde es als völlig normal, bei besonderen Herausforderungen im Job noch eine Schippe draufzulegen. Wer seine Aufgabe liebt, sich für sein Projekt verantwortlich fühlt und mit der Firma oder seinem Team identifiziert, geht gern noch die Extrameile.

Perfide wird es allerdings, wenn die Extrameile zum Ultra-Marathon wird. Auf den Schultern der anerkannten Leistungsträger werden nämlich immer mehr Aufgaben und Projekte abgeladen, weil die ja schon bewiesen haben, dass sie es können. Für Vorgesetzte ist diese Lösung herrlich bequem. Dabei locken sie dann bestenfalls mit Dopingmitteln wie Prämien und vagen Beförderungsversprechen. In der momentanen Rezession reicht allerdings oft auch schon die Hoffnung auf Jobsicherheit, um die letzten Leistungsreserven zu mobilisieren.

Die Werbebranche ist für dieses Prinzip seit langem berüchtigt. Hier trifft es meistens die Nachwuchskräfte, die sich beweisen müssen. In einer Art kreativem Darwinismus werden Leute verheizt und auf Zynismus getrimmt.

Kurzarbeit hin, Krise her - der Fachkräftemangel wird die Firmen langfristig nicht aus seinen Klauen lassen. Wer also diese wertvolle Ressource nicht schonend einsetzt, hat bald keine kreative Energie mehr. Denn ständig die Leistungsreserve auszureizen, überfordert auf Dauer auch den besten Motor. Wertvolle Mitarbeiter sind erschöpft, haben kaum noch Zeit, sich ihrer Familie zu widmen und werden so auch privat und gesundheitlich ausgelaugt. Das oft zitierte Burn-out-Syndrom wird so zur Realität.

Ein Teufelskreis: Gerade diejenigen, die gut arbeiten, bekommen immer mehr Arbeit, weil sie gut arbeiten und können die viele Arbeit irgendwann nicht mehr gut leisten, weil nicht mehr gut arbeiten können. Mit Gehaltsplus und Beförderung wird dieses Dilemma nicht gelöst. Hier kommt es auf den durchdachten langfristigen Einsatz der personellen Ressourcen an. Und genau das zeichnet wirklich gute Chefs und Arbeitgeber aus.