Die Philosophin Hannah Arendt hat einmal angemerkt, dass das Charakteristikum der Moderne der Verlust des gesunden Menschenverstandes sei. Da ist...

Die Philosophin Hannah Arendt hat einmal angemerkt, dass das Charakteristikum der Moderne der Verlust des gesunden Menschenverstandes sei. Da ist etwas dran. Anders ist es jedenfalls nicht zu erklären, warum Jobaspiranten Bewerbungsflyer drucken, deren implizite Botschaft an potenzielle Arbeitgeber lautet, dass man keine Lust habe, eine individuelle Mappe zusammenzustellen.

Wenig Selbstdenkertum verraten auch Bewerbungsmappen, die an einen Flügelaltar erinnern. Wenn man als Personaler fünf solcher Unterlagen miteinander vergleichen möchte, braucht man als Schreibtisch eine Tischtennisplatte. Und welchen Informationswert hat die Aufschrift "Bewerbung"? Wenn unter 200 Unterlagen die Bewerbung von Frau Dingenskirchen gesucht wird, sind alle erst einmal gut beschäftigt.

"Gut gemeint ist ein anderes Wort für schlecht", befand Kulturkritiker Karl Kraus. Das gilt auch für Deckblätter von Bewerbungsmappen. Wer über Empathie verfügt - also mit dem Kopf des Adressaten denken kann - kommt von selbst darauf, dass sie nicht nur überflüssig, sondern lästig sind. Auf dieser Seite steht nichts, was für die Entscheidung brauchbar sein könnte. Und deshalb blättert man als Personalbeschaffer sofort weiter.

Als Bewerber kann man den Auswahlprozess auch durch ein Inhaltsverzeichnis erschweren, in dem vorab angedroht wird, was sich zwischen den Deckeln der Mappe befindet. Zeitdiebe, stellt der Personaler bekümmert fest, sind doch eine rechte Plage. Da das Ziel all dieser Maßnahmen darin besteht, sich von den Konkurrenten abzuheben ("Ich will auffallen!"), haben wir heute den "geklonten" Bewerber - gut 90 Prozent aller Mappen sehen gleich aus. Widerstehen Sie doch den Einflüsterungen der "Bewerbungsberater", die selbst keinen Job gefunden haben und nun anderen erklären, wie es geht.

Verzichten Sie auf jeglichen Bürokratismus - davon haben wir schon genug - und beantworten Sie in Ihrer Bewerbung diese drei Fragen: Wer bist du? Was kannst du? Was willst du? Wenn Ihre Antworten wahrhaftig sind und zum Job passen, machen Sie das Rennen. So einfach ist das - und gerade deshalb oft recht schwer.


Claus Peter Müller-Thurau ist Coach für Führungskräfte, Bewerbungtrainer und Autor in Hamburg.