Umweltschutz und sparsame Antriebe spielten lange keine Rolle. Jetzt ist „Green Shipping“ ist eines der Hauptthemen auf der SMM.

Hamburg. Die Reeder stehen weltweit unter mehrfachem Druck. Gegenwärtig sind Überkapazitäten auf dem Markt und niedrige Fracht- und Charterraten ihr größtes Problem. Doch auch wenn der Markt wieder ins Gleichgewicht kommt, bleiben erhebliche Herausforderungen.

Zum einen sind die Preise für den Treibstoff der Schiffe massiv gestiegen. Was dem Autofahrer an der Tankstelle wehtut, schmerzt die Reeder noch viel mehr. Denn der Preisanstieg ist viel ausgeprägter. Für eine Tonne Schiffsbunker zahlten die Reeder vor acht Jahren noch 150 Dollar, heute sind es 660 Dollar. Jeden Tag verbraucht ein Containerschiff bis zu 140 Tonnen Schiffsdiesel.

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Damit sind die Preise für den Brennstoff für Linienreeder ein wesentlicher Faktor der Kosten eines Schiffes geworden. Das war früher nicht so. Das Schweröl, das in den Schiffsmotoren verbrannt wird, war billiger als das Rohöl, aus dem es gemacht wird. Unter dem Druck der steigenden Preise haben die Reeder bereits die Geschwindigkeit ihrer Schiffe reduziert und damit den Kraftstoffverbrauch halbiert.

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Nicht nur die Wirtschaftlichkeit, sondern auch der Umweltschutz liefert Argumente für Sparsamkeit. „Schweröl fällt bei den Raffinerien als Rückstand bei der Erdölverarbeitung an und ist voller Verunreinigungen, Sand und Asche“, sagt Christian Bussau, Schifffahrts-Experte von Greenpeace. „Beim Verbrennen werden neben Kohlendioxid auch Stickoxide, Schwefeldioxid und Feinstaub ausgestoßen. Schiffe sind im Prinzip schwimmende Müllverbrennungsanlagen.“ Ein sehr großes Containerschiff stößt pro Jahr ähnlich viel CO2 aus wie ein Kohlekraftwerk.

Andererseits trägt die Schifffahrt global gesehen nur einen kleinen Anteil zu den Treibhaus-Emissionen bei, maximal fünf Prozent. Die Reeder rechnen gern vor, dass Schiffe die umweltfreundlichsten und effizientesten Transportmittel überhaupt sind. Weil sie große Mengen Güter über weite Entfernungen transportieren, ist der Ausstoß von Schadstoffen gemessen in Tonnenkilometern sehr gering – ein Drittel so viel wie beim Lkw und nur ein winziger Bruchteil von drei Prozent verglichen mit dem Transport per Flugzeug.

Künftig werden die Schadstoffe aus dem Schiffsverkehr weiter zurückgehen. Strengere Umweltauflagen für Nord- und Ostsee und weitere wichtige Fahrtgebiete auf der Welt wie der US-Ostküste sind ab 2015 bereits beschlossen. Ab 2020 oder 2025 werden weltweit solche Regeln gelten; die Details sind noch nicht ganz klar. Die Richtung aber schon. „Die Anforderungen an den Umweltschutz steigen auch hier“, sagt der Hamburger Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos). „Das ist aus meiner Sicht eine ungemeine Chance.“

So stehen auf der Hamburger Schiffbaumesse SMM Lösungen für sparsame und saubere Schiffe im Mittelpunkt des Interesses. Das Angebot ist unübersehbar, es reicht von besonders schlüpfrigen Farben für den Unterwasser-Anstrich über neu konstruierte spritsparende Schiffsschrauben bis zu Solarmodulen. Manches ist noch Zukunftsmusik, anderes schon verkauft.

So hat die Reederei APL zehn sehr große Containerschiffe bei der koreanischen Hyundai-Werft bestellt, deren Rumpfdesign 20 Prozent Treibstoff je Container einsparen soll. „Das Potenzial für niedrigere Treibstoffkosten durch optimiertes Rumpfdesign ist von der Industrie schon lange erkannt“, sagt Tor Svenson von dem technischen Dienstleister Det Norske Veritas (DNV), der an der Entwicklung beteiligt war. „Nun werden aus Ideen durch innovative Konzepte aktuelle Schiffe.“

Ein großes Thema ist auch die Verwendung von flüssigem Gas LNG (Liquefied Natural Gas) als Schiffstreibstoff. LNG gilt ohnehin als einer der Energieträger der Zukunft. „Wir sehen keine Grenzen bei der Verwendung von Verbrennungstechnologien mit LNG, weder an Land noch auf See“, sagt Alexandre Eykermann von dem finnischen Motorenhersteller Wärtsila. „Die Vorteile treten immer deutlicher hervor.“ Die Schweröl-Abgase lassen sich aufwendig reinigen, aber das dürfte eher eine Übergangslösung sein.

Schon heute lassen sich gebrauchte Schiffe auf LNG- oder Hybridantrieb umrüsten. Probleme bereiten dagegen noch die Lieferkette, die Infrastruktur und die Verfügbarkeit von LNG sowie die Tanks an Bord, die sich schlecht nachrüsten lassen. Die Hamburger Firma Marine Service hat hier mit einem mobilen Tank in Form eines 40-Fuß-Containers eine Lösung entwickelt. Bis die Welt-Handelsflotte mit Flüssiggas statt Schweröl angetrieben wird, gehen jedoch noch etliche Jahre ins Land.