Ein Drittel der weltweiten Containerschiffsflotte wird aus Deutschland dirigiert. Doch Anleger und Banken sind mittlerweile vorsichtig geworden.

Hamburg. Für wohlhabende Anleger war ein Investment in Schiffe über viele Jahre ein blendendes Geschäft. Sie beteiligten sich an einem geschlossenen Schiffsfonds, wurden damit Miteigner eines Containerschiffs oder eines Tankers und konnten sich in den Boomjahren der Branche über zuverlässige zweistellige Renditen freuen. Zwar hat der Fiskus vor einigen Jahren Steuervorteile für die Branche gestrichen, aber dank der Tonnagesteuer ließ sich mit einem Schiff immer noch gutes Geld verdienen. Diese Zeiten sind vorbei.

Seit dem Beginn der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008 ist die Schifffahrt kein risikoloses Geschäft mehr . Sinkende Fracht- und Charterraten, schwankende Frachtmengen und heftige Ausschläge bei Preisen und Auslastung fordern den Reedern ihr ganzes kaufmännisches Können ab. „Jetzt trennt sich die Spreu vom Weizen“, sagt ein Insider der Branche. Manche Schiffe sind falsch kalkuliert, zu teuer gekauft, zu optimistisch gerechnet bei den Einnahmen oder den Betriebskosten oder zu hoch belastet mit „weichen“ Kosten für Werbung und Vertrieb. Ihnen droht zuerst die Pleite.

+++ Deutsche Reeder ziehen in Hamburg Jahresbilanz +++

Rund 50 Schiffsfonds sind nach Angaben der Bremer Anwaltskanzlei KWAG insolvent; etliche andere sehr wackelig und von Notverkäufen bedroht. „Weitere Pleiten werden folgen, das Ende der Misere ist noch nicht erreicht“, sagt Anwalt Jan-Henning Ahrens. Mehrere tausend Anleger verlieren in der Regel zwischen 30 und 70 Prozent ihres eingesetzten Kapitals, in Einzelfällen vielleicht auch alles.

Die Schiffe fahren allenfalls ihre Betriebskosten herein und werden mit allerlei kreativen Überbrückungsfinanzierungen über Wasser gehalten. Doch die sind ausgeschöpft. Für Zins und Tilgung reicht es nicht, geschweige denn für Ausschüttungen an die Anteilseigner. Rettung kann nur vom Markt kommen, von steigenden Einnahmen durch höhere Fracht- und Charterraten. „Da müssen wir durch“, sagt Dirk Max Johns, Geschäftsführer des Verbandes Deutscher Reeder (VDR) in Hamburg.

Die Anleger meiden inzwischen Schiffsfonds wie der Seemann das Riff. Zwar flossen im vergangenen Jahr noch mehr als 500 Millionen Euro Eigenkapital in Schiffsfonds, doch dabei handelte es sich überwiegend um zwangsweise Nachschüsse der Eigner. In den guten Jahren vor 2008 sammelten die Fondsgesellschaften oft mehr als 2,5 Milliarden Euro Eigenkapital ein. Damit ließen sich dann Schiffe im Wert von sechs oder sieben Milliarden Euro finanzieren.

Doch es mangelt nicht nur an Anlegergeld, sondern für die Reeder ist auch der Zugang zu Fremdkapital schwieriger geworden, also zu Krediten. Die führenden Schiffsbanken wie die HSH Nordbank oder die Deutsche Schiffsbank haben eigene Probleme und sehen sich mit strengeren Anforderungen nach dem internationalen Regelwerk Basel III konfrontiert. Sie müssen ihre Risiken herunterfahren und mit mehr Kapital unterlegen. Die Reeder suchen nach alternativen Finanzierungsmöglichkeiten, angefangen bei Private-Equity-Modellen über die Ausgabe von Anleihen bis zu Möglichkeiten über die Börsen. Ein Königsweg zeichnet sich bislang nicht ab.

Die Reeder setzen ihre Hoffnungen auf die Zukunft. „Der Welthandel wächst nach wie vor und es werden in jedem Jahr mehr Schiffe gebraucht“, sagt Reeder-Sprecher Johns. Überkapazitäten, mit denen der Schifffahrtsmarkt seit einigen Jahren zu kämpfen hat, können sich in einem wachsenden Markt schnell wieder ausgleichen. Nach einer Studie der Beratungsgesellschaft KPMG verringert sich der Kapitalbedarf der Schifffahrt weltweit in diesem Jahr auf 55 Milliarden US-Dollar, das ist nur noch ein Drittel des Vorjahreswerts. Doch irgendwann geht es wieder aufwärts. „Und dann werden wir auch die privaten Anleger zurückgewinnen“, sagt Johns. (dpa/abendblatt.de)