Die teilverstaatlichte Bank hat am Mittwoch überraschend mitgeteilt, die Geschäfte mit Schiffen und Immobilienprojekten komplett aufzugeben.

Hamburg/Frankfurt. Die deutschen Reeder haben geschockt auf den Rückzug der Commerzbank aus der Schiffsfinanzierung reagiert. Die ohnehin durch Finanzierungsengpässe gebeutelte Branche richtete am Mittwoch scharfe Kritik an das Institut, das bislang einen großen Teil der Schiffsfinanzierungen stemmt.

„Dieser Schritt widerspricht allen bisherigen Verlautbarungen der Bank“, erklärte der Verband der Deutschen Reeder (VDR) in Hamburg. „Wir erwarten von der Commerzbank, die Maßnahmen zur Krisenbewältigung für die angeschlagene Schifffahrtsbranche weiterhin konstruktiv zu begleiten.“

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Der teilverstaatlichte Konzern hatte am Dienstagabend überraschend mitgeteilt, die Reste der Krisentochter Eurohypo sowie die Schiffsfinanzierung komplett abzubauen. Davon betroffen sind nach Angaben der Bank knapp 1400 Mitarbeiter. Analysten werten den noch drastischeren Konzernumbau bei der Commerzbank als Ausdruck großer Sorge. „Was dahinter steckt ist: Reißleine“, sagte Konrad Becker von der Privatbank Merck Finck am Mittwoch.

„Wir leben in einer Situation, in der sich das gesamtwirtschaftliche Umfeld verschlechtert. Das ist für einen Geschäftsbereich gewerbliche Immobilienfinanzierung/ Schiffsfinanzierung ein Problem“, erklärte Becker. Allerdings sei das auch schon vor drei Monaten absehbar gewesen, als das Management um Konzernchef Martin Blessing noch angekündigt hatte, diese Bereiche zu einem neuen Geschäftsfeld der Kernbank zu formen.

Blessing erklärte: „Wir haben uns die Entscheidung, diese Bereiche abzubauen, sicher nicht leicht gemacht. Eines war aber klar: Ein rasches Ende der Eurokrise ist nicht absehbar. Daher müssen wir die Risiken weiter konsequent reduzieren und uns auf das Geschäft konzentrieren, das nachhaltig profitabel ist.“

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Erst im vergangenen November hatte die Commerzbank die restlichen acht Prozent der Deutschen Schiffsbank übernommen. Das Institut mit Hauptsitz in Hamburg ist nach der HSH Nordbank die Nummer zwei unter Deutschlands Schiffsfinanzierern. Den Immobilienfinanzierer Eurohypo muss die Commerzbank nach EU-Auflagen ohnehin weitgehend abwickeln.

Alle Geschäftsbereiche werden überprüft

Die Commerzbank belässt es aber nicht bei dem am Dienstag beschlossenen Schritt: Die deutsche Nummer zwei kündigte an, sie unterziehe „vor dem Hintergrund der anhaltenden Finanz- und Staatsschuldenkrise, deren Ende nicht absehbar ist, und des unsicheren regulatorischen Umfelds ... alle Geschäftsbereiche einer gründlichen Überprüfung“. Davon betroffen ist auch der Vorstand, in dem die Zuständigkeiten neu sortiert werden sollen.

Die Bank stellte eine Aktualisierung ihrer bisherigen Einschätzung zum Geschäftsverlauf 2012 zur Vorlage der Halbjahreszahlen am 9. August in Aussicht. Bislang hieß es lediglich, das Kerngeschäft mit Privatkunden, Mittelstandsbank, Osteuropageschäft und Investmentbanking solle zumindest ein „solides“ operatives Ergebnis erzielen. Die Kernbank kam von Januar bis Ende März operativ auf 845 Millionen Euro – nach 1,2 Milliarden Euro ein Jahr zuvor.

Analysten der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) halten es für richtig, weitere Risiken abzubauen: „Mit dem Wertverfall der Staatsanleihen Italiens und Spaniens dürfte der nächste Schrecken auf die Commerzbank zukommen.“ Die Probleme blieben groß, befand Silvia Quandt Research: „Es ist zu früh für eine positive Beurteilung der Commerzbank.“ Es sei jedoch zu erwarten, dass der nun beschlossene verschärfte Konzernumbau mittelfristig zur Stabilisierung beitrage. (dpa/Reuters/abendblatt.de)