Die Messe in Frankreich zeigt: Die Gastgeber liegen in der Entwicklung zwar vor der Bundesrepublik, aber auch deutsche Firmen sind aktiv dabei.

Paris. Das Leihfahrrad hat sich in Paris längst durchgesetzt – an jeder Ecke gibt es inzwischen Verleihstationen für die grauen „Vélibs“. Wenn es nach dem Willen von Bürgermeister Bertrand Delanoë geht, soll dies in spätestens einem Jahr mit dem Elektroauto auch so sein.

Damit wäre Frankreich Vorreiter bei den stromgetriebenen Fahrzeugen, die auch den Pariser Autosalon beherrschen. Allein der französische Autobauer Renault präsentiert zusammen mit Nissan vier Modelle. Und Daimler ist mit der Elektroversion der A-Klasse vertreten.

Doch die deutsche Autobranche hinkt bei der Elektromobilität noch hinterher. Autoexperte Stefan Bratzel von der Fachhochschule Bergisch Gladbach rechnet damit, dass die deutschen Hersteller erst in zwei bis drei Jahren der breiten Masse Elektroautos anbieten. Eine Einschätzung, die der Daimler-Konzern teilt.

Doch Bratzel sieht im Vorsprung Frankreichs nicht nur Nachteile für Deutschland. Von den Problemen der anderen zu lernen, sei auch eine erfolgreiche Strategie. „Das Problem der Pioniere war, dass sie von den Indianern getötet wurden“, vergleicht er die französischen Vorreiter mit den ersten Einwanderern in Amerika. Noch sei der Rückstand gegenüber der französischen Autoindustrie aufholbar, da die Entwicklung nicht in den nächsten zwei oder drei Jahren entschieden werde. „Das Elektroauto ist ein Langfristthema für die nächsten zehn Jahre.“

Die französische Autoindustrie fährt derzeit mit Rückenwind: Im Frühjahr bestellte eine Gruppe von 20 staatlichen und privaten Unternehmen in Frankreich gleich 50.000 E-Autos. In Deutschland fehlen dagegen „wesentliche Impulse“ zur Einführung von Elektrofahrzeugen, bemängelte Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer im Sommer. Das Ziel der Bundesregierung, bis 2020 eine Million Elektroautos auf deutschen Straßen zu haben, sei so nicht zu erreichen.

Auch Autoexperte Bratzel teilt Dudenhöffers Ansicht, dass dieses Ziel ohne staatliche Unterstützung nicht möglich ist. In Frankreich werden Elektroautos mit einer Prämie von 5000 Euro pro Fahrzeug gefördert. Doch momentan würde eine Förderung in Deutschland in erster Linie an die ausländische Konkurrenz gehen, die in der Entwicklung schon weiter ist, gibt Bratzel zu bedenken.

Umweltschutzorganisationen sehen eine staatliche Förderung generell kritisch. „Subventionierung ist eine richtig böse und schlechte Verzerrung des Wettbewerbs“, sagt der Autoexperte von Greenpeace, Guenter Hubmann. Er fordert, das Geld lieber für die Bahn oder den öffentlichen Nahverkehr auszugeben. Das französische Argument, dass die Elektromobilität ein Beitrag zum Klimaschutz sei, kann Hubmann nicht nachvollziehen. „Das Elektroauto ist nicht im entferntesten ein Ansatz zur Lösung des Klimaproblems.“ Der CO2-Ausstoß komme dann nicht mehr vom Auto, sondern aus den Kraftwerken, kritisiert Greenpeace.

In Frankreich fällt die offizielle CO2-Bilanz der E-Autos besser aus, da dort 80 Prozent des Stroms aus Atomkraftwerken kommt. In Deutschland waren es im vergangenen Jahr knapp 23 Prozent. Französische Umweltschützer vom Antiatom-Netzwerk „Sortir du nucléaire“ weisen ihrerseits auf den radioaktiven Abfall hin, den die Atomkraftwerke produzieren. Das Elektroauto sei eine „falsche gute Lösung“, heißt es dort.

Dennoch treibt die französische Autoindustrie das Elektroauto weiter voran. Schon in den nächsten Tagen beginnt Peugeot mit dem Leasing seines Modells iOn in Frankreich für 499 Euro im Monat. In Deutschland soll der Kleinwagen zum Jahresende zu haben sein.