Führerlos durch Braunschweigs Univiertel: Völlig ohne Fahrer fuhr das Forschungsauto „Leonie“ eine geschichtsträchtige Tour von drei Kilometern.

Braunschweig. „Leonie“ ist unterwegs - und hat ihre Feuerprobe bestanden . Wie von Geisterhand gelenkt rollte das Forschungsauto am Freitag durch Braunschweigs Universitätsviertel. Die drei Kilometer lange Tour wird in die Geschichte eingehen. Erstmals hat ein vollautomatisch gesteuertes Fahrzeug eine Strecke im realen Straßenverkehr zurückgelegt.

Dass ausgerechnet der Stadtring für den Versuch herhalten musste, kommt nicht von ungefähr. Der umgebaute VW Passat sollte auf der dicht befahrenen zweispurigen Strecke seine Qualitäten beweisen. „Das ist etwas ganz anderes als auf den abgesperrten Versuchsgeländen, wo solche Tests bislang stattfanden“, erklärte Markus Maurer, der Leiter des Instituts für Reglungstechnik an der Technischen Universität (TU) Braunschweig. Die Hochschule und ihr Niedersächsisches Forschungszentrum Fahrzeugtechnik (NFF) haben das Projekt „Stadtpilot“ entwickelt, zu dem auch „Leonie“ gehört. Weitere Forschungseinrichtungen wie etwa das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt waren ebenfalls beteiligt.

Äußerlich fällt das Versuchsauto vor allem durch einen auf dem Dach montierten Laserscanner auf. Er sieht der Kamera des umstrittenen Internet-Portals Google Street View nicht unähnlich und übermittelt Daten über Abstand und Bewegungen anderer Fahrzeuge sowie möglicher Hindernisse in Echtzeit an die Bordelektronik. Dadurch kann Leonie ihr Tempo blitzschnell an die jeweilige Verkehrssituation anpassen.

Ganz ohne Führer gehe es aber noch längst nicht, erläuterte Projektleiter Jörn Marten Wille: „Wir können noch nicht mit den Ampeln kommunizieren. Ob sie gerade Rot oder Grün anzeigen, müssen wir noch per Knopfdruck eingeben.“ Abrupte Fahrspurwechsel seien ebenfalls Zukunftsmusik. Das gelte auch für knifflige Wendemanöver. Außerdem müsse der Fahrer jederzeit eingreifen können, falls „Leonie“ mit der Situation überfordert sei.

Vorläufig geht es den Wissenschaftlern ohnehin nicht darum, vollautomatisierte Autos schnell zur Serienreife zu bringen. „Die Tests sollen zeigen, welche Komponenten die Führer handelsüblicher Fahrzeugen hinsichtlich der Sicherheit in kritischen Situationen unterstützen können“, sagte Institutsleiter Maurer. Dieser Aspekt erhalte bei Neukonstruktionen einen immer höheren Stellenwert: „Bislang haben wir die Fahrzeuge aus Sicherheitsgründen immer massiver und damit schwerer gemacht. Künftig benötigen wir leichtere Modelle, um den Treibstoffverbrauch zu senken. Da muss die Sicherheit dann eben durch andere Technologien gewährleistet werden.“

Etwa 350 000 Euro hat die TU bislang aus Eigenmitteln in das Projekt „Stadtpilot“ investiert. Ein Ende der Entwicklung sei lange noch nicht abzusehen, betonen alle Beteiligten. Und an Fahrzeuge, die im Verkehr völlig auf menschliche Insassen verzichten können, glauben die Forscher eigentlich nicht. „Wenn es darum geht, in einer Verkehrssituation spontan und intuitiv richtig zu entscheiden, bleiben wir Menschen vermutlich unübertroffen“, ist Professor Maurer überzeugt.