Zwei Gläubiger aus dem Münsterland haben Einspruch gegen den Insolvenzplan eingelegt. Investor Berggruen könnte nun vom Kauf zurücktreten.
Essen. Neue Turbulenzen um Karstadt: Nur zwei von insgesamt rund 40.000 Karstadt-Gläubigern haben Widerspruch gegen den Insolvenzplan eingelegt. Doch die Folgen könnten dramatisch werden. Plötzlich ist die für Freitag dieser Woche geplante Übergabe der Warenhauskette mit 120 Filialen und 25.000 Beschäftigten an den neuen Investor wieder in in Gefahr. Falls der auf den 30. September datierte Kaufvertrag nicht in Kraft treten kann, könnte Nicolas Berggruen sogar ganz auf die Karstadt-Übernahme verzichten. Insolvenzverwalter Klaus Hubert Görg muss schnell handeln.
Mit den Gläubigern werde nun versucht, über eine Rücknahme ihrer Widersprüche zu verhandeln, sagte Görg-Sprecher Thomas Schulz am Montag. Eine schnelle Einigung sei bislang nicht in Sicht. Allerdings hat Karstadt-Insolvenzverwalter Görg den Beschwerden gegen den Insolvenzplan der Warenhauskette „keinerlei Aussicht auf Erfolg“ bescheinigt. Leider könne aber niemand den beiden Gläubigern das juristische Vorgehen untersagen. In dem am Dienstag verbreiteten Schreiben an die rund 25 000 Karstadt- Mitarbeiter warf der Insolvenzverwalter den beiden Beschwerdeführern „grob eigennützige Ziele“ vor.
Für die Aufregung gesorgt hatte ausgerechnet ein münsterländischer Großhändler von Geschenkartikeln, der bislang eher mit bunt bemalten Clowns und Engeln auf sich aufmerksam gemacht hatte. Die Firma Gilde hat beim Essener Amtsgericht Widerspruch gegen den Karstadt-Insolvenzplan eingelegt. „Unser Ziel ist es, die Wahrheit ans Licht zu bringen und für ein kleines bisschen mehr soziale Gerechtigkeit kämpfen zu wollen“, hieß am Montag dazu in einer Mitteilung des Unternehmens. Im Visier habe man etwa die millionenschwere Vergütung des Insolvenzverwalters. Gilde sehe die Übernahme durch Berggruen nicht gefährdet.
Nach Darstellung des Insolvenzverwalters geht es um Forderungen des Karstadt-Lieferanten von rund 16.000 Euro und einer Gilde-Tochter von rund 55.000 Euro, die die Münsterländer zu 100 Prozent nebst Zinsen erfüllt sehen möchten. Das mittelständische Unternehmen verwies dagegen auf noch offene Forderungen von lediglich 6000 Euro. Zusätzlich gehe es um ein persönliches Zusammentreffen mit Karstadt- Investor Berggruen. „Wir sind gesprächsbereit“, sagte Gilde-Prokurist Wilhelm Seggewiß.
Eine zweite Beschwerde wurde von den Investoren von Dawnay Day eingelegt. Vor fünf Jahren hatten die Briten die 74 kleine Karstadt-Häuser mitsamt der dazugehörigen Immobilien übernommen. Die später unter dem Namen Hertie firmierende Warenhauskette ging in die Insolvenz und wurde zerschlagen. Aus der Abwicklung des Geschäfts machen die damaligen Käufer nun noch Forderungen in sechsstelliger Höhe geltend.
Derartigen Sonderforderungen einzelner Gläubiger erteilte Görg- Sprecher Schulz eine klare Absage. „Ein Verwalter hat da keinen rechtlichen Spielraum“, sagte er. Insgesamt stehen bei dem umfangreichen Insolvenzverfahren Forderungen von rund zwei Milliarden Euro im Raum.
Der nun zur Diskussion stehenden Insolvenzplan sieht für die Münsterländer – ebenso wie für alle anderen Gläubiger – nur die Auszahlung von zunächst drei Prozent ihrer Forderungen vor. Auf zusätzliche Zahlungen können die Gläubiger nur noch durch einen sogenannten Besserungsschein hoffen – falls es überhaupt noch etwas zum Verteilen gibt. Die Gläubiger hatten bereits im Frühjahr grünes Licht für den Insolvenzplan gegeben.
Mit ihren Einsprüchen könnten die beiden Gläubiger nun die zum 1. Oktober geplante Aufhebung des Insolvenzverfahrens auf unbestimmte Zeit blockieren. Auch bei einer Ablehnung der Widersprüche durch das Essener Amtsgericht in der ersten Instanz, könnten die beiden Gläubiger das Verfahren durch weitere Instanzen durchfechten. Damit würde wertvolle Zeit verloren gehen.
Nachdem der deutsch-amerikanische Investor Nicolas Berggruen erst nach zähen Verhandlungen Anfang September grünes Licht für die Karstadt-Übernahme bekommen hatte, drängt nun die Zeit. Der von Görg eingesetzte Karstadt-Chef Thomas Fox, der die Warenhauskette auch nach einer Übernahme durch Berggruen leiten soll, hatte erst in der vergangenen Woche umfangreiche Modernisierungen angekündigt, die nun ins Stocken geraten könnten. Zunächst 20 der 120 Filialen sollen Anfang kommenden Jahres umgebaut werden . Auch im bevorstehenden Weihnachtsgeschäfts sollte der neue Kurs schon erste Ergebnisse zeigen. „Da möchte kein Investor drauf verzichten, dem Weihnachtsgeschäft seinen Stempel aufzudrücken“, sagt ein Beobachter.