Der Aufsichtsrat entscheidet heute über den Rücktritt. BP hat den Kampf gegen die Ölkatastrophe nach dem Sturm wieder aufgenommen

London. Die Tage von Tony Hayward, dem Vorstandsvorsitzenden des britischen Ölkonzerns BP, sind gezählt. Schlechtes Krisenmanagement bei der Bekämpfung der katastrophalen Ölpest im Golf von Mexiko und verbale Ausrutscher führen voraussichtlich schon in Kürze zum Rücktritt von Tony Hayward. Der 53-Jährige habe mit dem Ölkonzern bereits die Bedingungen für seinen Weggang ausgehandelt, berichtete gestern der Sender BBC. Eine offizielle Erklärung zu Haywards Rücktritt solle es innerhalb von 24 Stunden geben.

Bob Dudley als Nachfolger bereits im Gespräch

Als sein Nachfolger wird bereits der US-Amerikaner Bob Dudley gehandelt. Der 54-Jährige hatte von Hayward vor einiger Zeit bereits die operative Leitung bei der Eindämmung der Ölpest übernommen. Unterdessen wurden gestern am Ort der havarierten Plattform ,Deepwater Horizon' im Golf von Mexiko nach dem Durchzug eines Sturmtiefs langsam wieder die Arbeiten aufgenommen. Schiffe und Arbeiter kehrten zurück.

BP wollte die Personalspekulationen gestern weder bestätigen noch dementieren. "Hayward hat weiterhin das Vertrauen des Aufsichtsrats", sagte Konzernsprecher Toby Odone. Das BP-Direktorium wird nach Informationen von Reuters bereits heute über den Zeitpunkt des Ausscheidens von Hayward beraten. Morgen legt der Konzern die Geschäftszahlen für das erste Halbjahr vor. Analysten erwarten, dass BP trotz der Ölpest in dieser Zeitspanne zehn Milliarden Dollar (7,7 Milliarden Euro) Gewinn gemacht hat.

Der 53-jährige Vorstandschef Hayward, der seine Karriere bei BP vor 28 Jahren begonnen hatte, war vor allem in den USA heftig für seinen Umgang mit der schwersten Umweltkatastrophe in der Geschichte des Landes gerügt worden. Beißende Kritik zog er mit seinem Kommentar auf sich, er wolle einfach nur sein Leben wiederhaben. Kurz darauf geriet er ins Visier der Medien, als er mit seiner Segelyacht "Bob" an einer Regatta im Ärmelkanal teilnahm.

Kampf gegen Ölpest wird durch Stürme erschwert

Angeblich wurde am Wochenende bereits über die Abfindung für Hayward verhandelt. Sein Gehalt und Bonus betrug laut BP im vergangenen Jahr 3,1 Millionen Pfund (3,7 Millionen Euro).

Die teure Schlacht an der Ölpestfront ist für BP wegen des wechselhaften Wetters allerdings noch längst nicht geschlagen. Zwar konnten die Arbeiten wieder aufgenommen werden, nachdem sich das Sturmtief "Bonnie" deutlich abschwächte. Doch die gerade begonnene Hurrikan-Saison in der Region nimmt Fahrt auf. "Wir werden die restliche Saison über Katz und Maus spielen müssen", sagte der Einsatzleiter der US-Regierung, Admiral Thad Allen. Sobald sich der nächste große Sturm ankündigt, müssten die Arbeiten erneut unterbrochen werden. Ziel sei es, die defekte Ölquelle mithilfe von Parallelbohrungen endgültig zu verschließen. Das Unterfangen dürfte laut Allen nicht vor Mitte August abgeschlossen sein. Eine provisorische Kappe auf dem Bohrloch hält aber wie schon seit rund zehn Tagen das Öl vom Ausströmen ins Meer ab - für BP ein Erfolg.

Alarmsystem auf "Deepwater Horizon" war teilweise ausgeschaltet

Für neuen Wirbel sorgten unterdessen Beobachtungen eines BP-Technikers. Nach seinen Angaben hat BP bereits vor dem Unfall auf der Bohrplattform "Deepwater Horizon" die dortige Alarmanlage teilweise abgestellt. Das Alarmsystem sei am Tag des Unglücks zwar eingeschaltet gewesen, um mögliche Brände sowie explosive und giftige Gase anzuzeigen, doch seien Sirenen und optischer Alarm außer Funktion gesetzt gewesen. Ihm sei gesagt worden, BP wolle nicht, dass Mitarbeiter auf der Bohrinsel wegen eines Fehlalarms nachts geweckt würden. Bei dem Unglück am 20. April kamen elf Arbeiter ums Leben. Bis zur provisorischen Schließung des Lecks mit einer gigantischen Verschlusskappe in der vergangenen Woche strömten bis zu 700 Millionen Liter Öl ins Meer.

Während im Golf von Mexiko wegen der Ölpest derzeit ein Verbot neuer Tiefseebohrungen besteht, will BP ein solches Vorhaben nun im Mittelmeer vor der Küste Libyens starten. Die Bohrung erfolgt in der Bucht "Große Syrte". Die Quelle liegt etwa 200 Kilometer westlich der Hafenstadt Bengasi in rund 1750 Meter Tiefe.