Kurz vor der Anhörung von Toyota vor dem US-Kongress tauchten brisante Interna und neue Vorwürfe gegen den Autohersteller auf.

Washington. Der Druck auf Toyota wegen der Pannenserie steigt. Kurz vor einer Anhörung vor dem US-Kongress tauchten brisante Interna und neue Vorwürfe gegen den japanischen Autohersteller auf. Nachdem das Verhalten von Toyota bereits von der US-Behörde für Verkehrssicherheit und gleich drei Ausschüssen unter die Lupe genommen wird, haben sich jetzt auch die gefürchtete Börsenaufsicht SEC und ein New Yorker Gericht eingeschaltet.

Beide Stellen verlangen Einsicht in Dokumente über die jüngsten Rückrufe. Die SEC interessiert sich besonders dafür, wie Toyota die Öffentlichkeit über die technischen Probleme informiert hat. Wie mächtig die Behörde ist, hatte Siemens vor mehr als einem Jahr zu spüren bekommen, als der Mischkonzern wegen seiner Korruptionsaffäre umgerechnet rund 600 Millionen Euro an die USA überweisen musste. Noch heute steht Siemens unter Beobachtung der Börsenaufsicht.

Das Einschreiten der Anklagekammer an einem New Yorker Gericht könnte zudem in einem Strafverfahren münden. Die Geschworenen entscheiden darüber, ob Anklage gegen den Hersteller beziehungsweise einzelne Verantwortliche erhoben wird. Durch das ungewollte Beschleunigen von Toyota-Wagen sollen alleine in den USA 34 Menschen ihr Leben verloren haben.

Der Autobauer ruft weltweit 8,5 Millionen Wagen wegen diverser gefährlicher Defekte zurück, vor allem wegen klemmender Gaspedale und rutschender Fußmatten. Bei Hybridautos drohen die Bremsen zeitweilig zu versagen. Die Reparaturen laufen auf Hochtouren. Der Hersteller baut zusätzlich ein Notsystem ein, bei dem das gleichzeitige Treten von Gaspedal und Bremse den Motor drosselt. Am späten Montag kündigte er an, weitere Fahrzeug-Typen entsprechend umzurüsten.

„Alle Toyota-Autos tragen meinen Namen“, schrieb Konzernchef Akio Toyoda in einem Gastbeitrag für das „Wall Street Journal“. Wenn sie beschädigt würden, treffe es auch ihn als Enkel des Firmengründers. Er räumte ein, dass Toyota zu zögerlich auf die Probleme reagiert habe. „Deshalb führe ich das Unternehmen zurück zu seinen Wurzeln“, sagte er und versprach, Qualität wieder vor Quantität zu stellen. Einige Experten hatten den raschen Aufstieg zum weltgrößten Autobauer als Grund für die Pannenserie ausgemacht.

Am Nachmittag deutscher Zeit beginnen die Anhörungen vor den Kongressausschüssen, am Mittwoch erscheint Konzernchef Toyoda persönlich in Washington. Die führenden Köpfe einer der Ausschüsse, Henry Waxman und Bart Stupak, gehen vor den Terminen mit Toyota hart ins Gericht. Sie werfen dem Autobauer eine unzulängliche Fehlersuche vor. Sie bemängeln, dass der Hersteller schon früh Probleme mit der Elektronik als Grund für das ungewollte Beschleunigen ausgeschlossen habe.

Die Abgeordneten führen Belege an, die auf Mängel in der Elektronik hindeuten. Wie bei vielen anderen Autoherstellern auch, ist das Gaspedal bei Toyota zumeist nur über Sensoren und Chips mit dem Motor verbunden. Der althergebrachte Seilzug fehlt. Der US- Behörde für Verkehrssicherheit fehle es aber an der Kompetenz, Defekte in der Elektronik zu erkennen, sagen Waxman und Stupak.

Kritiker werfen der Verkehrssicherheitsbehörde schon sein einiger Zeit Versäumnisse im Fall Toyota vor. Interne Dokumente, die Toyota den Ausschüssen überlassen hatte, untermauern diese Sichtweise. Darin rühmt sich der Autobauer, vor drei Jahren durch gute Lobby-Arbeit in den USA einen massiven Rückruf vermieden zu haben. Dadurch habe das Unternehmen 100 Millionen Dollar gespart, hieß es in Papieren.

Bereits damals ging es um das ungewollte Beschleunigen in einigen Toyota-Modellen. Am Ende der Diskussion mit den US-Behörden rief der japanische Hersteller im September 2007 lediglich 55 000 Autos zurück, weil sich die Fußmatten mit den Gaspedalen zu verkeilen drohten. Mittlerweile sind es 5,3 Millionen Wagen, die alleine wegen dieses Mangels in die Werkstätten müssen.

„Die Sicherheit unserer Kunden hat für uns oberste Priorität“, kommentierte Toyota. „Etwas anderes auf Basis einer internen Präsentation zu schlussfolgern, ist falsch.“

Die Pannen haben Toyotas Image schwer beschädigt. Bei den Händlern dies- und jenseits des Atlantiks bleiben die Kunden weg. Rund um den Globus stehen einzelne Werke für einige Tage still, auch in Frankreich und Großbritannien. Toyota kalkuliert den Schaden durch die Reparaturen und die Absatzeinbrüche insgesamt auf umgerechnet 1,4 Milliarden Euro.

In Deutschland ruft Toyota wegen der klemmenden Gaspedale rund 216000 Wagen zurück. Am Montag waren die ersten Briefe des Kraftfahrt-Bundesamtes an die Halter rausgegangen.