Arbeitnehmerflügel der CDU ist für eine Lohnuntergrenze, Vertreter des Mittelstandes dagegen. Auch die FDP will keinen Mindestlohn.

Berlin. Nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (BVG) ist in der Union eine Diskussion über einen neuen Post-Mindestlohn aufgeflammt. Der Chef der Arbeitnehmergruppe in der Unionsfraktion im Bundestag, Peter Weiß (CDU), sagte der „Frankfurter Rundschau“ vom Freitag, „wir brauchen bei den Postdienstleistungen einen Mindestlohn, um einen Wettlauf nach unten zu verhindern“. Unionsfraktionsvize Michael Fuchs (CDU) hingegen hält eine neue Mindestlohn-Verordnung für unnötig. Gewerkschaften und Arbeitgeber sollten „sich an einen Tisch setzen und einen Branchen-Tarifvertrag aushandeln, der dann für alle gilt“, sagte er der „Passauer Neuen Presse“.

Das BVG hatte am Donnerstag den Mindestlohn für Briefzusteller für unwirksam erklärt und damit einer Klage der Post-Wettbewerber PIN Mail und TNT sowie des Arbeitgeberverbandes „Bundesverband der Kurier-Express-Post-Dienste“ (BdKEP) stattgegeben. Der Richterspruch hebelt die Mindestlohnverordnung aus, die Anfang 2008 in Kraft getreten war. Mit der Verordnung war der im Tarifvertrag der Gewerkschaft Verdi mit dem von der Post AG dominierten Arbeitgeberverband Postdienste festgelegte Mindestlohn von 9,80 Euro pro Stunde für Zusteller verbindlich. Gegen diese Verordnung hatten die Post-Konkurrenten geklagt.

Unions-Mittelstandsexperte Hans Michelbach (CSU) forderte, „einen Schlussstrich“ unter der Mindestlohn-Debatte zu ziehen. Staatlich vorgegebene Mindestlöhne schwächten das Wachstum der Wirtschaft, begünstigen die Schwarzarbeit und vernichteten Arbeitsplätze. Zwar sei auch der deutsche Mittelstand für ein „ordentliches Einkommen“ von Beschäftigten. Um gegen sittenwidrige Löhne vorzugehen, reichten aber die bestehenden rechtlichen Regelungen vollständig aus.

Der Koalitionspartner FDP schließt nach Worten seines Arbeitsmarktexperten, Johannes Vogel, eine Zustimmung zu einer neuen Mindestlohnvereinbarung aus. „Wir brauchen im Postbereich keinen Mindestlohn, sondern mehr Wettbewerb“, sagte Vogel der „Frankfurter Rundschau“. Das Urteil stoppe eine Politik, die mehr als 7000 Arbeitsplätze vernichtet habe. Ohne Einvernehmen im Kabinett habe ein neuer Anlauf keine Aussicht auf Erfolg.

Auch der Chef des Arbeitgeberverbandes Neue Brief- und Zustelldienste (AGV-NBZ), Florian Gerster, hält einen neuen Anlauf für einen Postmindestlohn für unwahrscheinlich. „Ein schwarz-gelbes Kabinett wird einem neuen, wettbewerbsverzerrenden Mindestlohn nicht zustimmen“, sagte Gerster der „Passauer Neuen Presse“. Eher werde „man sich bei der FDP die Nase aus dem Gesicht schneiden“. Gerster betonte jedoch, er habe „überhaupt keine Probleme“ mit einem Mindestlohn von 7,50 Euro und einem „etwas niedrigeren Satz“ im Osten. Der AGV-NBZ vertritt die Interessen der Post-Konkurrenten. Ein Sprecher des Bundesarbeitsministeriums sagte, ein neuer Mindestlohn sei nur denkbar wenn Einigkeit in der Branche bestehe.

Die Opposition im Bundestag forderte die Regierung dennoch zum Handeln auf. Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) müsse sich „gegen die FDP durchsetzen, um ein Lohndumping zu verhindern“, sagte die Arbeitsmarktexpertin der Grünen, Brigitte Pothmer, der „FR“.

Der Sprecher des Arbeitsministeriums sagte, zunächst werde die Begründung des BVG abgewartet. Erst dann habe das Ministerium Hinweise für ein weiteres Vorgehen. Möglich wäre es, die Mindestlohnverordnung dann einfach nur aufzuheben oder eine neue in Kraft zu setzen.