Ausgerechnet in der Vorweihnachtszeit könnte es bei der Post zum Streik kommen.

Berlin/Bonn. Am morgigen Dienstag beginnen Tarifverhandlungen für die rund 130.000 Beschäftigten bei dem Bonner Logistikriesen. Die Gewerkschaft ver.di hat bereits darauf hingewiesen, dass die Friedenspflicht am 6. November endet.

Seit Monaten schon dringt Postchef Frank Appel auf Zugeständnisse der Beschäftigten vor allem in der bisher profitträchtigen Briefsparte. Da macht der Konzern zwar noch gute Gewinne. Die aber bröckeln massiv. Gründe sind die Wirtschaftsflaute, aber auch zunehmende Nutzung von E-Mail. Im ersten Halbjahr wies das Unternehmen für den Briefsektor einen Gewinn vor Zinsen und Steuern von 557 Millionen Euro aus, 32,2 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum.

Die Post AG verlangt deshalb, dass die rund 80.000 Briefträger künftig 40 Stunden statt 38,5 Stunden in der Woche arbeiten – ohne dass der Lohn dafür erhöht würde. Ferner fordert der Konzern einen Verzicht auf eine bereits tarifvertraglich vereinbarte Lohnerhöhung um 3 Prozent zum 1. Dezember. Das soll für alle 130.000 Tarifbeschäftigten bei der Post gelten.

Bei Neueinstellungen im Briefbereich will die Post AG künftig nur noch den in der Branche geltenden Mindestlohn zahlen. Als Druckmittel des Konzerns steht die teilweise Vergabe der Zustellung an Fremdfirmen auch im Briefsektor im Raum. Im Paketbereich ist das längst üblich, aber bisher durch eine Vereinbarung auf 880 Zustellbezirke begrenzt. Die entsprechende Vereinbarung läuft Ende des Jahres aus.

Die Post AG argumentiert, es sei notwendig, jetzt im Briefsektor die Personalkosten zu senken, so lange in dem Bereich noch Gewinn gemacht werde. Nur mit vorausschauenden Maßnahmen lasse sich eine harte Landung vermeiden, die unweigerlich einträte, wenn der Bereich erst rote Zahlen schriebe, sagte Post-Sprecher Uwe Bensien.

Er bestätigte zugleich einen Bericht des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“. Danach hat Postchef Appel Bonuszahlungen in Aussicht gestellt, sollte sich der Briefsektor besser als erwartet entwickeln. So könne ein Teil der durch längere Arbeitszeit und Verzicht auf die Tariferhöhung im Dezember gesparten Gelder zurückgegeben werden.

Die Gewerkschaft ver.di lehnt die Vorstellungen des Konzerns strikt ab. Sie wies darauf hin, dass der im April 2008 abgeschlossene Tarifvertrag noch bis 30. Juni 2010 gilt. Dazu gehörten die Vereinbarungen über Gehaltserhöhungen ebenso wie die über die 38,5-Stunden-Woche. Zudem gelte bis 30. Juni 2011 ein Schutz vor betriebsbedingten Kündigungen.

Die Gewerkschaft will eine Vereinbarung erreichen, die eine Fremdvergabe bei der Briefzustellung auch weiterhin ausschließt. Zu diesem Thema ist freilich ein Streik nicht zulässig, da solche Entscheidungen in den Bereich der grundgesetzlich geschützten unternehmerischen Freiheit fielen, wie die stellvertretende ver.di-Vorsitzende Andrea Kocsis unlängst in Berlin verdeutlichte.

Die Gewerkschaft habe deshalb „Anfang August vorsorglich den sogenannten Rationalisierungsschutztarifvertrag gekündigt“, sagte Kocsis, und sei dadurch „im Konfliktfall handlungsfähig“. Die Gewerkschaft bereitet sich nach ihren Worten auf einen Arbeitskampf vor.