Die Konkurrenten des gelben Riesen haben ihren Rechtsstreit in letzter Instanz gewonnen. Der Post-Mindestlohn ist rechtswidrig.
Leipzig. Der Mindestlohn für Briefzusteller ist unwirksam. Die Beteiligungsrechte der betroffenen Post-Wettbewerber wurden nicht ausreichend gewahrt, urteilte das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. Es gab damit einer Klage unter anderem der Post-Wettbewerber PIN Mail und TNT sowie des Arbeitgeberverbandes „Bundesverband der Kurier-Express-Post-Dienste“ (BdKEP) statt. (Az: 8 C 19.09)
Die Gewerkschaft Verdi forderte die Bundesregierung auf, die gerügten Formfehler zu heilen und erneut einen Postmindestlohn festzusetzen. Dagegen sprach die Arbeitgeberseite von einem „Sieg für den Wettbewerb“. Die Postmindestlohnverordnung war Ende 2007 beschlossen worden und trat Anfang 2008 in Kraft. Danach waren die im Tarifvertrag der Gewerkschaft Verdi mit dem von der Post AG dominierten Arbeitgeberverband Postdienste festgelegte Mindestlöhne von 9,80 Euro pro Stunde für Zusteller sowie 8,40 Euro für Verteiler und Fahrer verbindlich.
Tatsächlich bezahlt die Deutsche Post AG ihren Zustellern noch höhere Löhne. Wettbewerber klagten dagegen, sie könnten sich den neuen Mindestlohn nicht leisten. PIN, TNT und der von Post-Wettbewerbern getragene Arbeitgeberverband BdKEP schlossen noch vor Inkrafttreten der Postmindestlohnverordnung mit der „Gewerkschaft der Neuen Brief und Zustelldienste“ einen Tarifvertrag mit geringeren Löhnen.
Nach dem Urteil des Gerichts sind die Stundenlöhne von 9,80 beziehungsweise 8,40 Euro für die nach Verdi-Angaben rund 200.000 Beschäftigten der Postdienstbranche nicht mehr verbindlich. Denn bei Erlass der Postmindestlohnverordnung habe der damalige Bundesarbeitsminister Olaf Scholz (SPD) die Rechte der Kläger verletzt. Das Arbeitnehmer-Entsendegesetz sehe eine umfassende Beteiligung betroffener Unternehmen, Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften vor. Dies sei „nicht in dem vom Gesetz vorgeschriebenen Maße geschehen“.
Verdi-Vize Andrea Kocsis erklärte in Berlin, ihre Gewerkschaft halte an den bisherigen Mindestlöhnen fest. Sie gewährleisteten einen Lebensunterhalt ohne ergänzende Hartz-IV-Leistungen. Wenn die neue Bundesregierung eine Nachfolgeregelung verweigere, müsse sie sich den Vorwurf gefallen lassen, „die Beschäftigten im liberalisierten Briefmarkt der Ausbeutung auszuliefern und Steuergelder für unsinnige Sozialsubventionen hinauszuwerfen“.
Die Linke forderte einen Mindestlohn von zehn Euro für alle Branchen. „Wegen eines Postmindestlohns schreiben die Menschen nicht weniger Briefe; die Frage ist nur, ob der Zusteller, der sie austrägt, von seinem Lohn auch leben kann“, erklärte der stellvertretende Parteivorsitzende Klaus Ernst.
Dagegen erklärte der Präsident des ebenfalls von Post-Wettbewerbern getragenen Arbeitgeberverbandes Neue Brief- und Zustelldienste (AGV-NBZ), Florian Gerster, das Leipziger Urteil bringe Rechtssicherheit für die Unternehmen und bedeute „grünes Licht für die Schaffung neuer Arbeitsplätze“. In den vergangenen zwei Jahren habe der Mindestlohn mehrere Tausend Arbeitsplätze vernichtet. Nach dem Tarif der AGV-NBZ gelte in Westdeutschland und Berlin ein Mindestlohn von 7,50 und in Ostdeutschland von 6,50 Euro je Stunde. Der Chef der PIN AG, Alexander Stirl, sagte dem MDR, das Urteil habe einem „ordnungspolitischen Fiasko“ ein Ende gesetzt.