Die Finanzkrise in Europa geht zwar nicht spurlos am deutschen Verbraucher vorbei – doch die Kauflust wird davon bislang nicht gebremst.
Nürnberg. Griechenland, Spanien, Italien und die Rundumschläge der Ratingagentur Moody's können die Kauflaune der deutschen Konsumenten nicht trüben. Vor dem HIntergrund der Schulden- und Finanzkrise in der Eurozone sinke beim Verbraucher zwar Vertrauen in die Konjunktur. Dennoch seien sie aber weiterhin zu größeren Anschaffungen bereit, teilte das Marktforschungsunternehmen GfK am Donnerstag in Nürnberg mit. Der aus Umfrageergebnissen gebildete Konsumklimaindex stieg für August um 0,1 Punkte auf 5,9.
In Bezug auf die wirtschaftliche Entwicklung sind viele Bürger aber längst nicht mehr so optimistisch wie im Vorjahr. „Die Verbraucher befürchten zusehend, dass nun auch die deutsche Wirtschaft in den Krisenstrudel gezogen wird“, kommentierte die GfK. Die Menschen spürten, dass die Konjunkturrisiken wachsen, die „Einschläge immer näher kommen“ und die Risiken nicht ohne Wirkung für Deutschland blieben, sagte GfK-Marktforscher Rolf Bürkl.
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„Die derzeitige Hängepartie in der Eurokrise trägt nicht dazu bei, das Konsumklima auf einem hohen Stand zu halten“, warnte Bürkl. Erstmals seit Dezember letzten Jahres sank die Konjunkturerwartung der Befragten nach Angaben der Marktforscher unter den langjährigen Durchschnittswert von null Punkten auf minus 5,6 Punkte. Der Vertrauensverlust fiel jedoch nicht mehr so stark aus wie noch im Juni.
Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) sieht durch die Turbulenzen ebenfalls negative Auswirkungen auf das Wachstum in Deutschland. Im dritten Quartal 2012 sei nur mit einer leichten Steigerung des Bruttoinlandsprodukts um 0,3 Prozent zu rechnen – nach voraussichtlich 0,2 Prozent im zweiten Quartal, teilte das DIW in Berlin mit. Deutschland könne sich nicht von der schwachen Entwicklung der Eurozone abkoppeln, erklärte DIW-Konjunkturchef Ferdinand Fichtner.
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Die Kauffreude der Menschen scheint von dieser wirtschaftlichen Entwicklung jedoch kaum betroffen zu sein. Im Gegenteil: Die Bereitschaft, größere Anschaffungen zu machen, stieg im Vergleich zum Vormonat sogar an – von 32,7 auf 35,8 Punkte. Grund dafür seien die sinkende Arbeitslosigkeit und höhere Einkommen nach den jüngsten Tarifabschlüssen, berichtete die GfK.
Im Zuge der Finanzkrise steckten Verbraucher ihr Geld lieber in Immobilien oder Möbel als es auf die hohe Kante zu legen. Das geringe Interesse an Geldanlagen habe mehrere Gründe: Zum einen fürchteten viele Bundesbürger die Folgen einer Finanzkrise. Zum anderen seien die Rahmenbedingungen für Anschaffungen günstig; die niedrige Inflationsrate von unter zwei Prozent sichere den Verbrauchern stabile Preise.
In Zukunft rechneten die Befragten allerdings mit etwas geringeren Einkommen. Die Erwartungen gingen aber nach einem deutlichen Plus im Juni nur leicht von 40,1 auf 36,3 Punkte zurück. „Die Einkommensaussichten trotzen damit weiterhin den zunehmenden Risiken aus dem Ausland“, hieß es in dem GfK-Bericht. Die Leute hätten ein sehr gutes Gefühl dafür, ob sie real mehr in der Tasche haben oder ob ihr zusätzliches Einkommen von der Inflation aufgezehrt werde, sagte Bürkl.
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Ein Risikofaktor für das Konsumklima stellt nach Ansicht des Gfk-Marktforschers die weitere Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt dar. Eine vorübergehende Flaute würde über kurz oder lang auch auf die Verbraucherstimmung durchschlagen. „Sollten sich Unternehmen dazu entscheiden, künftig wieder mehr Menschen zu entlassen als einzustellen, würde sich das ungünstig auf das Konsumklima auswirken“, sagte Bürkl.
Besonders betroffen von der aktuellen Lage in den Krisenländern ist nach DIW-Angaben die exportabhängige Industrie. DIW-Deutschlandexperte Simon Junker sagte: „Im verarbeitenden Gewerbe wird die Wertschöpfung im Sommerhalbjahr wohl merklich sinken.“ Das dürfte bei Industrie und Unternehmensdienstleistern demnach vorübergehend Entlassungen zur Folge haben. Unternehmen würden sich auch bei Investitionen „zunächst spürbar zurückhalten“. Das DIW schätzt die Lage auf dem Arbeitsmarkt dennoch als robust ein. (dpa/abendblatt.de)