Die Finanz- und Bankenkrise holt nun auch die deutsche Wirtschaft verstärkt ein. Juni-Index verzeichnet den größten Einbruch seit 1998.
Mannheim. Bislang konnte die Finanzkrise in der Eurozone der deutsche Wirtschaft nichts anhaben – doch das könnte sich bald ändern, wenn es in Europa weiter bergab geht. Die Konjunkturerwartungen deutscher Finanzexperten sind im Juni so stark eingebrochen wie seit Oktober 1998 nicht mehr.
Der Indikator des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) fiel um satte 27,7 Punkte auf minus 16,9 Punkte. Als Gründe nannte das ZEW unter anderem die Zuspitzung der Krise des spanischen Bankensektors und den ungewissen Ausgang der griechischen Parlamentswahl während des Großteils des Umfragezeitraums.
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Volkswirte hatten zwar mit einer Eintrübung gerechnet, diese aber viel moderater veranschlagt. Die Bewertung der aktuellen konjunkturellen Lage verschlechterte sich ebenfalls deutlich um 10,9 Punkte auf 33,2 Punkte.
Mit dem Einbruch haben die Konjunkturerwartungen ihre Erholung seit Jahresbeginn wieder eingebüßt. Seinerzeit hatten vor allem die großen Geldspritzen der Europäischen Zentralbank (EZB) zur Beruhigung beigetragen. Jüngst wurde die Stimmung jedoch durch die verfahrene Lage in Griechenland und die Krise im spanischen Bankensektor belastet. Dennoch ist die deutsche Konjunktur bislang gut durch die Krise gekommen.
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Das ZEW mahnt jedoch, dass sich dies ändern könne: „Die Erwartungen der Finanzmarktexperten warnen eindringlich vor einer allzu optimistischen Einschätzung der deutschen Konjunkturperspektiven in diesem Jahr“, sagte ZEW-Präsident Wolfgang Franz. Die Risiken einer markanten Konjunkturabschwächung in wichtigen Handelspartnerländern seien unübersehbar. Hinzu komme die nach wie vor brenzlige Lage im Euroraum. „Das Votum der griechischen Wähler verschafft uns eine kurze Atempause – nicht mehr und nicht weniger“, betonte Franz.
Die enttäuschenden Zahlen hatten allerdings nur geringe Auswirkungen an den Börsen. Der Dax lag am Nachmittag nach einem zwischenzeitlichen Ausflug ins Minus gut ein halbes Prozent im Plus. Die deutlich eingetrübten Konjunkturerwartungen seien nicht überraschend gekommen und dementsprechend in den Hintergrund gerückt, sagte Analyst Christoph Schmidt vom Asset Manager NMF AG. Auch Frank Geilfuß vom Bankhaus Löbbecke war wenig überrascht. „Nun stützt die Hoffnung auf Konjunkturmaßnahmen und geldpolitische Lockerungen die Börsen“, erklärte er den Kursverlauf.
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Für die Eurozone sind die Finanzmarktexperten ebenfalls pessimistischer. Die Erwartungen fielen um 17,7 Punkte auf minus 20,1 Punkte. Die aktuelle Lage im Euroraum wurde mit minus 73,2 Punkten bewertet – 13 weniger als im Vormonat. (dpa/abendblatt.de)