Zeitpunkt für Ausgaben gilt bei Konsumenten als ideal. Konjunkturaussichten werden so schlecht bewertet wie seit Monaten nicht mehr.
Nürnberg. Die andauernde Finanz- und Schuldenkrise im Euroraum hat wenig Auswirkung auf die Verbraucherstimmung in Deutschland. Zwar bewerteten die Menschen angesichts des Rettungspakets für die spanischen Banken und der anhaltenden Diskussion um die Zukunft des Euro die konjunkturellen Aussichten so schlecht wie seit Dezember nicht mehr, wie der Marktforscher GfK in seiner am Dienstag veröffentlichten Konsumklimastudie mitteilte.
Vorausgegangen war eine Serie negativer Nachrichten aus der Wirtschaft: Exporte, Produktion und Industrieaufträge gingen zurück, die ZEW-Konjunkturerwartungen von Anlegern und Analysten fielen so stark ein wie seit 1998 nicht mehr, während der Ifo-Index nach zwei Rückgängen in Folge auf dem niedrigsten Wert seit März 2010 liegt. Grund ist neben der schwächeren Weltkonjunktur vor allem die Schuldenkrise, wegen der viele Euro-Länder auch in der Rezession sparen.
+++ Ifo-Klimaindex im Juni: Die Stimmung kippt +++
+++ Verbraucherstimmung in Deutschland stabilisiert sich +++
Die nach wie vor ermutigenden Zahlen vom Arbeitsmarkt , die geringere Inflation und gute Tarifabschlüsse lassen die Deutschen aber mit einem höheren Einkommen als bisher rechnen.
Auch deswegen halten die Verbraucher hierzulande die Zeit für größere Anschaffungen für günstig und zeigen sich in guter Kauflaune. Vor diesem Hintergrund prognostiziert die GfK für Juli einen Anstieg des Konsumklimaindex auf 5,8 Zähler, von 5,7 im Juni.
Der zum Zeitpunkt der Befragung noch ungewisse Ausgang der Wahlen in Griechenland und die sich verschärfende Eurokrise ließen die Bürger deutlich skeptischer in die konjunkturelle Zukunft blicken als bisher, schreibt GfK-Forscher Rolf Bürkl. Entsprechend brach der Index der Konjunkturerwartung im Vergleich zum Vormonat um 16,6 auf 3 Punkte ein und damit auf den niedrigsten Wert seit Dezember 2011.
+++ Teuerungsrate sinkt erstmals seit 2010 unter 2,0 Prozent +++
+++ Deutsche leben häufig günstiger als viele EU-Nachbarn +++
Die Verbraucher befürchteten offenbar immer mehr, dass sich Deutschland über kurz oder lang dem Abwärtstrend im Euroraum nicht vollkommen entziehen könne, erklärt Bürkl.
Deutlich optimistischer beurteilen sie indes ihre persönliche finanzielle Situation. Die Teuerungsrate war im Mai erstmals seit rund anderthalb Jahren unter die Marke von zwei Prozent gefallen , bis zu der die Europäische Zentralbank von stabilen Preisen spricht. Das Barometer für die Einkommenserwartung legte deshalb um 8,1 auf 40,1 Zähler zu.
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Leicht zulegen konnte auch der Index der Anschaffungsneigung – um 0,7 auf 32,7 Punkte. In dieser Entwicklung spiegelt sich die steigende Beschäftigtenzahl wider, die für Planungssicherheit sorgt. Doch auch die Finanzkrise selbst stützt die Kauflaune. Denn angesichts historisch niedriger Zinsen ist es für die Verbraucher weiterhin attraktiver, ihr Geld für werthaltige Dinge auszugeben, als es anzulegen.
GfK-Autor Bürkl betont, dass ein stabiler Konsum wichtig ist, um eine Rezession in Deutschland zu vermeiden. Nach wie vor rechnet die GfK damit, dass der Privatkonsum 2012 real um etwa ein Prozent wachsen wird. Allerdings drohten mit der Bankenkrise in Spanien und einem möglichen Austritt Griechenlands aus dem Euro nicht zu unterschätzende Risiken, die der Konsumfreude ein jähes Ende bereiten könnten. (dapd/Reuters/abendblatt.de)