Der Insolvenzverwalter Geiwitz muss Kündigungen verschicken. Bayern-FDP hat Verhandlungen scheitern lassen - Liberale in der Kritik.

Berlin/. Unmittelbar nach den gescheiterten Verhandlungen über Transfergesellschaften hat die insolvente Drogeriekette Schlecker rund 10.000 Kündigungen herausgeschickt. Die Schreiben hätten schon vorbereitet und unterschrieben bereitgelegen, sagte ein Sprecher von Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz am Donnerstag. Mehrere Schlecker-Beschäftigte hätten das Unternehmen in den vergangenen Tagen bereits freiwillig verlassen, so dass jetzt nur noch rund 10.000 Menschen gekündigt werden müsse.

Geiwitz bedauerte in einer Mitteilung, dass eine Transfergesellschaft nicht zustande gekommen ist. „Das letztendliche Scheitern der Finanzierung einer Transfergesellschaft bedauere ich sehr, vor allem weil diese für die betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sozial geboten und für die Bürgen betriebswirtschaftlich absolut zu vertreten gewesen wäre.“

+++ Transfergesellschaft für Schlecker gescheitert +++

+++ Beteiligung Bayerns weiter offen – Rösler sagt Nein +++

Kurz zuvor wurde der Plan einer Auffanglösung für 11.000 Schlecker-Beschäftigte für gescheitert erklärt. Bayern sei nicht dabei, sagte Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) am Donnerstag in Berlin. Die in Bayern mitregierende FDP habe sich gegen die Übernahme eines Bürgschaftsanteils gesperrt. Ohne Bayern kommt die Garantie der Länder für einen Kredit von 70 Millionen Euro für die Transfergesellschaft nicht zustande. Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) sagte in Berlin: „Die Transfergesellschaft wird nicht zustande kommen.“

+++ Betriebsbedingte Kündigung: Wie Arbeitnehmer richtig vor Gericht klagen +++

Baden-Württembergs Vize-Regierungschef Nils Schmid (SPD) hat der FDP wegen der gescheiterten Auffanglösung für Schlecker-Beschäftigte schwere Vorwürfe gemacht. „Es ist heute ein ganz bitterer Tag für die Beschäftigten von Schlecker“, sagte der Finanz- und Wirtschaftsminister in Stuttgart. Er sei empört darüber, dass für die Liberalen nicht die Menschen, sondern das parteipolitische Kalkül im Mittelpunkt stehe. Die bayerische FDP hatte mit ihrem Nein zu einer Bürgschaft die Transfergesellschaft platzen lassen. „Es geht also nicht um Geld und Bürgschaften, sondern um das politische Schicksal einer Splitterpartei von ein bis zwei Prozent“, sagte der SPD-Landeschef. Über seine eigene Rolle bei der Rettungsaktion meinte er: „Wer kämpft kann auch verlieren.“

Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Harry Peter Carstensen (CDU) sagte nach einem Treffen der Länderregierungschefs in Berlin, sein Land sei nun auch nicht mehr dabei. Er bedauere es sehr für die betroffenen Frauen, dass keine Lösung zustande gekommen sei.

Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) sprach von einem Skandal und wies vor allem der FDP die Schuld am Scheitern der Auffanglösung zu. Die wirtschaftlichen Risiken für die Hilfe der Arbeitnehmerinnen sei absolut auf das Minimum begrenzt worden. Das sei von der FDP zerstört worden. „Das ist ein Skandal der deutschen Politik.“ Es gehe nicht um eine ordnungspolitische Frage, sondern um soziale Marktwirtschaft. Das Verhalten der FDP sei deren schlechten Umfragewerten geschuldet.

Die FDP im Bund und in den Ländern hatte sich geweigert, sich von staatlicher Seite an einer Auffanglösung für die Schlecker-Mitarbeiter zu beteiligen. FDP-Chef und Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler sieht im Fall Schlecker die Bundesagentur für Arbeit (BA) in der Pflicht. Die BA in Nürnberg müsse jetzt „den Beschäftigten von Schlecker schnell neue Perspektiven aufzuzeigen“, erklärte Rösler in Berlin. „Die Arbeitsmarktsituation ist günstig, denn es gibt derzeit fast doppelt so viele freie Stellen im Einzelhandel, als Schleckermitarbeiter, denen eine Kündigung droht.“ (Reuters/dpa/abendblatt.de)