Kaiserslautern. Der HSV verpasst es, mit dem Stadtrivalen FC St. Pauli gleichzuziehen, holt aber noch einen Punkt nach 1:3-Rückstand.

Diese Partie verdiente den Namen Topspiel der 2. Bundesliga. Der HSV und der 1. FC Kaiserslautern lieferten sich beim 3:3 (2:1) am Sonnabendabend auf dem Betzenberg ein wahres Fuball-Spektakel, das die 49.327 Zuschauer im ausverkauften Fritz-Walter-Stadion so schnell nicht vergessen werden. Sechs Tore, davon eines aus rund 50 Metern von Miro Muheim, Flutlicht, Pyrotechnik, Emotionen – Fußballherz, was willst du mehr?

In der Tabelle verpassen es die Hamburger durch die Punkteteilung allerdings, mit Spitzenreiter und Stadtrivale FC St. Pauli gleichzuziehen, der bereits am Nachmittag 2:1 gegen Karlsruhe gewonnen hatte. Weil auch Fortuna Düsseldorf bereits am Freitag gewann, ist der HSV nun Dritter.

"Für die Zuschauer war es ein perfekter Abend, es war alles drin. Wir fangen richtig gut an, gehen verdient in Führung, dann kriegen wir zwei Gegentore aus dem Nichts. Die Gegentore fallen zu einfach. Am Ende müssen wir mit dem Punkt zufrieden sein", erklärte Doppeltorschütze Robert Glatzel.

HSV-Trainer Walter bringt drei Neue

Trainer Tim Walter brachte gleich drei Neue im Vergleich zum 2:0-Heimerfolg vor einer Woche gegen Fürth. Ransford Königsdörffer, Immanuel Pherai und Moritz Heyer ersetzten die verletzten Jean-Luc Dompé (Leiste), Ludovit Reis (Schulter) und Ignace Van der Brempt (Muskelfaserriss im Oberschenkel). In der Anfangsphase war es der Mannschaft aber nicht anzumerken, dass sie zum ersten Mal in dieser Konstellation zusammenspielte. Der HSV begann dominant und zwang den Gastgeber, eine Art Festung im eigenen Strafraum aufzubauen.

Eine Formation, die nach nicht einmal zehn Minuten auseinandergespielt war. Pherai bediente den startenden Bakery Jatta, der viel Platz und Zeit bekam und nach vielen missglückten Versuchen in den zurückliegenden Wochen endlich mal Torjäger Robert Glatzel punktgenau bediente. Der Stürmer musste den Ball nur noch über die Linie drücken – 1:0 für den HSV (10.). Für Jatta war es die erste Torvorlage in dieser Saison.

Doch die Führung war nur von kurzer Dauer. Nach einer kurz ausgeführten Ecke Kaiserslauterns ließen die Hamburger den Rückraum sträflich frei. So kam Boris Tomiak unbedrängt zum Abschluss, der Ball rutschte durch alle rot und hellblau gekleideten Spieler durch, klatschte an den Innenpfosten und kullerte von dort aus über die Linie (13.). Torhüter Daniel Heuer Fernandes, der auf einen Richtungswechsel durch einen Kontakt spekulieren musste, konnte dem Schuss zum Ausgleich nur hinterherschauen.

Schwerer HSV-Patzer von Hadzikadunic

Erneut nur wenige Minuten später wäre dem HSV beinahe die passende Antwort gelungen. Jonas Meffert köpfte einen Eckball von Laszlo Benes an die Latte, den Nachschuss schoss Königsdörffer knapp vorbei (21.). Eine hochkarätige Doppelchance zur erneuten Führung, der die Hamburger noch hinterhertrauern sollten.

Denn kurz darauf stolperte der Bosnier folgenschwer. Statt zu klären, eröffnete sein Fauxpas viel Raum für Richmond Tachie, der auf den zweiten Pfosten flankte, wo Marlon Ritter das Laufduell gegen Jonas Meffert gewann. Der Lauterer hatte wenig Mühe und schob ein ins leere Tor (24.).

Plötzlich hatte Kaiserslautern das Spiel gedreht – und verdiente sich die Führung nachträglich. Der HSV baute jetzt zunehmend ab und verlor die Kontrolle über die Partie. Kurz vor der Pause ergab sich dann allerdings mehr oder weniger zufällig eine gute Chance zum Ausgleich, doch Glatzels Heber von außerhalb des Strafraums verfehlte das Tor deutlich (40.).

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HSV lag plötzlich 1:3 hinten

In der Kabine muss Motivator Walter die richtigen Worte gefunden haben, denn die Hamburger kehrten nun mit mehr Engagement auf den Platz zurück. Mehr als ein kunstvoller Hackentrick Glatzels sprang bei allen Offensivbemühungen allerdings nicht heraus (49.).

Auf der Gegenseite zeigte Kaiserslautern, wie es geht. Der auffällige Tobias Raschl schickte den noch in der eigenen Hälfte startenden und von beiden Innenverteidigern des HSV sträflich frei gelassenen Terrence Boyd. Der schnellere Hadzikadunic eilte zurück und versuchte noch zu klären, doch der US-Stürmer schüttelte den bosnischen Nationalspieler gekonnt ab und traf flach ins lange Eck (54.).

Die Vorentscheidung? Mitnichten. Walter wollte sich noch nicht geschlagen geben, brachte Stürmer András Németh für Rechtsverteidiger Moritz Heyer (62.) und stellte defensiv auf eine Dreierkette um. Ein Plan, der sofort Früchte trug. Jonas Meffert steckte durch auf den nun wütend agierenden Glatzel, der eiskalt mit links über Torhüter Julian Krahl zum 2:3 lupfte (65.). Ging hier etwa doch noch was für den HSV?

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HSV: Muheim trifft aus 50 Metern

Tatsächlich brachte ein schwerer Patzer des Lauterer Schlussmanns Krahl die Gäste wieder zurück ins Spiel. Linksverteidiger Miro Muheim flankte aus rund 50 Metern vermeintlich harmlos in den Strafraum. Krahl ging zum Ball, verschätzte sich aber komplett und unterlief das Spielgerät, das im Tor einschlug. Ein Wahnsinnstreffer in einem immer verrückteren Spiel.

Es hätte nicht mal mehr der Schlusspunkt sein müssen, wenn der Ramos enteilte Ex-HSV-Profi Aaron Opoku nicht nur den Außenpfosten in der Schlussphase getroffen hätte (89.). So aber blieb es beim 3:3 – ein phasenweise wildes Sechs-Tore-Spektakel.

Die Statistik:

  • Kaiserslautern: Krahl – Elvedi, Kraus, Soldo – Zimmer, Tomiak, Raschl (89. Klement), Redondo – Ritter (71. Hanslik) – Tachie (71. Opoku), Boyd (81. Niehues). – Trainer: Schuster
  • HSV: Heuer Fernandes – Heyer (62. Nemeth), Ramos, Hadzikadunic, Muheim – Meffert – Pherai, Benes – Jatta, Glatzel, Königsdörffer (86. Öztunali). – Trainer: Walter
  • Tore: 0:1 Glatzel (10.), 1:1 Tomiak (13.), 2:1 Ritter (24.), 3:1 Boyd (54.), 3:2 Glatzel (65.), 3:3 Muheim (74.)
  • Schiedsrichter: Florian Badstübner (Nürnberg)
  • Gelbe Karten: Boyd (2) – Heyer (4), Pherai, Muheim (3), Ramos (2)
  • Zuschauer: 49.327 (ausverkauft)
  • Torschüsse: 13:20
  • Ecken: 3:4
  • Ballbesitz: 40:60 Prozent