Hamburg. Der HSV will beim 1. FC Kaiserslautern den zweiten Auswärtssieg der Saison. Was Trainer Tim Walter plant.
Tim Walter schmunzelte, als Pressesprecher Philipp Langer am Donnerstag einen Scherz machte. Der HSV-Trainer sprach gerade über die Stärken und Schwächen des 1. FC Kaiserslautern, Gegner am Sonnabend auf dem Betzenberg im Topspiel der Zweiten Liga (20.30 Uhr/Sky und Liveticker auf abendblatt.de). „Sie sind ähnlich heimstark wie wir, bringen viel Wucht und Energie auf den Platz, gerade in der Offensive. In der Defensive haben sie aber auch Mängel“, sagte Walter über den FCK. Langer ergänzte: „Und sie sind auch kein Aufsteiger mehr, das hilft auch.“
Das Späßchen am Rande hat durchaus einen ernsten Hintergrund. Durch die Auswärtsniederlagen bei den Aufsteigern Kaiserslautern und dem FC Magdeburg im April verspielte der HSV in der vergangenen Rückrunde den Aufstieg. Und auch in dieser Saison verloren die Hamburger bereits bei zwei Aufsteigern (1:2 in Elversberg, 1:2 in Osnabrück).
HSV in Auswärtstabelle nur Zehnter
Doch während der HSV in der vergangenen Saison trotz der Pleiten beim FCK und dem FCM die beste Auswärtsmannschaft der Liga war (30 Punkte), sieht das Bild aktuell anders aus. Der HSV führt mit fünf Siegen aus fünf Spielen die Heimtabelle klar an (vor Kaiserslautern). Im Auswärtsranking liegen die Hamburger mit fünf Punkten aus fünf Spielen dagegen nur auf Platz zehn (vor Kaiserslautern).
Die nahe liegende Erklärung wäre sicherlich die Unterstützung der Zuschauer und der Wohlfühlfaktor im Volkspark. Der bislang einzige Auswärtssieg der Saison in Hannover war mit 25.000 HSV-Fans ebenfalls ein gefühltes Heimspiel. An fehlender Unterstützung konnte es aber auch in den anderen Spielen nicht liegen. Zuletzt fieberte beim 1:1 in Wiesbaden das halbe Stadion mit dem HSV.
„Wir können auswärts auch wie eine Heimmacht auftreten“, sagt Walter. Bislang gelingt das aber nur im Volkspark. „Zu Hause sind wir eine Macht. Aber das heißt nicht, dass wir auswärts machtlos sind. Das sind wir nicht.“ Statt einer komplexen Suche nach Gründen hat Walter einen einfachen Auftrag an seine Mannschaft. „Wir müssen auswärts besser punkten. Der Anspruch ist, dort zu gewonnen. Dafür müssen wir einige Dinge besser machen“, sagte der 47-Jährige über die Aufgabe beim FCK.
Walter erinnert sich an letzte Betze-Niederlage
An das 0:2 auf dem Betzenberg am 15. April kann sich der HSV-Trainer noch gut erinnern. Die Hamburger hatten zwar 66 Prozent Ballbesitz, erspielten sich aber nur ein Torschussverhältnis von 8:14. Vorne fehlte die Durchschlagskraft, hinten patzte Ludovit Reis, der Jonas Meffert auf der Sechs vertrat. Reis verlor vor den Toren von Terrence Boyd und Aaron Opoku zweimal den Ball. „Wir haben in dem Spiel zu viele Fehler gemacht“, sagt Walter. Das Spiel wurde in dieser Woche noch einmal analysiert. Die Schlüsse gelten auch für den aktuellen HSV. „Wir müssen vorne genauer und konsequenter sein und die Power und Präsenz und die absolute Gier mit dahin nehmen. Das ist die Zukunft.“
Dabei wird Walter am Sonnabend aber auf Jean-Luc Dompé verzichten müssen. Der Franzose leidet unter Schambeinproblemen, soll am kommenden Dienstag beim Pokalspiel bei Arminia Bielefeld aber wieder zur Verfügung stehen. Für den Linksaußen könnte Ransford Königsdörffer mal wieder eine Chance in der Startelf erhalten. Für die verletzten Reis und Ignace van der Brempt spielen wie gegen Fürth Immanuel Pherai und Moritz Heyer.
Dompé, Reis und Van der Brempt sind aktuell schon die Ausfälle vier und fünf. Die Rückkehr von Kapitän Sebastian Schonlau ist weiter ungewiss. „Es ist keine Besserung in Sicht“, sagte Walter am Donnerstag über den an der Wade verletzten Abwehrchef. Chancen auf seine erstmalige Kadernominierung darf sich U-19-Talent Bilal Yalcinkaya machen. Der 17-Jährige wird am Freitag wieder mit den Profis trainieren und könnte anschließend nach Kaiserslautern mitreisen. „Wir haben immer ein Auge auf die Jugend“, sagte Walter.
Verändert der HSV in Kaiserslautern seine Taktik?
Spannend wird am Sonnabend die Herangehensweise der beiden Trainer. FCK-Coach Dirk Schuster ist nicht bekannt für eine aktive Spielweise. Keine Mannschaft in der Zweiten Liga hat im Durchschnitt so wenig Ballbesitz wie die Roten Teufel (42 Prozent). Der HSV liegt in dieser Statistik auf Platz zwei (56 Prozent) hinter Magdeburg (59 Prozent). Kurios: Der HSV ist in Heimspielen erfolgreicher nach Umschaltmomenten. Drei Tore erzielte der HSV im Volkspark bereits nach Kontern. Auswärts dagegen erst eines.
Walter will in dieser Saison mit seiner Mannschaft variabler sein als in den vergangenen zwei Jahren. Gut möglich also, dass der HSV auf dem Betzenberg versuchen wird, dem FCK auch mal den Ball zu überlassen. Mit Bakery Jatta und Königsdörffer könnte Walter auf zwei schnelle Flügelstürmer setzen, die ihre Stärken im Umschaltspiel haben.
Doch bei diesem Plan müsste auch der FCK mitspielen. „Sie haben andere Stärken“, weiß auch Walter. „Schnelles Umschalten, Gefahr nach Standards.“ Die typischen Mittel eben, auf die gegnerische Trainer gegen den HSV am liebsten zurückgreifen.
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Für Walters Mannschaft ist es in jedem Fall an der Zeit, dass sich auswärts etwas dreht. „Hamburg ist die Macht“, heißt es in der Vereinshymne, die im Volkspark vor jedem Heimspiel zum Einlaufen der Teams erklingt. Nun wäre der Moment gekommen, dass der HSV auch außerhalb Hamburgs wieder eine Macht wird.