Kaiserslautern. Nach dem denkwürdigen 3:3 in Kaiserslautern schlägt Jonas Meffert Alarm. Warum schafft es der HSV nicht, seine Probleme zu beheben?

Am Morgen nach dem denkwürdigen 3:3 (2:1) des HSV beim 1. FC Kaiserslautern versammelte Trainer Tim Walter seine Mannschaft in der Nähe des Betzenbergs. Für eine bessere Regeneration fand die obligatorische Joggingeinheit diesmal nicht im Volkspark, sondern am Spielort statt.

Anschließend flog der HSV-Tross zurück nach Hamburg, wo am Montag nur Zeit für eine Einheit bleibt, ehe mit der zweiten Pokalrunde bei Drittligist Arminia Bielefeld am Dienstag (20.45 Uhr/Sky) schon das nächste Pflichtspiel ansteht.

Somit bekommt der HSV nur 72 Stunden nach dem Sechs-Tore-Spektakel von Kaiserslautern die Möglichkeit, aus seinen wiederkehrenden Fehlern zu lernen. „Für den neutralen Beobachter war es wahrscheinlich lustig und hat Spaß gemacht“, sagte Mittelfeldspieler Jonas Meffert, dem allerdings nicht nach Lachen zumute war. Selbst Walter, der lieber 4:3 als 1:0 gewinnt, war es zu viel Spektakel.

HSV-Profi Meffert: 3:3 ist zu wenig

Letztlich mussten die Hamburger, die zwischenzeitlich 1:3 zurücklagen, sogar glücklich über diesen Punkt sein. Zumal Ex-HSV-Profi Aaron Opoku kurz vor Schluss den Außenpfosten traf (89.).

„Ein Punkt in Kaiserslautern geht generell in Ordnung“, ordnete Meffert das Ergebnis treffend ein – zumal er mit seinem Nachsatz den Nagel auf den Kopf traf. „Mit unserer Vorgeschichte und den woanders liegen gelassenen Punkten ist es aber zu wenig.“ Auswärts hat der HSV nur sechs von 18 möglichen Punkten geholt. Mit der Ausbeute von nur einem Zähler gegen die Aufsteiger Elversberg, Osnabrück und Wiesbaden hat sich der Club selber unter Druck gesetzt, Spiele wie bei den heimstarken Pfälzern gewinnen zu müssen.

Um in der Fremde auch mal dreifach zu punkten, benötigen die Hanseaten mehr Konstanz. Was zu Hause richtig gut funktioniert, wirkt auswärts anfällig wie ein auf der Köhlbrandbrücke aufgestelltes Kartenhaus. Dabei begann der HSV in Kaiserslautern ähnlich dominant wie in seinen Heimspielen und ging durch Robert Glatzel 1:0 in Führung (10.). Bis zu diesem Treffer habe seine Mannschaft „alles im Griff“ gehabt, befand Walter. Nach dem 1:1 durch Boris Tomiak (13.) habe sie jedoch „komplett den Faden verloren“.

Meffert legt den Finger in die Wunde

Zwar hätte Meffert mit seinem Lattentreffer beinahe die Führung zurückgeholt (21.). Die Szene darf allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass der HSV für rund 35 Minuten zu häufig „hinterherlief“ und „die Kontrolle abgab“, wie Torhüter Daniel Heuer Fernandes beklagte. Dass Innenverteidiger Dennis Hadzikadunic vor dem 1:2 folgenschwer stolperte (24.) und er sich vor dem 1:3 durch den nicht gerade für seine Dribbelkünste bekannten Sturmbullen Terrence Boyd abschütteln ließ (54.), passte zu diesem pannenreichen Abend.

„Wir haben uns von der richtig guten Stimmung der FCK-Fans vielleicht ein bisschen verunsichern lassen. Daran müssen wir arbeiten“, lautete Mefferts Erklärungsversuch für die Leistungsschwankungen während einer Partie. „Man kann Fehler machen, aber dann muss man gefestigter auftreten“, sagte Heuer Fernandes.

Empfohlener externer Inhalt
An dieser Stelle befindet sich ein externer Inhalt von Instagram, der von unserer Redaktion empfohlen wird. Er ergänzt den Artikel und kann mit einem Klick angezeigt und wieder ausgeblendet werden.
Externer Inhalt
Ich bin damit einverstanden, dass mir dieser externe Inhalt angezeigt wird. Es können dabei personenbezogene Daten an den Anbieter des Inhalts und Drittdienste übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

Immerhin ist die Moral der Mannschaft intakt. Wie schon so häufig unter Walter, der nach dem 1:3 mit der Hereinnahme von Stürmer Andras Nemeth für Rechtsverteidiger Moritz Heyer (62.) mutig wechselte, kamen die Hamburger noch einmal zurück. Erst sorgte Glatzel für den Anschluss (65.), dann traf der flankende Linksverteidiger Miro Muheim unter gütiger Mithilfe des Lauterer Torwarts Julian Krahl aus fast 50 Metern zum 3:3 (74.). „Ich muss der Mannschaft ein Kompliment machen, wie gut wir zurückgekommen sind“, sagte der Distanztorschütze.

Gegner wissen, wie sie den HSV ärgern können

Unter dem Strich kassiert der HSV allerdings gerade auswärts zu viele Gegentore. Dabei ist es fast schon erschreckend, wie einfach die Gegner zu Chancen kommen. Kaiserslautern spielte den Ball häufig über die aufgerückte Abwehrreihe in den freien Raum – in dem Wissen, dass die schnellen Angreifer die Laufduelle gegen die HSV-Verteidiger gewinnen werden.

Ein einfaches Mittel, das noch häufiger zu sehen sein wird. Denn die Mannschaften der Zweiten Liga haben längst verstanden, wie sie gegen den HSV punkten können. Für sein System einer hoch stehenden Abwehrkette fehlen Walter schnellere Verteidiger. Selbst wenn Guilherme Ramos in absehbarer Zeit wieder von Sebastian Schonlau ersetzt würde, wäre kaum Besserung in Sicht, denn auch der Kapitän hat seine Stärken nicht im Antritt.

Da Walter seine Defensivreihe nicht tiefer positionieren wird, drängt sich die Frage auf, wie auswärts die Wende gelingen soll? „Vielleicht können wir irgendwann mal weniger Fehler machen. Daran arbeiten wir“, antwortete Walter. Intern dürfte seine Analyse tiefgründiger ausfallen.

Babbel kritisiert HSV-Defensive

Mit Meffert äußerte nun der erste Profi Zweifel, den Aufstieg im sechsten Anlauf in dieser Form zu erreichen. „Wenn wir so weitermachen, dann werden wir nicht genug Punkte holen“, sagte der Mittelfeldorganisator und stöhnte über die vielen Ballverluste. „Wenn sie wirklich den ganz großen Wurf landen wollen, müssen sie defensiv stabiler werden“, sagte Sport1-Experte Markus Babbel.

Bereits am Dienstag in Bielefeld kann der HSV seinen Kritikern die passende Antwort geben. Es werde ein „richtiger Pokalfight“, kündigte Meffert an, während Walter Optimismus verbreitete, es „besser zu machen“ als in Kaiserslautern. Dafür muss der Trainer seiner Mannschaft allerdings auch Lösungen präsentieren.