Hamburg. Hoffmann verliert den Machtkampf im HSV-Vorstand. Zwei Aufsichtsräte treten daraufhin zurück. Ist Kühne der heimliche Sieger?
Die Webseite des HSV war am Sonnabendnachmittag kurzzeitig offline. Nachdem der Aufsichtsrat nach einer mehr als vierstündigen Sitzung die Trennung von Clubboss Bernd Hoffmann beschlossen hatte, waren die Zugriffe auf hsv.de so hoch, dass es zu einer Überlastung des Servers kam. Als die vereinseigene Homepage nach wenigen Minuten wieder abrufbar war, sprang den Usern Hoffmanns Abschiedsbotschaft in weißen Versalien ins Auge. Mit den Worten "es war mir eine Ehre, dem HSV zu dienen" ließ sich der 57-Jährige zitieren.
Damit endet auch die zweite Amtszeit des Alphatiers Hoffmann, das bereits von 2003 bis 2011 den Sitz des Vorstandsvorsitzenden innehatte. Damals fehlte ihm mit 7:5-Stimmen die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit im Aufsichtsrat. Diesmal reichte eine einfache Mehrheit (5:2) im siebenköpfigen Gremium, um sein Aus zu besiegeln.
"Ich bin stolz, dass ich den HSV insgesamt zehn Jahre lang führen durfte, und werde dem HSV natürlich als lebenslanges Mitglied weiter verbunden bleiben", sagte Hoffmann, der sich im Mai 2018 über den Umweg als Präsident und Aufsichtsratschef zurück auf den Posten des Vereinsvorsitzenden gekämpft hatte. 22 Monate später muss er nun erneut sein Büro auf der Geschäftsstelle im Volksparkstadion räumen.
Wegen Hoffmann: Köttgen tritt zurück
Mit Hoffmann gehen auch die Aufsichtsräte Max-Arnold Köttgen (Vorsitzender) und Thomas Schulz, die als Einzige für Hoffmann stimmten und nun mit sofortiger Wirkung zurücktreten. Beide Kontrolleure gelten als enge Vertraute Hoffmanns, sie zogen nun persönliche Konsequenzen aus der Entscheidung des Kontrollgremiums.
"Veränderungen im Vorstand vor dem Hintergrund der aktuell zu bewältigenden Anforderungen wegen der Coronakrise halte ich derzeit für verfehlt", sagte Köttgen, der gegen das Aus von Hoffmann votierte, dafür aber keine Mehrheit im Gremium fand. Seinen Rücktritt halte er deshalb "für notwendig": "Diese Entscheidung treffe ich schweren Herzens."
Marcell Jansen ist neuer Aufsichtsratschef
Neuer Chef des auf fünf Personen zusammengeschrumpften Aufsichtsrates ist nun Marcell Jansen. Die Vorstände Jonas Boldt (Sport) und Frank Wettstein (Finanzen) bilden vorerst die gemeinsame Doppelspitze der HSV Fußball AG. "Wir können uns in dieser schwersten Krisenzeit des gesamten Profifußballs keine Energieverluste und belasteten Vertrauensverhältnisse leisten", teilte Jansen auf der inzwischen wieder abrufbaren Webseite hsv.de mit. "Der volle Fokus muss auf die HSV-Interessen gerichtet sein.“
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Zoff im HSV-Vorstand: Hoffmann vs. Boldt und Wettstein
Hinter verschlossenen Türen tagte der Aufsichtsrat von 11 Uhr bis 15.20 Uhr im HSV-Campus, um über die Besetzung des Vorstands zu entscheiden. Dabei ging es vor allem um die Zukunft von Clubboss Bernd Hoffmann und die personellen Konsequenzen eines internen Machtkampfes. Finanzvorstand Frank Wettstein hatte am vergangenen Mittwoch gegenüber den Aufsichtsräten Köttgen, Jansen und Vize-Kontrollchef Andreas Peters deutlich gemacht, dass es für ihn keine Grundlage mehr für eine gemeinsame Zusammenarbeit mit Hoffmann gebe.
Auch Sportvorstand Jonas Boldt ist mit Hoffmann zerstritten, und so musste der Aufsichtsrat im Sinne des Clubs darüber entscheiden, welcher der Bosse in seiner Funktion wichtiger für den HSV scheint.
Bis auf den Vorsitzenden Köttgen verließen die Räte am Nachmittag den Campus nacheinander. Den Anfang machten Michael Krall und Vizepräsident Thomas Schulz, es folgten Felix Goedhart, Andreas Peters, Kühne-Vertrauter Frömming und schließlich Marcell Jansen. Im Anschluss, um 16.10 Uhr, wurde die Entscheidung der Krisensitzung verkündet: Hoffmann hat keine Zukunft mehr beim HSV.
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Hoffmann-Aus beim HSV: Ist Kühne der Gewinner?
Köttgen, Jansen und Peters berichteten ihren Ratsmitgliedern zunächst über die am Mittwoch geführten Einzelgespräche mit den drei Vorständen. Danach kam es zu einer Kampfabstimmung, bei der das Aus für Bernd Hoffmann mit 5:2-Stimmen besiegelt wurde.
Eine entscheidende Rolle im Machtkampf des HSV könnte auch Investor Klaus-Michael Kühne eingenommen haben, der als Gegner Hoffmanns gilt und sich zuletzt öffentlich für einen Vorstandsposten von Jansen ausgesprochen hatte. Hoffmann verfolgte bis zuletzt die Strategie, den HSV von Kühne zu emanzipieren. Wettstein dagegen ist im Verein der erste Ansprechpartner für Kühne, und auch Jansen pflegt seit Jahren ein gutes Verhältnis zu dem Logistikunternehmer.
Mit der Entscheidung vom Sonnabend könnte Kühne nun wieder mehr Einfluss beim HSV gewinnen. Zumindest ist der Milliardär mit Hoffmann einen seiner größten Gegenspieler im Verein losgeworden. "Ich bin sicher, dass wir unseren Club wieder in der Bundesliga und nach Corona auch wieder mit unseren fantastischen Fans im Volkspark und in den Stadien der Bundesliga sehen werden", sagt nicht etwa Kühne, sondern der geschasste Hoffmann – über die Webseite hsv.de.