Hamburg. In Einzelgesprächen positionieren sich Boldt und Wettstein klar gegen eine gemeinsame Zukunft. Jetzt liegt der Ball beim Aufsichtsrat.

Im Porsche Cayenne fuhr Max-Arnold Köttgen am Mittwochvormittag gegen 11.20 Uhr am Volksparkstadion vor. Nach dem Aufsichtsratsvorsitzenden der HSV Fußball AG folgte wenig später sein Stellvertreter Andreas Peters, um 12 Uhr wurde auch Präsident Marcell Jansen von seiner Freundin im Smart am Stadion abgesetzt. Die drei Kontrolleure baten zur Sprechstunde.

Wie das Abendblatt bereits am Montag berichtet hatte, mussten nacheinander die HSV-Vorstände Frank Wettstein (Finanzen), Jonas Boldt (Sport) und schließlich Vorstandschef Bernd Hoffmann vor dem Teilausschuss des Aufsichtsrates Rede und Antwort stehen. Das Thema war allen bekannt: Die Zerwürfnisse innerhalb der Vorstandsetage.

Was noch immer nicht bekannt ist: Wie sieht die Lösung in diesem wohl nicht mehr zu schlichtenden Streit nun aus? Es war etwa 15.30 Uhr, als Kontrollchef Köttgen am Mittwoch das Stadiongelände verließ. Auch der Vorstandsvorsitzende Hoffmann folgte wenige Minuten später.

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Hoffmann oder Boldt/Wettstein? HSV-Aufsichtsrat entscheidet Sonnabend

Nachdem der Aufsichtsrat mit allen drei Vorständen jeweils rund eine Stunde lang gesprochen hatte, dürfte allen klar sein, dass eine Entscheidung jetzt fallen muss. Und die entscheidende Frage lautet: Findet sich im Aufsichtsrat eine Mehrheit, um entweder Vorstandschef Hoffmann oder dessen Kollegen Boldt und Wettstein zu kündigen?

Nach Abendblatt-Informationen wird der Aufsichtsrat am Sonnabend zu einer außerordentlichen Sitzung zusammenkommen. Dann werden Köttgen, Jansen und Peters die Ergebnisse der Gespräche ihren Gremiumskollegen Michael Krall, Markus Frömming, Felix Goedhardt und Thomas Schulz vortragen. Anschließend, darauf spitzt sich alles zu, dürfte es zu einer Abstimmung über die Zukunft der drei Vorstände kommen. Nach nicht einmal einem Jahr scheint es für den dreiköpfigen Vorstand keine gemeinsame Basis mehr zu geben.

Köttgen gilt als Vertrauter Hoffmanns

Wettstein, Boldt und Hoffmann wollten sich am Mittwoch nach ihren Gesprächsterminen auf Abendblatt-Nachfrage nicht äußern. Auch von den beteiligten Aufsichtsräten gab es keine offiziellen Aussagen. In den kommenden Tagen dürften aber noch einmal alle Beteiligten untereinander versuchen, Kontakt aufzunehmen und an etwaigen Mehrheitsverhältnissen für den wahrscheinlichen Fall einer Abstimmung im Kontrollgremium zu arbeiten. Zur Erinnerung: Im siebenköpfigen Aufsichtsrat reicht eine einfache Mehrheit, um eine Personalentscheidung herbeizuführen.

Vor allem Kontrollchef Köttgen dürfte in den kommenden Tagen einige schlaflose Nächte verbringen. Seit rund zwei Jahren leitet er den Aufsichtsrat des HSV. Dabei musste der 62-Jährige schon mehrfach unangenehme Entscheidungen verkünden. Eine mögliche Trennung von Hoffmann dürfte Köttgen aber besonders schwerfallen.

Die beiden verbindet eine enge Beziehung, seit sie Anfang des Jahres 2018 zusammen in den Aufsichtsrat zogen und als eine der ersten Amtshandlungen gemeinsam den damaligen Vorstandschef Heribert Bruchhagen die Beurlaubung mitteilten.

Boldt und Wettstein sehen keine Basis mit Hoffmann

Rund drei Monate später wurde Hoffmann vom Posten des Aufsichtsratsvorsitzenden auf den Posten des Vorstandsvorsitzenden entsendet. Der HSV war gerade zum ersten Mal in der Vereinsgeschichte in die Zweite Liga abgestiegen. Nach dem gescheiterten Wiederaufstieg in der vergangenen Saison soll es in dieser Spielzeit klappen.

Das ist auch immer noch möglich. Wenn der HSV nach der Coronakrise wieder den Spielbetrieb aufnimmt, dürfte der Vorstand aber nicht mehr derselbe sein. Nach Abendblatt-Informationen haben vor allem Boldt und Wettstein in den Einzelgesprächen eindringlich betont, dass es in der aktuellen Konstellation keine Basis für eine weitere Zusammenarbeit gebe. Genau diese wollen aber Teile des Aufsichtsrats bis zum Sonnabend doch noch forcieren.

Hoffmann jedenfalls hat betont, dass er sich durchaus noch eine Zukunft mit seinen Vorstandskollegen vorstellen könne und die Differenzen offenbar gar nicht als so unausweichlich empfinde. Diese Haltung dürfte jedoch nichts mehr daran ändern, dass der Aufsichtsrat jetzt eine Entscheidung herbeiführen muss.

Köttgen wollte für Kontinuität sorgen

Dabei hatte dessen Vorsitzender noch vor wenigen Monaten an eine langfristige Zusammenarbeit geglaubt. „Es wäre wünschenswert, wenn mit dem aktuellen Vorstandsteam die Kontinuität zu schaffen wäre, die wir beim HSV in den vergangenen Jahren vermisst haben“, hatte Köttgen in einem Interview mit dem Abendblatt Mitte November gesagt.

Finanzchef Wettstein hatte gerade seinen Vertrag bis 2022 verlängert. Auch über die Arbeit von Hoffmann war Köttgen voll des Lobes. Und über Sportvorstand Boldt sagte er: „Er bringt genau das mit, was wir für diese so wichtige Position gesucht haben.“

Wessen Qualitäten der Aufsichtsrat für die Zukunft des HSV am wichtigsten einschätzt, muss er nun abwägen. Viermal im Jahr trifft sich das Gremium zu sogenannten Regelaufsichtsratssitzungen. Nach Bedarf kann es zusätzliche Sitzungen geben. Dieser Bedarf ist am Sonnabend gekommen.

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