Hamburg. Der frühere Profi und Trainer hat beim HSV manche Krise erlebt. Aber die jüngste Eskalation befremdet sogar ihn.

Für Ex-Trainer Thomas Doll (53) ist der jüngste Streit im Vorstand beim HSV inmitten der Coronakrise inklusive der Freistellung des ehemaligen Clubchefs Bernd Hoffmann „schon ein echter Hammer. Unruhe ist in Hamburg nichts Neues, aber dass es so ausgeartet ist, das ist schon ziemlich hart“, sagte Doll dem Sport-Informations-Dienst (SID).

Im Sommer habe es an der Elbe noch nach Einigkeit ausgesehen, „da habe ich mich so drüber gefreut. Und jetzt explodiert es dermaßen, das kann ich überhaupt nicht verstehen“, sagte Doll, der insgesamt vier Jahre für den HSV gespielt hat und den Traditionsclub zwischen 2004 und 2007 trainierte.

Doll: "Gräben beim HSV sehr tief"

Thomas Doll (l. ) trainierte in Bernd Hoffmanns erster Amtszeit als Vorstandsvorsitzender von 2004 bis 2007 den HSV.
Thomas Doll (l. ) trainierte in Bernd Hoffmanns erster Amtszeit als Vorstandsvorsitzender von 2004 bis 2007 den HSV. © imago/Team 2

Dass Hoffmann im Streit mit den anderen beiden Vorständen Frank Wettstein und Jonas Boldt gehen musste, hat Vereinsidol Doll überrascht. „Ich kenne Bernd Hoffmann als jemanden, der gerade ist und seinen Weg geht“, sagte er: „Da müssen die Gräben im Vorstand sehr tief gewesen sein, dass es kein Miteinander mehr geben konnte.“

Trotz der jüngsten Unruhen rechnet Doll damit, dass dem HSV die Rückkehr in die Bundesliga gelingt – sofern die Saison zu Ende gespielt werden kann. „Dieter (Hecking, Anm. d. Red.) ist erfahren genug, den Blick auf das Wesentliche zu lenken. Sie werden es am Ende schaffen“, sagte er über den derzeitigen Tabellendritten: „Ganz Hamburg wird zusammenrücken und die Mannschaft in die erste Liga tragen. Davon bin ich überzeugt. Die Mannschaft hat die Qualität, sie muss jetzt aber auch Flagge zeigen.“

Corona: Doll plädiert für Geisterspiele

Doll hat sich ausdrücklich für die baldige Austragung von Geisterspielen ausgesprochen. Neben wirtschaftlichen und sportlichen Gründen unterstreicht der Ex-Nationalspieler die gesellschaftliche Bedeutung von Fußballspielen in Zeiten der Coronapandemie.

„Die Menschen sehnen sich danach, mal wieder den Fernseher anzumachen und den Ball rollen zu sehen. Es ist sehr wichtig, die Leute zu beschäftigen“, sagte Doll. Angesichts der „schlimmen Nachrichten, die uns aktuell aus aller Welt erreichen, ist Fußball doch nach wie vor die schönste Nebensache der Welt. Und da wäre es einfach schön, wenn man Ende April oder Anfang Mai den Fernseher anmachen könnte und man beim Fußball ein bisschen Ablenkung bekommt.“

Doll schaut Spiele von sich als Trainer

Ihm selbst fehle der Fußball sehr, sagte der frühere Coach von Borussia Dortmund und des HSV. „Ich mache jetzt öfter mal den Fernseher an und gucke irgendwelche Klassiker oder lasse alte Spiele laufen, bei denen ich als Trainer dabei war“, sagte Doll, dessen letztes Engagement in Deutschland im vergangenen Jahr Hannover 96 war: „Aber so ein richtiges Livespiel, bei dem es um Punkte geht und man mitfiebern kann – das fehlt uns allen.“

Die aktuelle Situation im Fußball bezeichnete Doll als „existenziell“. An Geisterspielen, „um ganze Vereine und damit den Fußball zu retten“, betonte Doll, „kommen wir wohl nicht drumherum - sofern die Gesundheit der Spieler sichergestellt ist.“