Vor dem Duell Freiburg gegen den HSV sprach der unbekannteste Trainer der Liga, Marcus Sorg, über seinen Traumberuf und Frank Arnesen.

Hamburg/Freiburg. Am Sonntag trifft der SC Freiburg auf den Tabellenletzten HSV. Auf der Bank der Freiburger saßen jahrelang Volker Finke und anschließend Robin Dutt. Nun hat dort Marcus Sorg Platz genommen. Der wohl unbekannteste Trainer des großen Bundesliga-Geschäfts. Abendblatt.de hat mit dem Mann gesprochen, der gar nicht im Rampenlicht stehen will ...

Hamburger Abendblatt: Herr Sorg, Sie gelten als der unbekannteste Trainer der Bundesliga. Liegt das an den ignoranten Medien oder daran, dass Sie nur ungern etwas über sich preisgeben?

Marcus Sorg: Ich komme aus Baden-Württemberg, da sind die Menschen generell ein wenig reservierter. Ich war jedenfalls schon immer etwas zurückhaltender. Vielleicht passe ich aber auch gerade deswegen besser nach Freiburg als sonst wohin. Ich brauche keinen Prominenten-Status.

Sie haben sehr lange erfolgreich im Hintergrund gearbeitet. Mussten Sie überlegen, als Sie das Angebot bekamen, als Bundesligatrainer zu arbeiten?

Sorg: Ich musste überhaupt nicht überlegen. Das Schöne war ja, dass ich mit den gleichen Kollegen im gleichen Klub weiterarbeiten durfte, nur ein paar Ligen höher. Für mich war das ganz einfach die Bestätigung meiner Arbeit und die meiner Kollegen im Trainerteam, die wir gemeinsam in den Jahren zuvor geleistet haben.

Waren Sie bei Ihrer ersten Ansprache an die Profis nervös?

Sorg: Ich bin seit zwölf Jahren Trainer und habe schon unzählige Ansprachen gehalten, aber bei meinem ersten Auftritt in der Profikabine war ich natürlich etwas angespannter als sonst. Ich habe nichts auswendig gelernt oder mir Notizen gemacht, am Ende war es ja nur eine ganz normale Vorstellungsrunde.

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Was ist der größte Unterschied zwischen Ihrer Arbeit mit der zweiten Mannschaft und den Profis?

Sorg: In der Bundesliga wird die Arbeit eines Trainers im Abstand von sieben Tagen gemessen. Für die Öffentlichkeit zählt nur das nackte Ergebnis. Wir leben in einer Leistungsgesellschaft – auch hier in Freiburg. Bei der zweiten Mannschaft ging es viel mehr darum, junge Spieler perspektivisch auszubilden. Man hat mehr Zeit für langfristige Ziele.

Wie hat sich die Beförderung auf Ihr Privatleben ausgewirkt?

Sorg: Natürlich werde ich häufiger erkannt und angesprochen. Aber in Freiburg ist das wahrscheinlich eher harmlos im Vergleich zu Städten wie Hamburg oder München. Insgesamt hat sich für mich persönlich nicht viel geändert, was ich auch bewusst versuche zu steuern. Ich will beispielsweise nur über den Trainer Sorg sprechen. Mein Privatleben bleibt privat.

Der Trainer Sorg hat nie in der Bundesliga Fußball gespielt, genauso wenig wie Thomas Tuchel oder Jürgen Klopp. Braucht man diese Erfahrungen als Trainer heute nicht mehr?

Sorg: Der Trainerberuf hat sich in den vergangenen Jahren extrem verändert. Die Anforderungen sind ganz andere als früher. Für mich ist es ein Beruf, den man wie jeden anderen auch erlernen sollte. Das heißt nicht, dass Erfahrungen als Profi schädlich sind, sie sind aber genauso wenig Voraussetzung. Ein Trainer lebt von seiner Akzeptanz, diese bekommt man nicht zwangsläufig, nur weil man in der Bundesliga gespielt hat.

Sie sind ausgebildeter Diplom-Ingenieur für Grundlagen- und Bauphysik, haben bereits fünf Jahre in einem Ingenieursbüro gearbeitet. Ist der Trainerjob trotzdem Ihr Traumberuf?

Sorg: Absolut. Ich habe es nicht einen einzigen Tag in den vergangenen zwölf Jahren bereut, hauptberuflich Fußballlehrer zu werden. Dabei habe ich auch schon zwei Durststrecken hinter mir. Trotzdem kann ich mir nicht mehr vorstellen, einfach wieder in meinen alten Beruf zu wechseln.

In Hamburg gab es acht Trainer in den vergangenen acht Jahren. Schrecken Sie derartige Statistiken nicht ab?

Sorg: Nein. Die meisten Vereine haben mittlerweile derart hohe Ziele, dass diese oft ganz schwer zu erreichen sind. Als Trainer muss man also damit rechnen, früher oder später einen Ortswechsel in Kauf zu nehmen. In Freiburg haben alle eine sehr realistische Einschätzung unserer Möglichkeiten und das ist neben dem Zusammenhalt eine unserer größten Stärken, welche dann auch dem Trainer entgegen komemen, auch wenn der Druck hier genauso existiert.

Spielt es in Ihren Überlegungen für das Spiel am Sonntag eine Rolle, dass jetzt Frank Arnesen statt Rodolfo Cardoso die Aufstellung macht?

Sorg: Jeder Trainer hat seine ganz eigenen Überlegungen, sicherlich auch der Herr Arnesen. Insofern weiß ich, dass uns am Sonntag die eine oder andere Überraschung erwarten kann.

Halten Sie es für möglich, dass irgendwann mal in Freiburg der Sportchef als Trainer auf der Bank sitzt?

Sorg: Das kann ich mir ehrlich gesagt nicht vorstellen. Unser Sportdirektor ist Jurist und hat glücklicherweise ja auch keinen Trainerschein.