Der Universitätsrat, der die Hochschulen in Flensburg, Lübeck und Kiel berät, tritt zurück. Regierung nennt Rücktritt „nicht nachvollziehbar“.

Kiel. Die Sparliste der Kieler Koalition hat auf breiter Front Kritiker auf den Plan gerufen. Einen Tag nach Verabschiedung des Millionen-Sparprogramms durch das schwarz-gelbe Kabinett trat der Universitätsrat Schleswig-Holstein am Donnerstag aus Protest zurück. Blinde und Sehbehinderte demonstrierten vor dem Landtag in Kiel gegen die Kürzung des Landesblindengeldes. Umweltschützer kritisierten Streichungen beim Öko-Landbau, die dänische Minderheit rechnet mit der Schließung eines großen Teils ihrer Schulen. Der Deutsche Kulturrat forderte einen Nothilfefonds des Bundes, um Einsparungen in der Kultur wie im Norden geplant abzufedern.

Die Koalition von Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) will die Ausgaben drastisch kürzen und so die Handlungsfähigkeit des mit fast 25 Milliarden Euro verschuldeten Landes sichern. Dazu sollen die Zuwendungen an die verschiedensten Empfänger um 250 Millionen Euro sinken. Unternehmensverbände, Steuerzahlerbund und Industrie- und Handelskammer sehen Schleswig-Holstein damit auf einem guten Weg - trotz Einschnitten auch in der Wirtschaft. Doch für die Betroffenen werden die Einsparungen, mit denen sie nach Verabschiedung des Doppelhaushaltes 2011/2012 im Dezember rechnen müssen, konkret.

Der Universitätsrat, der die Hochschulen in Flensburg, Lübeck und Kiel berät, trat zurück, weil er die Hochschullandschaft im Norden dramatisch geschwächt sieht. Die Universität Lübeck soll ihren Studiengang Medizin verlieren und die Uni in Flensburg alle wirtschaftswissenschaftlichen Studiengänge. Diese Entscheidungen „untergraben alle bisherigen Bemühungen um Qualität, Attraktivität und Innovationskraft es Hochschulsystems in Schleswig-Holstein“, erklärten die Mitglieder des Rats.

CDU und FDP nannten den Rücktritt „nicht nachvollziehbar“. Die Opposition dagegen äußerte Verständnis. Die Grünen sprachen von einem „hochschulpolitischen Scherbenhaufen“ und forderten einen Hochschulgipfel für Schleswig-Holstein.

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Mit einer Mahnwache protestierte der Blinden- und Sehbehindertenverein gegen die Kürzung des Landesblindengeldes von monatlich 400 auf 200 Euro für Erwachsene, anschließend wurde er im Sozialausschuss angehört. Das Kieler Präventionsbüro Petze, das sich dem Schutz vor sexuellem Missbrauch verschrieben hat, wandte sich wegen drohender Streichungen mit einem Brief an die Abgeordneten.

Die dänische Minderheit befürchtet, dass 20 ihrer 47 Schulen schließen müssen, weil die Landszuschüsse sinken. Die Kürzung betrage pro Jahr mindestens 4,7 Millionen Euro, teilte der Gemeinsame Südschleswigsche Rat mit. Auch die Volkshochschulen rechnen mit Entlassungen und Schließungen. Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) sieht den Öko-Landbau gefährdet, weil Schleswig-Holstein die dauerhafte Förderung streichen und damit 800000 Euro an Landesmitteln ab 2013 sparen will.

„In Schleswig-Holstein wird Tabula rasa gemacht“, kritisierte der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrats, Olaf Zimmermann. Er schlug einen Nothilfefonds des Bundes vor, mit dem Einsparungen wie bei dem international renommierten Festival JazzBaltica geplant überbrückt werden könnten. „Wir haben auch eine nationale Verantwortung, was Schleswig-Holstein anbetrifft.“