Niedersachsen neuer Umweltminister bleibt gelassen bei der Suche nach einem Atom-Endlager. Am Freitag besuchte er den Salzstock in Gorleben.
Gorleben. Stefan Birkner gibt sich ruhig und gelassen - auch bei der Suche nach einem Atomendlager. Dabei ist die Nutzung des Salzstocks in Gorleben seit Jahrzehnten ein Dauer-Streitthema. Niedersachsens neuer Ministerpräsident ist aber um Sachlichkeit bemüht. „Ich lasse mich bei dem Thema nicht unter Druck setzen“, betonte der FDP-Politiker, als er am Freitag das Erkundungsbergwerk in Gorleben besuchte – zum ersten Mal in seiner Amtszeit als Minister.
Unter Druck gesetzt fühle er sich bei diesem Thema nicht, betont er. Birkner lässt sich nicht aus der Ruhe bringen, weder durch die seit rund 35 Jahren andauernden Proteste gegen den Plan, ein nationales Endlager für hoch radioaktiven Abfall im Wendland einzurichten, noch durch die immense Summe von rund 1,6 Milliarden Euro, die das Erkundungsbergwerk bislang gekostet hat.
„Am Ende entscheidet die Geologie, wo wir in Deutschland unseren Atommüll sicher lagern können – nicht die Politik“, sagt Birkner. Deshalb sei es auch so wichtig, dass jetzt verlässliche Kriterien festgelegt würden, die ein Endlager erfüllen muss. Der FDP-Politiker erwartet, dass sich in den kommenden Wochen entscheiden wird, ob die Erkundungsarbeiten in Gorleben von Herbst an wieder ruhen. „Diesen Kompromissvorschlag hatten Ministerpräsident David McAllister und ich Ende letzten Jahres im Hinblick auf das Endlagersuchgesetz gemacht“, sagt Birkner.
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Doch noch ist dies Zukunftsmusik. Am Freitag geht es für Birkner und einen Tross Journalisten, die ihn begleiten, erst mal unter Tage. In einer Tiefe von 840 Metern will sich der mit 39 Jahren jüngste Landesminister knapp drei Wochen nach seiner Vereidigung ein aktuelles Bild von den Arbeiten machen.
Begleitet wird er dabei von Wolfram König, dem Präsidenten des verantwortlichen Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS). König führt ihn bei dem Ausflug zur Bohrstelle 1.2. Experten prüfen dort mit einer 99 Meter tiefen Bohrung, inwieweit das Salz dicht ist oder ob das eingepresst Gas durch Risse entweichen kann.
„Wir sammeln hier Erkenntnisse, ob der Salzstock geologisch geeignet ist“, betont König. Dazu erkunden die Experten die rund 250 Millionen Jahre alte Geschichte des Salzes, um dann eine Prognose für die anvisierten eine Million Jahre Einlagerungszeit zu erstellen. „Das sind alles Zeiträume, die für uns kleine Menschen kaum zu überblicken sind“, sagt Birkner.
Nach einer BfS-Prognose werden in Deutschland bis 2040 rund 29 000 Tonnen hoch radioaktive Abfälle anfallen. „Dafür brauchen wir einen sichern Ort“, sagt Birkner, fügt aber hinzu: „Kein Standort wird perfekt sein. Jeder wird seine Vor- und Nachteile haben.“
Nach dem Salzstock geht Birkners Fahrt weiter zum Zwischenlager. Auch dort informiert er sich über den aktuellen Stand der Dinge. Im November waren dort trotz massiver Proteste elf weitere Castoren eingelagert worden. Insgesamt stehen nun 131 Behälter mit hoch radioaktivem Müll in der mit Stacheldraht geschützten Halle.
Vor dem Tor kommt es dann zu einer kurzen Begegnung mit Atomkraftgegnern. „Ich würde sie gerne zu einem Treffen einladen“, sagt Kerstin Rudek, Vorsitzende der Bürgerinitiative Umweltschutz. Im Vorfeld der Reise hatten die Atomkraftgegner im Wendland massiv kritisiert, dass Birkner bei seinem Tagesausflug keine Zeit für ein gemeinsames Gespräch hat. „Es gab keine Einladung“, kontert Birkner.
Ungeachtet des Vorgeplänkels begrüßt Birkner die Protestler lächelnd, schüttelt Hände: „Ich bin gesprächsbereit, wenn wir sachlich diskutieren.“ Ein Streitpunkt ist dabei schon jetzt klar: Für Birkner muss Gorleben bei der bundesweiten Endlagersuche mit im Spiel bleiben. „Nur so ist ein echter Konsens möglich.“
Die Position der Atomkraftgegner ist dagegen seit 35 Jahren dieselbe: „Gorleben ist nicht geeignet, darüber lassen wir nicht mit uns verhandeln“, sagt Rudek und fügt hinzu: „Wir haben schon viele Umweltminister kommen und gehen sehen.“ (dpa)