Steine und Böller flogen, die Polizei setzte Wasserwerfer ein. 800 Aktivisten hatten eine Kreuzung besetzt und sich geweigert, diese zu räumen.

Lüchow/Hannover/Paris. Bei den Protesten sind nach Angaben der Polizei sieben Beamte verletzt worden, nachdem sie mit Steinen und Reizgas angegriffen wurden. Die Polizei soll ihrerseits Wasserwerfer, Tränengas und Schlagstöcke gegen die etwa 800 Demonstranten eigesetzt haben. Zuvor weigerten sich die Aktivisten, eine besetzte Straßenkreuzung bei Metzingen im Kreis Lüchow-Dannenberg zu räumen. Bei den Rangeleien sollen auch mehrere Demonstranten verletzt worden sein. Einige Castor-Gegner hätten zudem Böller gezündet. Am Abend nahm die Polizei dann erstmals vier Aktivisten fest. Das sagte ein Sprecher des Presseteams "Castor“ der Lüneburger Polizei.

Die Polizei bestätigte zunächst nur den Einsatz von Wasserwerfern. Ein Sprecher des Polizei-Presseteams "Castor“ sagte weiter, die Beamten seien auf einer Kreuzung der B 216 bei Metzingen im Kreis Lüchow-Dannenberg nach einer Kundgebung mit Feuerwerkskörpern und Farbbeuteln attackiert worden. Zu der Kundgebung aufgerufen hatte die Bürgerinitiative (BI) Umweltschutz Lüchow-Dannenberg. Deren Vorsitzende, Kerstin Rudek, rief Polizisten zum Desertieren auf. Sie sagte: "Wer noch Kinder bekommen möchte, sollte desertieren und weglaufen". Hintergrund ist die Sorge der Atomkraftgegner über die mögliche Strahlenbelastung der Polizisten durch die Begleitung des Castors. Die französische Anti-Atom-Organisation „Sortir du nucléaire“ hatte zuvor bei der Fahrt des Castor-Zugs durch Frankreich in zwei Metern Entfernung ein Strahlenwert von 1,65 Mikro-Sievert je Stunde gemessen - ein Vielfaches des in Deutschland gültigen Grenzwertes. Rudek nannte den den Transport daher eine „große Gefahr“ für Bevölkerung und Beteiligte.

Unterdessen hat der Castor-Transport mit hoch radioaktivem Atommüll begleitet von Protesten und massiven Sicherheitsvorkehrungen kurz vor der deutschen Grenze einen Zwischenstopp eingelegt. Am Donnerstagabend hatte sich der Zug bis auf wenige Kilometer der deutschen Grenze genähert. Aus Polizeikreisen hieß es, die elf Spezialbehälter würden nach dem Stopp voraussichtlich am Freitag weiter durch Deutschland ins Zwischenlager Gorleben fahren. Eine offizielle Bestätigung gibt es aus Sicherheitsgründen nicht. Der Transport war am Mittwoch in Frankreich gestartet.

Unterdessen haben Atomkraftgegner im Wendland umstrittene Protestaktionen an den Gleisen gegen den Castor-Transport angekündigt. Die Mitglieder der Kampagne „Castor Schottern“ wollen wieder massenhaft Steine aus dem Gleisbett wühlen und so die Strecke des Zuges unpassierbar machen. „Wir werden so viele Schottersteine entfernen, bis die Gleise schweben“, sagte ein Sprecher der Gruppe am Donnerstag in Dannenberg.

+++ Klos aus Pappe: Castor-Polizisten bekommen "Shit-Boxen" +++

Die Aktionen sollen ausschließlich an der Eisenbahnstrecke zwischen Lüneburg und Dannenberg stattfinden. Die Sicherheitsbehörden sehen im Entfernen von Steinen aus dem Gleisbett eine Straftat. Im vergangenen Jahr war die Polizei gegen die Schotterer vorgegangen.

+++ 2000 Schüler läuten Protestphase ein +++

Die niedersächsische CDU-Fraktion hat eine Verharmlosung krimineller Protestformen während des Castor-Transports kritisiert. Aktionen wie „Castor schottern“ hätten nichts mit zivilem Ungehorsam zu tun, sagte der polizeipolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Thomas Adasch, am Donnerstag. Dass Politiker der Linken dazu aufriefen, Gleisanlagen zu zerstören, sei „unerträglich“ und zeige das gespaltene Verhältnis der Linken zur Demokratie. Auch die Grünen hätten sich nicht eindeutig gegen solche Aktionen positioniert.

Am Donnerstag protestierten Atomkraftgener in Rheinland-Pfalz und Hessen friedlich an möglichen Streckenabschnitten gegen den Atomzug. Im pfälzischen Berg versammelten sich am Vormittag nach Polizeiangaben rund 250 Demonstranten. Laut Augenzeugen war die Polizei mit etwa genauso vielen Beamten und ohne schweres Gerät – wie Wasserwerfer – präsent.

Mit Material von dpa und dapd