Segelschulschiff sorgt bei Kieler Woche für Diskussionen. Kritik an der Entscheidung, Schiff nicht an der Windjammerparade teilnehmen zu lassen.

Kiel. "Das ist ein reines Politikum“, poltert Petra Pfeiffer los. „Das ist Blödsinn, einfach nur eine Dummheit!“ Die Entscheidung, das Segelschulschiff „Gorch Fock“ nicht bei der Windjammerparade der Kieler Woche mitfahren zu lassen, kann die leidenschaftliche Seglerin überhaupt nicht verstehen. „Eine reine politische Entscheidung, und die Bevölkerung fragt keiner“, sagt sie kopfschüttelnd.

So aufgebracht wie Petra Pfeiffer sind nicht alle. Aber dennoch vertreten viele Besucher bei den "Open Ship“-Tagen der Kieler Woche die gleiche Meinung. Vor allem die Art und Weise, wie in den vergangenen Monaten in der Öffentlichkeit mit dem Traditionssegler umgegangen wurde, stört viele. "So ein Unfall kann immer passieren, darüber ist viel zu viel geredet worden“, ereifert sich ein älterer Mann.

Im vergangenen November war eine junge Kadettin aus der Takelage des Segelschulschiffs gestürzt und ums Leben gekommen. Seitdem gerät die Bark immer wieder in die Schlagzeilen. An der Windjammerparade der Kieler Woche, die die "Gorch Fock“ traditionell anführt, darf sie dieses Jahr nicht teilnehmen. Die Staatsanwaltschaft gab zwar bekannt, dass es keine strafrechtlichen Konsequenzen geben wird - aber die Affäre ist damit noch nicht vollständig aufgeklärt. Bis das der Fall ist, muss der Dreimaster am Kai bleiben.

Bei der Besatzung des Traditionsseglers ist die Stimmung während der Zwangspause gemischt. "Ich wäre schon gerne gefahren. Die "Gorch Fock“ gibt bei der Windjammerparade immer ein schönes Bild ab“, sagt Michael Schwicke, der die letzten 20 Monate auf dem Schiff verbracht hat. Ein Marineoffizier glaubt: „Die Besatzung genießt das sicherlich auch, sich an der Kieler Woche beteiligen zu können, ohne segeln zu müssen. Das ist nämlich harte Arbeit.“

Die "Bordkameradschaft ehemalige Stammbesatzung der Gorch Fock“, ein Zusammenschluss von früheren Besatzungsmitgliedern, hat in einem offenen Brief darum gebeten, die "Gorch Fock“ die Parade anführen zu lassen. "Wir können einfach nicht nachvollziehen, auf was man noch wartet“, sagte Schriftführer Hermann Dirkes.

Einige Besucher auf der "Gorch Fock“ finden die Entscheidung, die Bark im Hafen zu lassen, aber auch völlig in Ordnung. "Das ist schade, aber das muss man verstehen“, sagt Uwe Frey. "Einmal darf man das ruhig so machen, solange sie nächstes Jahr wieder mitfährt.“ Und auch Karin und Rudi Haß aus dem westfälischen Hagen, die an diesem Tag den Segler besichtigen, sehen das ähnlich. "Es ist zwar schade, aber auf der anderen Seite kann man das auch verstehen.“

Wenige Kilometer vom Marinestützpunkt und der "Gorch Fock“ entfernt macht seit Freitagmittag die "Alexander von Humboldt“ fest. Das Schiff mit den charakteristischen grünen Segeln wird die "Gorch Fock“ vertreten und die Windjammerparade anführen. Im September endet die Karriere des Großseglers nach mehr als 500 000 Seemeilen – sein Nachfolger, die "Alex II“, ist schon gebaut. "Für uns ist es eine besondere Ehre, bei unserem letzten Besuch in Kiel das Führungsschiff zu sein“, betont Kapitän Peter Burhorn.

Für den Umgang mit der Affäre rund um die "Gorch Fock“ in den letzten Monaten hat aber auch er kein Verständnis. "Wir fühlen mit der "Gorch Fock„“, sagt Burhorn. "Wer vom Segeln Ahnung hat, der versteht, dass das nicht ganz korrekt war.“

Die "Gorch Fock“ ist das älteste Schiff der deutschen Marine. Sie gilt als Botschafterin Deutschlands auf den Weltmeeren. Für viele Kieler ist es eine Herzensangelegenheit, dass "ihre Gorch Fock“ bei der Parade dabei ist. "Die 'Gorch Fock' ist auf der ganzen Welt gern gesehen“, meint Petra Pfeiffer. "Ohne sie fehlt bei der Parade einfach etwas.“