Der Betreiber Eon ist der Weisung des Umweltministeriums gefolgt: Niedersachsens ältester Atommeiler ist seit heute abgeschaltet.

Stadland. Nach der Weisung des niedersächsischen Umweltministeriums ist am Freitag das Atomkraftwerk Unterweser in Stadland (Kreis Wesermarsch) vom Netz genommen worden. Eon folge der Weisung, das Akw abzuschalten, teilte das Unternehmen mit. Vor dem Hintergrund der Atomkatastrophe in Japan hatte sich die Bundesregierung mit den Ländern darauf verständigt, die sieben ältesten Meiler in Deutschland vorübergehend für drei Monate abzuschalten. Die Kraftwerke sollen zusätzlichen Sicherheitsprüfungen unterzogen werden. Der Betreiber wies in einer Mitteilung darauf hin, dass Unterweser allen strengen Anforderung des deutschen Atomrechts entspreche.

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Das Kernkraftwerk Unterweser wird in der Nacht zu Freitag abgeschaltet. Damit wird das älteste Atomkraftwerk in Niedersachsen, knapp eine Woche nach dem verheerenden Erdbeben und dem Tsunami, die eine Atomkatastrophe in Japan nach sich gezogen hatten, vom Netz genommen. Zuvor hatte Betreiber Eon zunächst den mündlich geäußerten Wunsch von Ministerpräsident David McAllister und Bundeskanzlerin Angela Merkel (beide CDU) wissentlich nicht beachtet. "Wir als Unternehmen haben am Ende natürlich auch gegenüber unseren Shareholdern eine Verantwortung“, sagte der Chef von Eon-Kernkraft, Bernhard Fischer. Deshalb habe das Unternehmen auf eine klare Ansage gewartet. Da diese nun in schriftlicher Form vorliege, werde das Unternehmen handeln und das AKW vom Netz nehmen - zumindest für drei Monate. Eon ist fest davon überzeugt, dass trotz des dreimonatigen Moratoriums für die sieben ältesten Reaktoren infolge des rasanten Gesinnungswechsels in der schwarz-gelben Bundesregierung das Atomkraftwerk Unterweser eine Zukunft habe.


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"Die Anordnung sagt nur, dass ein Abstellen für drei Monate vorgesehen ist“, sagte Fischer im Anschluss an ein Treffen mit Niedersachsens Umweltminister Hans-Heinrich Sander (FDP) in Hannover. Außerdem sei sich Eon sicher, dass in der Zeit die Überprüfungen durchgeführt werden können. Im Gegenzug dazu hatte Umweltminister Sander bereits am Mittwoch erklärt, dass er auch nach Ablauf des Moratoriums keine Zukunft für den mehr als 30 Jahre alten Reaktor Unterweser sieht.


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Fischer kündigte an, dass der Reaktor voraussichtlich bis Freitagmorgen endgültig abgeschaltet sein werde. "Ich gehe davon aus, dass wir maximal 24 Stunden brauchen – eher kürzer“, betonte Fischer, der auch das zunächst zögerliche Verhalten bei der erbetenen Abschaltung erklärte:

Am Morgen hatte McAllister die Debatte im Landtag unterbrechen lassen und den Abgeordneten mitgeteilt, dass Eon jetzt schriftlich und auf "ausdrückliches Bitten“ des Bundesumweltministeriums angewiesen worden sei, den seit 1979 zur Energiegewinnung genutzten Reaktor abzuschalten. "Die Lage ist außerordentlich ernst und die Sicherheit der Menschen hat Priorität“, betonte McAllister, der tags zuvor bereits in seiner Regierungserklärung ein schnelles Ende der Atomenergie gefordert hatte.

Auf Fragen wie die rechtliche Grundlage ging er dabei nicht ein. "Ich kann ihnen heute noch nicht auf alle Fragen Antworten geben“, sagte McAllister. Jetzt müsse sich auf das Wesentliche konzentriert werden. Aus seiner Sicht decke aber der Paragraf 19 des "Gesetz über die friedliche Verwendung der Kernenergie und den Schutz gegen ihre Gefahren“ das Vorgehen. Die Opposition betonte dagegen, dass eine belastbare Rechtsgrundlage zwingend für die Abschaltung vorliegen müsse. Ansonsten laufe das Land Gefahr, Schadenersatz zahlen zu müssen.

Laut Sander und Fischer spielten Rechtsfragen während des rund einstündigen Gespräches keine Rolle. "Ich glaube wir haben momentan andere Probleme in der Nuklearindustrie“, sagte Fischer. Völlig ausschließen wollte er sie aber auch nicht: "Die Frage von Rechtsmitteln steht erst mal nicht auf unserer Agenda. Das werden wir behandeln, wenn es notwendig ist.“ Sander betonte zudem, dass das Land keine Angst vor Rechtsmitteln habe. "Wir gehen davon aus, dass die Anforderung, die wir Eon übermittelt haben, rechtlich begründet ist.“ Darüber hinaus sei dies auch nicht die Frage des Landes.

Kern sei vielmehr die Festlegung neuer Sicherheitskriterien für die anstehenden Überprüfungen der Reaktoren gewesen – etwa zur Notstromversorgung oder für den Deichschutz. "Wir erwarten vom Bund, dass er möglichst schnell Kriterien aufstellt“, sagte Sander. Das sei notwendig, um innerhalb der drei Monate die Überprüfung vorzunehmen. "Wir erwarten dann auch, dass die Betreiber konstruktiv mitarbeiten und uns sagen, was wir in der kürze der Zeit wirklich realisieren können.“

Unterdessen werden in Niedersachsen ab sofort Lebensmittel und Futterimporte aus Japan auf mögliche Strahlenbelastungen kontrolliert. Das Landwirtschaftsministerium hat die zuständigen Landkreise gebeten, Importeure von Waren aus Japan gezielt zu kontrollieren, sagte ein Sprecher am Donnerstag der dpa in Hannover.

Mit Material von dpa