Einer Bitte war der AKW-Betreiber zuvor nicht nachgekommen, Eon bestand auf eine Weisung des Landtags.Umweltminister Sander trifft sich heute auch mit den Betreibern der Meiler Grohnde und Emsland.

Hannover. Niedersachsens Ministerpräsident David McAllister (CDU) hat am Donnerstag die Abschaltung des Atomkraftwerks Unterweser angeordnet. Der Energiekonzern Eon sei „auf ausdrückliches Bitten des Bundesumweltministeriums“ angewiesen worden, den Leistungsbetrieb des Kraftwerks „unverzüglich“ für die nächsten drei Monate einzustellen. „Damit werden wir unserer Verantwortung gerecht“, sagte McAllister im Landtag in Hannover.

Eine Sprecherin von Eon hatte am Mittwoch betont, den Reaktor erst nach einer Weisung der Bundesregierung herunterfahren zu wollen. Den zuvor übermittelten Wunsch der Landesregierung, Unterweser so schnell wie möglich abzuschalten, hatte Eon ignoriert. Die Opposition betonte, dass sie die Abschaltung grundsätzlich unterstütze, „allerdings bestehen wir auf einer belastbaren Rechtsgrundlage“, sagte SPD-Fraktionschef Stefan Schostock.

Linken-Fraktionschefin Kreszentia Flauger betonte zudem, dass die Reaktoren dauerhaft vom Netz genommen werden müssten. „Wer auf eine gesetzliche Regelung zur Rücknahme der Laufzeitverlängerung verzichtet, läuft Gefahr, Schadensersatz zahlen zu müssen“, sagte Grünen-Chef Stefan Wenzel.

Die Fraktionsspitzen von CDU und FDP verzichteten auf ihre Möglichkeit, im Landtag Stellung zu beziehen. „Ich kann ihnen heute noch nicht auf alle Fragen Antworten geben“, sagte McAllister. Aber wichtig sei doch, jetzt umgehend zu handeln. „Die Lage ist außerordentlich ernst und die Sicherheit der Menschen hat Priorität“. Noch offene Fragen wie die gesetzliche Grundlage für das Moratorium müssten in den nächsten Tagen und Wochen intensiv diskutiert werden. „Jetzt müssen wir uns auf das Wesentliche konzentrieren“, betonte McAllister. Aus seiner Sicht decke der Paragraf 19 des „Gesetz über die friedliche Verwendung der Kernenergie und den Schutz gegen ihre Gefahren“ das Vorgehen.

Die Abschaltung ist das Ergebnis der Absprache zwischen Merkel und den fünf Ministerpräsidenten der Länder mit Kernkraftwerken. Am Dienstag hatten sich die Unionspolitiker in Berlin auf ein dreimonatiges Moratorium für die erst im Herbst beschlossene Verlängerung der Laufzeiten von Atomkraftwerken ausgesprochen. Im Rahmen des Moratoriums sollen die sieben ältesten Meiler zunächst für drei Monate abgeschaltet und einer zusätzlichen Sicherheitsüberprüfung unterzogen werden.

Am Donnerstagnachmittag will sich Umweltminister Hans-Heinrich Sander (FDP) mit den Vorständen von Eon-Kernkraft, Bernhard Fischer, und RWE-Power, Gerd Jäger, zu weiteren Beratungen zur Zukunft der drei niedersächsischen Atommeiler Grohnde, Emsland und Unterweser treffen. In dem Gespräch soll es unter anderem um mögliche Schadensersatzansprüche der Betreiber gegenüber dem Bund gehen. Sander will nach eigenen Angaben jedoch dafür werben, gemeinsam zu handeln und einen Konfrontationskurs zu vermeiden. McAllister will sich zudem am Abend in Berlin erneut mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) über das weitere Vorgehen verständigen.

RWE betreibt das seit 1988 Strom liefernde AKW Emsland. Der Eon Kernkraft gehören der nun vorübergehend vom Netz genommene Atommeiler Unterweser sowie das AKW Grohnde, die 1978 beziehungsweise 1985 in Betrieb gingen. Das Kraftwerk Unterweser hatte nach den rot-grünen Ausstiegsplänen ursprünglich im nächsten Jahr abgeschaltet werden sollen.

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Diese drei AKW in Norddeutschland gehen vom Netz

Die Atom-Katastrophe in Japan hat auch Auswirkung auf Deutschland. Auf einer Pressekonferenz in Berlin gab Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bekannt, dass sieben Atomkraftwerke in Deutschland vorerst vom Netz gehen. Merkel einigte sich mit den Länder-Chefs darauf, dass alle Atomkraftwerke, die vor 1980 gebaut wurden vorübergehend abgeschaltet werden. Das betrifft insgesamt sieben AKW in Deutschland. Vorübergehend heißt, vorerst drei Monate, für die Zeit des Moratoriums, in denen die Atomlaufzeitverlängerung ausgesetzt wird. Hinzu kommt, dass das Atomkraftwerk Krümmel, das nach zahlreichen Pannen bereits abgeschaltet ist, weiter vom Netz bleibt. Das AKW Krümmel war 1983 ans Netz gegangen. In Deutschland werden in den nächsten drei Monaten daher nur noch neun Atomkraftwerke Strom liefern.

Peter Harry Carstensen, Ministerpräsident Schleswig-Holsteins, sagte, man müsse jetzt mit den Betreibern über die Modalitäten sprechen. In Schleswig-Holstein sind zwei der drei Reaktoren zurzeit abgeschaltet und, so Carstensen, "werde kein Reaktor wieder ans Netz gehen, von dem ich nicht sicher bin, dass er sicher ist. Wer ja sage zu regenerativen Energien, müsse auch ja sagen zum Netzausbau."

+++Hier geht es zum Liveticker zur Katastrophe in Japan+++

Die beiden Siedewassereaktoren in Schleswig-Holstein, in Brunsbüttel (Inbetriebnahme 1976) und Krümmel (1983), sind seit Mitte 2007 fast durchgängig vom Netz getrennt – nach zahlreichen Pannen. Derzeit ist der Druckwasserreaktor Brokdorf der einzige Atommeiler in Schleswig-Holstein, der Strom liefert.

In Niedersachsen wird das Atomkraftwerk Unterweser nach Angaben von Bundeskanzlerin Angela Merkel für die drei Monate abgeschaltet. Das AKW Unterweser wurde 1979 gebaut und ist damit das älteste der drei in Niedersachsen noch am Netz befindlichen Atomkraftwerke. Die moderneren Atommeiler Grohnde und Emsland können dagegen vermutlich noch bis ins nächste Jahrzehnt weiter produzieren.

Niedersachsens Ministerpräsident David McAllister (CDU), der ebenfalls in Berlin bei dem Treffen dabei war, will am Mittwoch den Landtag in einer Regierungserklärung über das weitere Vorgehen informieren. McAllister sagte: "Nach den Ereignissen in Japan haben wir jetzt die politischen Konsequenzen zu ziehen.“ Aus diesem Grund sei er sehr einverstanden mit den Ergebnissen. Ziel müsse es sein, eine sichere, nachhaltige und wirtschaftliche Energieversorgung in Deutschland zu ermöglichen.


Stellen Sie uns Ihre Fragen zu Japans atomarer Katastrophe

Kanzlerin Merkel und die Ministerpräsidenten der fünf Länder mit Atomkraftwerken wollen am Dienstag ihre Gespräche in Berlin fortsetzen. Dem Grünen-Fraktionschef Stefan Wenzel geht das Resultat der Gespräche nicht weit genug. Es werde den Erfordernissen nicht gerecht. "Die befristeten AKW-Abschaltungen, die der Angst vor einer Niederlage bei den anstehenden Wahlen geschuldet sind, reichen nicht aus“, sagte Wenzel in Hannover. Die ältesten sieben AKW und das Kernkraftwerk Krümmel müssten endgültig und sofort vom Netz. Zudem müsse die Laufzeitverlängerung unverzüglich vom Parlament aufgehoben werden.

Die Atomkraftwerke, die vom Netz gehend, aber auch die anderen Anlagen sollen nach dem Berliner Treffen nun eingehenden Sicherheitschecks unterzogen werden. Die Kanzlerin hatte am Montag eine dreimonatige Aussetzung der von Union und FDP beschlossenen Laufzeitverlängerung angekündigt. Die vorübergehende Abschaltung betrifft die AKW Neckarwestheim I, Philippsburg I (Baden-Württemberg), Biblis A und B(Hessen), Isar I (München), Unterweser (Niedersachsen) und das ohnehin stillstehende AKW Brunsbüttel (Schleswig-Holstein). Die deutschen Atommeiler lieferten zuletzt rund 23 Prozent des Stroms.

Mit Material von dapd und dpa