Im Atomkraftwerk Fukushima droht eine Kernschmelze in drei Reaktoren. Zum Kühlen der Brennstäbe wurde Meerwasser verwendet.
Tokio. In Japan geht die Angst um. Was passiert im Atomkraftwerk Fukushima? Die aktuelle Entwicklung lesen Sie hier im Liveticker.
Montag, 14 März
22.45 Uhr: Die japanische Regierung will wegen der drohenden Katastrophe ein Krisenzentrum im Atomkraftwerk Fukushima Eins einrichten.
22.30 Uhr: Radioaktiv verseuchtes Wasser wird aus den Reaktordruckbehältern des Atomkraftwerks direkt ins Meer zurückgeleitet.
21.35 Uhr: Techniker haben im Atomkraftwerk Fukushima in der Nacht zum Dienstag Meerwasser in den Reaktorblock 2 gepumpt. Auf diese Weise sollen die heißen Brennstäbe gekühlt und die Gefahr einer Kernschmelze gebannt werden.
21.04 Uhr: Zu Beginn des G-8-Treffens in Paris haben die Außenminister der wichtigsten Industriestaaten ihr Hilfsangebot an Japan erneuert.
20.05 Uhr: Bisherigen Schätzungen zufolge kamen weit mehr als 5.000 Menschen ums Leben, stündlich werden weitere Leichen gefunden.
19.19 Uhr: Nach Informationen der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA finde derzeit noch keine Kernschmelze statt. Die Sicherheitsbehälter in allen Reaktoren seien intakt und die Abgabe von Radioaktivität an die Umwelt begrenzt.
18.27 Uhr: Im Reaktor 2 des Atomkraftwerks Fukushima Eins ist eine Entlastung des Reaktordruckbehälters wegen eines klemmenden Ventils offenbar derzeit nicht möglich. Wenn der Druck im Reaktordruckbehälter jedoch nicht gesenkt werden kann, droht dieser zu platzen. Die glühend heißen Brennstäbe und deren Schmelze würden in direktem Kontakt mit dem Kühlwasser im Reaktorgebäude kommen, was zu einer Explosion führen könnte.
18.09 Uhr: Japan müsse nach Einschätzung von Wissenschaftlern noch lange Zeit mit Nachbeben rechnen.
18.04 Uhr: Der Dienstag könnte im Kampf gegen eine atomare Katastrophe in Japan ein "kritischer Tag" werden, teilte ein Meteorologe der dpa mit. In der Nacht zum Dienstag und im Laufe des Tages drehe der Wind aus West in nördliche bis nordöstliche Richtung. Der Nordwind könnte radioaktive Substanzen vom Atomkraftwerk Fukushima nach Tokio transportieren.
17.35 Uhr: Japan hat die Internationale Atomenergiebehörde IAEA wegen der Unfälle in den Kernkraftwerken um Hilfe gebeten. Die japanische Regierung habe am Montag bei seiner Behörde die Entsendung einer Expertenmission angefragt, sagte IAEA-Chef Yukiya Amano. Man diskutiere mit Japan momentan die Details. Amano sprach außerdem Japan seine Anerkennung für die Bemühungen um die Stabilisierung der Reaktoren nach der Erdbebenkatastrophe aus: „Die Sicherheitsbehälter haben gehalten, und die Freisetzung von Radioaktivität ist begrenzt.“
16.58 Uhr: Die US-Marine hat den Hilfseinsatz ihrer Schiffe vor der japanischen Küste wieder aufgenommen. Am Montagabend (Ortszeit) hatte sie die Aktion zunächst wegen einer leichten Verstrahlung von Hubschraubern und Besatzungsmitgliedern ausgesetzt. Der Flugzeugträger "USS Ronald Reagan“ und andere Schiffe der Siebten Flotte drehten daraufhin ab, um nicht mehr Winden aus Richtung des beschädigten Atomkraftwerks Fukushima Eins ausgesetzt zu sein. Mittlerweile laufe die Hilfsoperation aber wieder, sagte ein Sprecher der US-Marine.
16.24 Uhr: Die Brennstäbe im zweiten Reaktor des Atomkraftwerks Fukushima Eins ragen nach einer Meldung der Nachrichtenagentur Kyodo wieder in vollem Umfang aus dem Wasser heraus. Damit nimmt das akute Risiko einer bedrohlichen Kernschmelze weiter zu. Zuvor hatte die Betreibergesellschaft Tepco erklärt, es werde versucht, den Reaktor mit Meerwasser zu fluten. Anschließend hieß es, die Brennstäbe stünden wieder zur Hälfte unter Wasser.
15.38 Uhr: Bei der zweiten Explosion im Atomkraftwerk Fukushima Eins sind am Montag nach Angaben der Betreibergesellschaft Tepco sieben Arbeiter verletzt worden. Von ihnen seien fünf verstrahlt worden, meldete die japanische Nachrichtenagentur Kyodo. Zu der zweiten Wasserstoffexplosion kam es um 11.00 Uhr Ortszeit (03.00 Uhr MEZ) nach einem heftigen Nachbeben. Betroffen war diesmal ein zum Reaktorblock 3 gehörendes Gebäude. Nach Informationen von Greenpeace enthält der Reaktor 3 das besonders gesundheitsgefährdende Plutonium. Nach Angaben der japanischen Behörden blieb der Reaktor selbst jedoch intakt. Am Sonnabend war es zu einer ähnlichen Explosion in einem Gebäude des Reaktors 1 gekommen.
15.27 Uhr: Die japanische Regierung hat eine Explosion in dem beschädigten Reaktor 2 des Atomkraftwerks Fukushima Eins als unwahrscheinlich bezeichnet. Regierungssprecher Yukio Edano gehe davon aus, dass sich im Reaktor 2 anders als in den Fukushima-Reaktoren 1 und 3 keine Explosion in Folge einer Anhäufung von Wasserstoff ereignen werde, berichteten japanische Medien. Die zwei Explosionen, die sich am Montag im Reaktor 3 ereignet hatten, hatten ein Loch in das Nachbargebäude gerissen, in dem Reaktor 2 untergebracht ist. Durch das Loch könnte der Wasserstoff entweichen, der bei einem weiteren kontrollierten Druckabbau entsteht, so dass das Risiko einer Explosion verringert würde.
14.37 Uhr: Die Kühlung der Reaktordruckbehälter scheint der einzige Ausweg aus der Katastrophe zu sein. Doch nun warnen Experten vor den Folgen: „Die geschmolzenen Kernbrennstoffe sammeln sich am Fuß des Stahlbehälters und sind bis zu 2.000 Grad heiß, da weiß keiner zu sagen, was auf Dauer chemisch und physikalisch passiert, wenn von außen mit Meerwasser gekühlt wird“, sagte der Atomexperte Mycle Schneider.
14.00 Uhr: Im japanischen Atomkraftwerk Fukushima Eins droht nach Angaben der Behörden eine Kernschmelze in drei Reaktoren. Das sagte Regierungssprecher Yukio Edano am Montag nach Angaben der Nachrichtenagentur Kyodo. Im Reaktorblock 2 könnte die Kernschmelze bereits begonnen haben, wie die Betreibergesellschaft Tepco mitteilte. Die Radioaktivität um den Reaktor sei erhöht. Zwischenzeitlich waren die Brennstäbe in Block 2 komplett ohne Kühlwasser. Dann begannen die Tepco-Techniker wieder damit, Meerwasser einzuleiten. Zuletzt wurde ein Wasserstand von zwei Metern gemeldet. Mit einer Kernschmelze steigt die Gefahr, dass der Druckbehälter beschädigt und massiv radioaktives Material aus dem Inneren des Reaktors freigesetzt wird.
13.38 Uhr: Eine teilweise Kernschmelze hat möglicherweise im Reaktor 2 des japanischen Kernkraftwerkes Fukushima Eins stattgefunden. Dies teilte die Betreiberfirma Tepco laut der Nachrichtenagentur Kyodo mit. Ein erster Versuch, den Reaktor mit Meerwasser zu kühlen, war vor einigen Stunden fehlgeschlagen.
13.15 Uhr: Techniker im japanischen Kernkraftwerk Fukushima Eins haben einen neuen Versuch zur Kühlung des Reaktorblocks 2 unternommen und bereits 30 Zentimeter Meerwasser eingeleitet. Die Brennstäbe in Reaktor 2 lagen zuvor nach Angaben der japanischen Nachrichtenagentur Kyodo komplett trocken. Die Stäbe konnten damit nicht mehr gekühlt werden und die Gefahr einer Kernschmelze ist erheblich gestiegen. Zuvor war versucht worden, die absinkende Kühlflüssigkeit mit Meerwasser aufzufüllen.
12. 55 Uhr: Japan hat die Europäische Union gebeten, bis auf weiteres keine Experten, keine Ausrüstung und keine Hilfsteams mehr ins Land zu schicken. Nach Angaben eines Sprechers der EU-Kommission in Brüssel begründete die Regierung in Tokio dies mit der Schwierigkeit, die Helfer in das Katastrophengebiet zu bringen. Experten der EU-Behörden für Katastrophenhilfe stünden bereit, um mögliche Hilfe in die Wege zu leiten. Sie warteten nun zunächst ab.
12.25 Uhr: Die Brennstäbe in Reaktorblock 2 des Atomkraftwerks Fukushima Eins liegen nach Angaben der japanischen Nachrichtenagentur Kyodo komplett trocken. Die Stäbe können damit nicht mehr gekühlt werden und die Gefahr einer Kernschmelze ist erheblich gestiegen. Zuvor war am Montag versucht worden, die absinkende Kühlflüssigkeit mit Meerwasser aufzufüllen. Zuvor hatte es eine Explosion beim Reaktor 3 gegeben, die die Betonhülle des Gebäudes beschädigte. Nach Angaben der japanischen Behörden ist der Reaktor selbst jedoch intakt, es sei kaum Strahlung ausgetreten.
12.00 Uhr: Für Japan steht der Wind derzeit günstig: Bis zum Wochenende weht in dem Gebiet um das beschädigte Atomkraftwerk Fukushima fast permanent kräftiger Westwind und trägt Schadstoffe auf den Pazifik. Das sagte Martin Jonas, Meteorologe beim Deutschen Wetterdienst (DWD) in Offenbach. Außerdem sorge der starke Wind für eine gute Durchmischung: „Die Konzentration sollte so schnell abnehmen.“
11.55 Uhr: Der japanische Stromversorger und AKW-Betreiber Tepco hat am Montag mit regionalen Stromabschaltungen begonnen. Teile des Großraum Tokios waren daraufhin in Dunkelheit gehüllt. Tepco befürchtet Versorgungsengpässe von bis zu 10 Millionen Kilowatt an Werktagen, nachdem das verheerende Erdbeben vom Freitag mehrere Atomkraftwerke beschädigt hatte. Japan bezieht 35 Prozent seiner Elektrizität von Atomkraftwerken. Die abgeschalteten Reaktoren in Fukushima, Onagawa und Tokai produzieren 3,5 Prozent des japanischen Strombedarfs.
10.55 Uhr: Der US-Flugzeugträger USS Ronald Reagan hat seinen Hilfseinsatz vor der japanischen Küste nach Medieninformationen abgebrochen. Dies berichtete die Nachrichtenagentur Kyodo. Zuvor hatte die "New York Times“ unter Berufung auf US-Regierungskreise geschrieben, das Schiff sei durch eine von einem japanischen Atomkraftwerk ausgehende Wolke gefahren. Mehrere Crewmitglieder hätten binnen einer Stunde eine Monatsdosis Strahlung abbekommen. Zunächst wurden aber keine Krankheitssymptome gemeldet. Zudem seien am Sonntag von einem Hubschrauber etwa 100 Kilometer vom japanischen Atomkraftwerk Fukushima entfernt kleine Mengen radioaktiver Partikel gemessen worden. Diese Stoffe würden noch analysiert. Dem Bericht zufolge werden darunter Cäsium-137 und Jod-121 vermutet.
10.28 Uhr: Rettungskräfte haben in der japanischen Erdbebenregion etwa 2000 Leichen entdeckt. Die Toten sind an der Küste der Präfektur Miyagi gefunden worden, berichtete der japanische Sender NHK am Montag unter Berufung auf die Polizei. Die Hälfte der Leichen wurde an Stränden auf der Halbinsel Ojika gefunden, die andere Hälfte in der Stadt Minamisanriku.
10.03 Uhr: Die offiziell bestätigte Zahl der Toten und Vermissten ist auf 5000 gestiegen. Das teilte die japanischen Polizei mit. Lokale Behörden befürchten jedoch, dass die tatsächliche Opferzahl weit darüber liegt.
9.30 Uhr: Der Eislauf-Weltverband Isu hat die vom 21. bis 27. März geplanten Eiskunstlauf-Weltmeisterschaften in Tokio abgesagt. Ein Ersatztermin wird derzeit geprüft. "Angesichts der katastrophalen Ereignisse in Japan haben wir in Absprache mit den japanischen Behörden und dem japanischen Verband festgestellt, dass eine planmäßige Durchführung der WM in Tokio derzeit nicht möglich ist“, heißt es in dem von Isu-Präsident Ottavio Cinquanta unterzeichneten Statement.
8.58 Uhr: Die zweite Explosion im Atomkraftwerk Fukushima Eins hat das Gebäudes des 3. Reaktors zerstört. Das teilten die japanischen Behörden der Internationalen Atomenergieorganisation IAEA mit. Der innerste Sicherheitsbehälter wurde durch die Wasserstoffexplosion nicht beschädigt. Auch der Kontrollraum des dritten Reaktors in Fukushima ist noch benutzbar.
8.30 Uhr: In der von einem Erdbeben verwüsteten Küstenregion Japans sind nach Polizeiangaben weitere 1000 Leichen gefunden worden.
8.10 Uhr: Ein neues Nachbeben mit der Stärke 6,2 hat am Montag den Bahnverkehr in der japanischen Hauptstadt zum Erliegen gebracht. Japan Rail, der größte Verkehrsbetrieb des Landes, stellte bis auf vier alle Stadtlinien ein. Und auch diese sind teilweise unterbrochen. Nur 10 Prozent der Züge auf der wichtigsten Ost-West Bahnlinie durch Tokio würden verkehren, berichtete das japanische Fernsehen.
7.51 Uhr: Im Atomkraftwerk Fukushima 1 ist in einem weiteren Reaktor das Kühlsystem zusammengebrochen. Die Kühlung von Reaktor 2 funktioniere nicht mehr, teilte der Kraftwerksbetreiber Tepco am Montag nach Angaben der Nachrichtenagentur Jiji mit. Zuvor hatte es in dem Kraftwerk erneut Explosionen gegeben.
7.12 Uhr: Die japanische Notenbank weitet wegen der Erdbebenkatastrophe ihr Programm zum Wertpapierkauf aus. Der Umfang werde auf 40 Billionen Yen (knapp 350 Milliarden Euro) von zuvor 35 Billionen Yen erhöht, teilte die Bank of Japan am Montag kurz vor Handelsschluss in Tokio mit. Mit der weiteren Lockerung der Geldpolitik solle verhindert werden, dass die Wirtschaftsstimmung sich verschlechtere.
6.33 Uhr: Der US-Flugzeugträger USS Ronald Reagan ist nach einem Zeitungsbericht durch eine radioaktive Wolke gefahren, die von den japanischen Atomreaktoren ausgehen soll. Mehrere Crewmitglieder hätten binnen einer Stunde eine Monatsdosis Strahlung abbekommen, berichtete die US-Zeitung "New York Times" unter Berufung auf Regierungskreise. Zunächst wurden keine Krankheitssymptome gemeldet.
6.01 Uhr: Am ersten Handelstag nach dem verheerenden Erdbeben haben die japanischen Aktienmärkte dramatische Verluste erlitten. Der Nikkei-Index für die 225 führenden Werte stürzte am Montag unter die psychologisch wichtige 10 000-Punkte-Marke. Im Morgenhandel verlor der asiatische Leitindex 4,53 Prozent auf 9789,55 Punkte.
5.48 Uhr: Im japanischen Atomkraftwerk Fukushima-Daiichi hat es am Montag die zweite Wasserstoffexplosion seit der Erdbeben- und Tsunami-Katastrophe vom Freitag gegeben. Das teilte Kabinettssekretär Yukio Edano mit. Über eine erhöhte Strahlenbelastung gab es zunächst keine Informationen. Bei der Explosion im Reaktorblock 3 wurden nach Angaben der Atomsicherheitsbehörde sechs Arbeiter verletzt.
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Knapp 66 Jahre nach den Atombomben-Abwürfen auf Hiroshima und Nagasaki kämpft Japan verzweifelt gegen eine neue nukleare Katastrophe. In mehreren vom Erdbeben schwer getroffenen Kernkraftwerken spitzte sich gestern die Lage dramatisch zu. Nach dem wahrscheinlichen Einsetzen einer Kernschmelze im Reaktor 1 des AKW Fukushima I scheint auch der Reaktor 3 der Anlage außer Kontrolle zu geraten. Techniker versuchten nach dem Ausfall der Kühlsysteme mit dem Einleiten von Meerwasser einen GAU (größten anzunehmenden Unfall) zu verhindern. Ob die inneren Stahlbehälter den immer heißer werdenden Brennelementen standhalten, halten Experten für ungewiss.
Ministerpräsident Naoto Kan bezeichnete die Lage in Fukushima als alarmierend. Auch im Reaktor Tokai fiel eines der Kühlsysteme aus. Die Radioaktivität in der Region stieg auf das 400-Fache der normalen Strahlung an. In einem Umkreis von 20 Kilometern um Fukushima mussten rund 210 000 Menschen ihre Häuser verlassen. An viele wurden vorsorglich Jod-Tabletten ausgegeben. Bei 160 Menschen stellten Ärzte bereits Verstrahlungen fest.
Für Millionen Japaner im Nordosten der Insel Honshu sind es Tage wie im Albtraum. Am Freitag hatte eine bis zu zehn Meter hohe Welle nach einem Monsterbeben (Stärke 9 Richterskala) eine Küstenlinie auf Hunderten Kilometern Länge in eine Trümmerlandschaft verwandelt. Im besonders betroffenen Gebiet etwa 300 Kilometer nördlich der Hauptstadt Tokio zerstörte der Tsunami viele Städte und Dörfer fast vollständig. Allein in der Provinz Miyagi werden mehr als 10 000 Einwohner vermisst. Wie viele Menschen der Naturkatastrophe tatsächlich zum Opfer fielen, ist noch völlig unklar. Die rund 100 000 Helfer von Armee, Feuerwehr und zivilen Rettungsorganisationen, darunter auch das deutsche THW, konnten viele Orte wegen unpassierbarer Straßen noch nicht erreichen. Nach Schätzungen der Behörden sind bei Nachttemperaturen um den Gefrierpunkt mindestens 1,4 Millionen Haushalte ohne Wasser und 2,5 Millionen Haushalte ohne Strom. Vielerorts werden Benzin und Lebensmittel knapp.
Die größte Sorge aber gilt den Atomreaktoren. Am Sonnabend hatte es im Kernkraftwerk Fukushima eine gewaltige Explosion gegeben, nachdem Meerwasser in den überhitzten Reaktor 1 eingeleitet worden war. Die äußere Hülle des Reaktors wurde abgesprengt, eine unbekannte Menge an Radioaktivität freigesetzt. Mit einer ähnlichen Detonation müsse man auch im Reaktor 3 rechnen, sagte ein Regierungssprecher. Noch sei es aber nicht zu einem Durchschmelzen der stählernen Sicherheitsbehälter gekommen. In einem solchen Fall befürchten Experten ein unvorstellbares Desaster. Der Strahlenbiologe Edmund Lengfelder vom Otto-Hug-Strahleninstitut in München sagte: "Ich gehe davon aus, dass es schlimmer wird als in Tschernobyl 1986." Japan sei viel dichter besiedelt als die Ukraine und Weißrussland. Greenpeace-Experten wiesen darauf hin, dass der Reaktor 3 in Fukushima mit Mischoxid-Brennelementen betrieben werde, die auch das hochgiftige Plutonium enthielten. Für Deutschland allerdings besteht nach übereinstimmenden Angaben auch im Falle eines GAUs keine Gefahr. Die Entfernung sei einfach zu groß, hieß es.
In der Bundesrepublik entbrannte unter dem Eindruck der Katastrophe von Neuem die Diskussion um die Nutzung der Kernenergie. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte, die deutsche Politik dürfe "nicht einfach zur Tagesordnung übergehen". Alle deutschen Reaktoren müssten jetzt auf ihre Sicherheit noch einmal streng überprüft werden. Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) sprach von einer "Zäsur". Es stelle sich die Frage der Beherrschbarkeit der Atomtechnik.
SPD, Grüne und Linke verlangten eine Kehrtwende der Regierung und einen schnellen Atomausstieg. Die Entscheidung zur AKW-Laufzeitverlängerung sei falsch gewesen. SPD-Chef Sigmar Gabriel forderte, die nicht gegen Flugzeugabstürze geschützten Reaktoren in Brunsbüttel, Biblis oder Neckarwestheim müssten sofort vom Netz genommen werden. Die Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz würden zur Abstimmung über den Atomkurs. Die deutsche Kernenergiebranche warnte dagegen vor "übereilten Schlussfolgerungen". "Jeder deutsche Reaktor ist auf jeden Fall besser ausgerüstet als der in Fukushima", sagte der Präsident des Atomforums, Ralf Güldner, dem "Handelsblatt". Naturkatastrophen wie in Japan seien in Deutschland "nicht vorstellbar".
Die Welt erbebt - Hier geht es zum großen Abendblatt-Dossier zur Naturkatastrophe in Japan