Regierung setzt längere Laufzeiten für drei Monate aus. Kanzlerin Angela Merkel will aber keine Atom-Energie aus dem Ausland importieren.

Berlin. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat die Abschaltung alter Atomkraftwerke angekündigt, die nur infolge der Laufzeitverlängerung am Netz geblieben sind. „Das wäre die Konsequenz, sonst wäre es ja kein Moratorium“, sagte Merkel in Berlin auf die Frage, was mit jenen Kraftwerken passiere, deren Reststrommengen bis zur seit 2011 geltenden Laufzeitverlängerung eigentlich verbraucht waren. Dies betrifft das Kraftwerk Biblis A in Hessen und das AKW Neckarwestheim I in Baden-Württemberg. In Baden-Württemberg wird am 27. März ein neuer Landtag gewählt.

Angesichts der Reaktorkatastrophe in Japan werde es ein drei Monate dauerndes Moratorium geben, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in Berlin. Die Sicherheit aller deutschen Atomkraftwerke müsse rückhaltlos und vorbehaltlos überprüft werden. „Alles gehört auf den Prüfstand“, sagte Merkel. FDP-Chef und Vizekanzler Guido Westerwelle hatte bereits am Morgen gesagt, er könne sich vorstellen, die im vergangenen Jahr beschlossene Verlängerung der Laufzeiten für deutsche Atomkraftwerke auszusetzen.


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Für die Aussetzung der Laufzeitverlängerung ist nach Ansicht von Merkel keine Gesetzesänderung nötig. Sie werde mit den Betreibern erörtern, was dies bedeute, sagte die Kanzlerin. Sie werde diese Frage an diesem Dienstag auch mit den Ministerpräsidenten der Länder mit Atomstandorten besprechen. Westerwelle bekräftigte die Wende in der deutschen Atompolitik nach der Katastrophe in Japan. „Das Moratorium ist keine Vertagung. Das Moratorium ändert die Dinge“, sagte Westerwelle. Unabhängige Experten müssten jetzt eine neue Risikoanalyse erstellen. Auf jeden Fall müsse der Ausstieg aus der Atomenergie in Richtung erneuerbarer Energien beschleunigt werden, sagte Westerwelle. Im Atomkraftwerk Biblis in Südhessen läuft der älteste kommerziell genutzte Reaktor in Deutschland. Block A ging 1974 ans Netz, 1976 folgte Block B. Nach dem bisherigen Atom-Kompromiss der Bundesregierung vom vergangenen Jahr könnten die Reaktoren in Biblis noch bis zum Jahr 2020 laufen, je nach Auslastung. Nach dem Ausstiegsbeschluss der rot-grünen Bundesregierung hätten die beiden Blöcke 2011 beziehungsweise 2012 abgeschaltet werden müssen.

Westerwelle sprach sich zudem für das Einsetzen einer Expertenkommission aus. Auch das Präsidium der FDP drängte zuvor auf eine umfassende Sicherheitsüberprüfung aller Atomkraftwerke in Deutschland. „Wir haben eine Option zur befristeten Weiternutzung der Kernkraft geschaffen – aber keine Garantie zum Weiterbetrieb jedes einzelnen Kraftwerks“, hieß es in einem Beschluss, den das Präsidium der Freien Demokraten am Montag in Berlin fasste. Nun sei eine seriöse Analyse der Vorfälle und eine Abwägung der unterschiedlichen Voraussetzungen für den Betrieb von Kernkraftwerken in Japan und Deutschland erforderlich. Die drohende Atomkatastrophe nach dem Erdbeben in Japan hat auch in Deutschland die Debatte über die Nutzung der Atomenergie neu entfacht. Die Opposition fordert einen Verzicht auf die von der Regierung gerade erst beschlossene Laufzeitverlängerung. (AFP)