Die Pläne der Koalition, das Krankenhaus zu privatisieren, stoßen bei der Opposition auf Unverständnis. 10.000 Mitarbeiter sind in Sorge.
Kiel. Die schwarz-gelbe Koalition in Kiel erwägt einen Verkauf des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein (UKSH) und löst damit heftigen Wirbel aus. Der Vorschlag stammt nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur dpa von Wissenschaftsminister Jost de Jager (CDU). Ziel sei es in erster Linie, das geplante Sanierungsprogramm im Volumen von 700 Millionen Euro umsetzen zu können.
Die öffentliche Hand allein kann das wegen der Finanznot kaum leisten. Derzeit bereitet eine Haushaltsstruktur- kommission für das Land weitreichende Sparmaßnahmen vor. Ende Mai soll ein Sparpaket vorgelegt werden.
Das Finanzministerium bekräftigte am Freitag nach einem Bericht der „Lübecker Nachrichten“ zu den Überlegungen in der Koalition, alles stehe auf dem Prüfstand, ohne Tabubereiche oder Denkverbote. FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki sagte zum UKSH, es sei nichts entschieden. Proteste gegen einen Verkauf kamen von der Opposition und Gewerkschaften.
Das Finanzministerium widersprach Angaben der Zeitung, wonach bereits ein Interessenbekundungsverfahren zum Verkauf eingeleitet worden sei. Das Blatt hatte sich auf Kubicki berufen.
SPD gegen Verkauf
Das UKSH müsse in Landeshand bleiben, forderte die SPD-Landtagsfraktion. Sie sprach von einem Alptraum für 10000 Mitarbeiter am Klinikum.
„Ein solcher Kahlschlag ist auch angesichts der Haushaltslage des Landes nicht zu verantworten“, sagte Fraktionsvize Jürgen Weber. Der wichtigste Träger der Gesundheitsversorgung und zugleich größte öffentliche Arbeitgeber im Land müsse zumindest mehrheitlich in öffentlicher Hand bleiben.
Erste Privatisierungspläne des damaligen Wissenschaftsministers Dietrich Austermann (CDU) waren in der vorigen Wahlperiode am Widerstand des damaligen Koalitionspartners SPD gescheitert.
UKSH beklagt Umgang mit Mitarbeitern
Das UKSH erklärte, nach seinem Wissen könne von Einigkeit über einen Verkauf in der schwarz-gelben Koalition keine Rede sein. Sprecher Oliver Grieve beklagte eine „verantwortungslose Art des Umgangs“ mit den Mitarbeitern. „Sie stellen unter großen persönlichen Opfern die exzellente Versorgung der kranken Menschen in unserem Land sicher“, sagte Grieve.
„In der schwarz-gelben Koalition brennt offensichtlich die Hütte“, meinte Grünen-Fraktionschef Robert Habeck zu den durchgesickerten Überlegungen. „Erst verkündet Wolfgang Kubicki, dass das UKSH verkauft werden soll. Jetzt rudert er zurück und wirft der Presse eine falsche Berichterstattung vor.“ Die Regierung werde vorgeführt und demontiert, sagte Habeck.
„Der Dilettantismus dieser Landesregierung ist nicht mehr zu überbieten“, sagte der SSW-Landtagsabgeordnete Flemming Meyer. Die Mitarbeiter des UKSH, die in den letzten Jahren viel geleistet und geopfert hätten, müssten nun den Medien entnehmen, was geplant sei. „So geht man als Eigentümerin des größten Arbeitgebers in Schleswig-Holstein nicht mit seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern um.“
Scharfer Protest der Gewerkschaften
DGB-Landeschef Uwe Polkaehn sagte: „Mit der Verkaufsabsicht werden vor allem die Pflege- und Servicekräfte des UKSH in Angst und Schrecken versetzt. Sie sind es, deren Arbeitsplätze als erste bei einer Privatisierung gefährdet werden.“ Scharfer Protest kam auch von der Gewerkschaft Verdi. Die jetzige Diskussion vergifte die politische Kultur und sei ein Schlag ins Gesicht der Beschäftigten in Kiel und Lübeck, hieß es. Mit einem Verkauf stünde das Land ohne medizinischen Maximalversorger da – als einziges Land in der Bundesrepublik.
Auch die Linke kritisierte einen eventuellen Verkauf. „Damit würde sowohl die regionale Medizinerausbildung als auch eine Vielzahl von Arbeitsplätzen in Lübeck ohne Not zur Disposition gestellt“, sagte die Landtagsabgeordnete Antje Jansen. Die Konsequenzen trügen Studenten, Patienten und Beschäftigte.
Dagegen forderte die Junge Union, das UKSH vollständig zu verkaufen. „Das Land kann sich den Unterhalt des Klinikums nicht leisten“, sagte der Landesvorsitzende Rasmus Vöge. Durch kluge Verträge mit künftigen Betreibern könnten hochschulmedizinische Versorgung sowie Forschung und Lehre in Kiel und Lübeck erhalten bleiben.