Einer Privatisierung erteilte Ministerpräsident Carstensen keine Absage. Nächste Woche will die Koalition über die Zukunft des Klinikums entscheiden.

Kiel. Verkauf im Ganzen oder nur von Gebäuden, weitere Teilprivatisierungen? – für das Universitätsklinikum Schleswig-Holstein mit mehr als 10 000 Beschäftigten in Kiel und Lübeck bahnen sich offenkundig gravierende Veränderungen an. Darauf deuteten am Donnerstag die Landtagsauftritte von Koalitionspolitikern hin: Es dürfe keine Denkverbote geben, betonten sie unter Hinweis auf die Haushaltsnot des Landes. Auch über die Trägerschaft des Klinikums und die Standorte müsse nachgedacht werden, sagte Wissenschaftsminister Jost de Jager (CDU). Auslöser der Debatte waren durchgesickerte Privatisierungsüberlegungen in der CDU/FDP-Koalition . Schwarz-Gelb entscheidet darüber in der nächsten Woche.

Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) folgte nicht der Aufforderung von SPD-Fraktionschef Ralf Stegner, einer Privatisierung eine klare Absage zu erteilen. Auch auf Wortbruch-Vorwürfe Stegners reagierte er nicht. Die gesamte Opposition forderte, das Klinikum in öffentlicher Trägerschaft zu belassen. Unter den Beschäftigten haben die Privatisierungsgedanken große Sorgen um Arbeitsplätze ausgelöst.

Das Klinikum bekomme vom Land jährlich 130 Millionen Euro, hob Minister de Jager hervor und signalisierte damit zugleich mögliches Sparpotenzial. Die Landesregierung werde alles tun, um seinen Bestand und seine Leistungsfähigkeit zu gewährleisten. Konkreter äußerte sich der Minister nicht. Die Zukunft des Klinikums steht im Zusammenhang mit einem Sparpaket auf dem Prüfstand, das die Koalition nächste Woche auf den Weg bringen will. „Es ist eine hypothetische Diskussion“, sagte de Jager vor diesem Hintergrund. Die „10 000- Dollar-Frage“ sei, wie die bauliche Sanierung – es besteht ein Investitionsstau von 730 Millionen Euro – gelingen kann, wenn die eingeplanten öffentlichen Mittel nicht mehr zur Verfügung stehen.

Das Klinikum hat ein jährliches Defizit in zweistelliger Millionenhöhe Jahr für Jahr abgebaut und schließt 2010 wohl mit einer „schwarzen Null“ ab. Dazu trug die Belegschaft mit Zugeständnissen bei – auch um einen Verkauf zu verhindern.

Der CDU-Abgeordnete Daniel Günther lehnte es ab, Privatisierungen als Teufelszeug zu verdammen. Das Beispiel des vom Land Hessen an das Rhön-Klinikum verkauften Klinikums Marburg/Gießen offenbare in vielen Bereichen eine Erfolgsgeschichte. Die Opposition widersprach vehement. Die neuen Eigentümer wollten Kasse machen und seien nicht dem Gemeinwohl verpflichtet; die Medizinerausbildung habe sich verschlechtert, sagte SPD-Fraktionschef Stegner. Die Daseinsvorsorge habe massiv gelitten, ergänzte Andreas Tietze von den Grünen und warf Schwarz-Gelb eine „perfide Privatisierungsstrategie vor. „Mit Geburtshilfe und Pädiatrie kann man kein Geld verdienen“.

Skepsis gegenüber Privatisierungen signalisierte auch der CDU-Sozialpolitiker Werner Kalinka und erntete Beifall der Opposition. Es gehe um Menschen, die behandelt werden und um jene, die das leisten müssten. Der Arbeitsdruck im Gesundheitswesen sei unerträglich hoch.

Der FDP-Fraktionsvorsitzende Wolfgang Kubicki hielt der SPD vor, die nicht nur beim Uni-Klinikum zu lösenden Probleme seien unter ihrer Regierungsverantwortung entstanden. Nach Ansicht der Opposition darf der Norden nicht durch einen Verkauf als einziges Bundesland die Verantwortung für die medizinische Maximalversorgung an Private abgeben.