In Hamburg musste die Feuerwehr in vier Stunden 56 Mal ausrücken, weil Fußgänger auf spiegelglatten Straßen gestürzt waren.
Hamburg. Norddeutschland kommt ins Rutschen: Der wilde Wechsel von Tauwetter und Frost hat vielerorts neue Probleme verursacht. Straßen und Wege verwandelten sich in matschige oder spiegelglatte Eisbahnen und bescherten zahlreichen Schülern „eisfrei“.
In Hamburg rückte die Feuerwehr innerhalb von vier Stunden 56 Mal aus, weil Fußgänger auf spiegelglatten Fußwegen stürzten und sich verletzten.
Sorgen bereiteten auch Massen nassen Schnees auf vielen Dächern. Die Polizei in Kiel verbot vorsorglich das Betreten von Schulgebäuden. In Mecklenburg-Vorpommern musste ausgerechnet eine Skihalle vorübergehend geschlossen werden. Seit Mittwoch sei das Personal der Halle mit ihren 330 Meter langen Abfahrten damit beschäftigt, das Dach zu räumen, teilte der Betreiber mit. In Hamburg blieben wie in Schleswig- Holstein und Niedersachsen viele Schulen geschlossen, weil die Dächer einzustürzen drohten. Das Bildungsministerium in Kiel stellte für diesen Freitag jedoch wieder normalen Schulbetrieb in Aussicht.
Streusalz wird vielerorts zunehmend zur Mangelware. Auf einem vereisten Bahnsteig im osthessischen Neuhof rutschte eine 16-Jährige aus, sie wurde von einem Zug überrollt und getötet.
Auf der von Eis eingeschlossenen Ostseeinsel Hiddensee haben die Menschen dank einer Luftbrücke nun wieder ausreichend Lebensmittel. „Dem Eisberg ist durch den Hubschraubereinsatz die Spitze genommen“, sagte Bürgermeister Manfred Gau. Die Stimmung auf der Insel sei gefasst. „Wir leben in der Natur, mit der Natur und von der Natur“, sagte Gau. Auf einer Insel müsse man bei extremen Wetterlagen wie dieser mit Einschränkungen rechnen. Am Mittwoch hatte ein Helikopter sieben Tonnen Lebensmittel, Medikamente und andere Dinge nach Hiddensee gebracht und Touristen aufs Festland geflogen.
Die FDP forderte angesichts der Engpässe im Winterdienst eine bundesweite Streusalzreserve. „Der Bund muss als Auftraggeber alle Bundesländer zur Vorhaltung einer Mindestreserve an Salz drängen, damit im gesamten Bundesgebiet die Bundesverkehrswege auch in Wintersituationen uneingeschränkt befahrbar sind“, sagte der FDP- Verkehrsexperte Patrick Döring der „Rheinischen Post“ (Donnerstag).
Hamburg hat noch ein zusätzliches Problem: Ab Montag wird bei zwei Dienststellen der Stadtreinigung gestreikt - und zwar auch dann, wenn das Winterwetter anhalte, sagte Hamburgs Ver.di-Chef Wolfgang Rose. "Nur extreme Witterungsbedingungen werden von uns berücksichtigt." Das gelte etwa für Blitzeis oder große Schneeverwehungen.
Im Zuge seines Sparpakets als Reaktion auf die Wirtschaftskrise habe der CDU/GAL-Senat die Zuwendungen an die Stadtreinigung von 24 auf 23 Millionen und beim Winterdienst von 6,5 auf 5,5 Millionen Euro gekürzt, er erwarte aber weiterhin die gleichen Leistungen. Das funktioniere nun mal nicht, sagte Rose: "Ole von Beust kritisiert sein eigenen Sparmaßnahmen."
Rainer Hahn, Personalratsvorsitzender der Stadtreinigung, ergänzte, dass es vielen Mitarbeitern nur in zweiter Linie um mehr Lohn gehe, sondern vor allem um bessere Altersteilzeitregelungen. Hahn: "Die Kollegen sind bereits im Normalbetrieb stark belastet. Jetzt kommt noch die extreme Sonderbelastung durch Schnee und Eis hinzu." Das sei einem 63-Jährigen kurz vor der Pensionierung nicht zuzumuten.
Am Montag soll es außer in Hamburg auch in Schleswig-Holstein Streiks geben. Welche Bereiche betroffen sind, teilte die Gewerkschaft noch nicht mit. Die Wettersituation werde aber beachtet.
Ein Ende des Winters ist nicht in Sicht: Nach Vorhersage des Deutschen Wetterdienstes fallen die Temperaturen am Abend und in der Nacht wieder unter den Gefrierpunkt, und es bleibt glatt. Morgen steigen die Temperaturen leicht. Bei wenigen Grad über Null kann es vielerorts tauen.