Die meisten Menschen haben den Winter langsam mehr als satt. Neue Schneefälle sorgen für Staus, Glätteunfälle und genervte Hausbesitzer.
Lübeck/Kiel/Hannover. Die Autofahrer, die Schüler, die Tiere, alle haben genug von Schnee und Eis – und sogar den Dieben macht das Wetter zu schaffen. Am Tag 56. des Dauergeriesels werden die Leidenden des Winters zwischen Harz und Nordsee vorgestellt.
DIE AUTOFAHRER
Vor allem auf den Autobahnen krachte es an allen Ecken und Enden. Es gab viele Verletzte, glücklicherweise keine Toten. Vor allem die Brummifahrer kamen ins Schlittern: Im Kreis Harburg krachte ein Tanklaster auf der A7 in die Mittelleitplanke, rund 20 000 Liter Milch ergossen sich auf die Fahrbahn. Es kam zu stundenlangen Behinderungen. Auf der A2 im Kreis Helmstedt kam ebenfalls ein Laster ins Rutschen und kippte um, dort wurde großflächig Metallschrott ausgekippt. In Kiel kamen Autofahrer im Berufsverkehr oft nur im Schritttempo voran, in Eckernförde und Gettorf stellten die Busse den Verkehr ein.
In Hamburg ereigneten sich innerhalb weniger Stunden 54 Unfälle. Auf der Autobahn 1 krachte es bis zum Mittag zehnmal. Zwischen Ahrensburg und der Raststätte Buddikate (Kreis Stormarn) stellte sich am Morgen ein Lastwagen quer. Während der Bergung war die Autobahn Richtung Lübeck stundenlang gesperrt. Ein Streufahrzeug, das die Lage an der Unfallstelle entschärfen sollte, geriet auf dem Weg dorthin in Brand. Ursache war nach Polizeiangaben vermutlich ein technischer Defekt.
Auf der A 24 zwischen Talkau und Schwarzenbek (Kreis Herzogtum Lauenburg) stürzte ein mit Pflanzen und Blumenerde beladener Anhänger um, auch hier musste die Autobahn während der Aufräumarbeiten für mehrere Stunden gesperrt werden. Die Autofahrer hätten die Gefahr durch die Mischung aus vereisten Fahrbahnen und Neuschnee offensichtlich falsch eingeschätzt, sagte eine Sprecherin der Polizeidirektion Ratzeburg.
DIE SCHÜLER
Sie rutschen auf dem Fußmarsch zur Schule aus – oder müssen wie im Amt Neuhaus im Kreis Lüneburg lange Anfahrtswege in Kauf nehmen. An der Elbe ruht seit Januar der Fährverkehr über den Fluss wegen Eisgangs. Die rund 60 Schüler aus dem rechts der Elbe gelegenen Teil des Landkreises müssen seitdem Busfahren und noch früher Aufstehen als sonst.
In Hamburg rief die Schulbehörde die jungen Leute zum Schneeräumdienst in der Stadt auf. Es sei durchaus vorstellbar, dass auch Schüler außerhalb des Schulgeländes mit Hand anlegten, heißt es in einem Brief vom 8. Februar an alle Hamburger Schulen.
Schüler sollen während der Unterrichtszeit vereiste Gehwege oder Bushaltestellen von Eis und Schnee befreien helfen. "Angesichts der akuten Gefährdung der Nachbarschaft wird in solchen Klassen, die sich nicht auf einen Abschluss vorbereiten, der Ausfall einiger Unterrichtsstunden hinnehmbar sein", schreibt die Behörde und erhebt den Winterdienst kurzerhand zum Projekt "Lernen am anderen Ort".
Glücklicher waren da die Kids in Oldenburg und Delmenhorst: Für sie fiel der Unterricht am Mittwoch mal wieder aus, weil Fuß- und Radwege wegen des Salzmangels nicht gestreut werden konnten.
DIE BINNENSCHIFFER
Für sie geht die lange Eiszeit ins Geld. Jeder Tag Zwangsruhe bedeutet hohe Einnahmeverluste. In der Region Hannover ist die Binnenschifffahrt weiterhin stark eingeschränkt. Zwar kann der Mittellandkanal bis Mehrum (Landkreis Peine) wieder befahren werden, aber das restliche Teilstück bleibt weiterhin gesperrt, berichtete die Wasserschifffahrtsdirektion in Hannover. Auch der Elbe-Seitenkanal ist nach wie vor nicht befahrbar. Wie hoch die Verluste für die Betroffenen sind, lässt sich nach Angaben des Bundesverbandes der deutschen Binnenschifffahrt allerdings nicht genau beziffern.
DIE HAUSEIGENTÜMER
Sie müssen schippen, schippen, schippen – oder zahlen, wenn sie das nicht tun. In Hannover kontrollieren derzeit fünf „Eisfahnder“ die Gehwege. Sie verschickten bereits 400 Ermahnungen an Grundstückbesitzer, die nicht ordentlich geräumt hatten. Zwei Mal wurde sogar schon ein Bußgeld verhängt, gegen fünf Hauseigentümer läuft ein Ordnungswidrigkeitsverfahren.
Vereiste Schneeflächen, gefrorene Pfützen, Matsch und Glätte - auch in Hamburg kommen die Hausbesitzer nicht gegen den Winter an. Die Wegewarte sind offensichtlich auch hier überfordert. In Altona verteilten elf Wegewarte täglich bis zu 40 Ermahnungen.
DIE DIEBE
Sie sollten keine Anfängerfehler machen – wie die zwei Männer, die in Delmenhorst in eine Arztpraxis einbrachen. Bei ihrer Flucht hinterließen sie deutliche Fußabdrücke im Neuschnee, die die Polizei mehrere Kilometer quer durch die Stadt verfolgen konnte. Dabei entdeckten die Beamten nicht nur einen weiteren Tatort des Duos, am Ende konnten sie die beiden Männer im Alter von 25 und 33 Jahren auch festnehmen.