Essgewohnheiten gehören auf den Prüfstand, wenns im Bauch kneift. Denn nur wer sich ausgewogen und gesund ernährt, hilft dem Darm bei seiner schwierigen Aufgabe. Akupunktur, Homöopathie oder Leibwickel können ihn zusätzlich unterstützen.
Die wenigen Schritte vom Bett zur Toilette: gerade noch geschafft. Da sind sie wieder, die drei Plagen, die den Stärksten außer Gefecht setzen: Magenkrämpfe, Übelkeit, Erbrechen - und das im Urlaub im sonnigen Italien. "Was Falsches gegessen" oder "fremde Viren und Bakterien" gelten oft als Übeltäter bei "Urlaubsdurchfällen". "Dabei sind häufig die zu kalten Getränke schuld", sagt Dr. Antonius Pollmann, Präsident des Zentralverbandes der Ärzte für Naturheilverfahren. "Dann bekommt der Darm Schnupfen." Sein Rat, wenns passiert ist: nichts essen, mindestens zwei Liter am Tag trinken, den Heilprozess mit Kohletabletten oder Heilerde (in Wasser aufgelöst) unterstützen. Und unbedingt zum Arzt gehen, wenn nach drei Tagen keine Besserung eintritt. Unsere Verdauungsorgane sind empfindsam. Der Darm - er bringt es auf beachtliche acht Meter Länge - beherbergt ein Nervensystem mit 100 Millionen Nervenzellen, mehr als im Rückenmark. Deshalb sind solche Lebensweisheiten berechtigt: Wir treffen eine Entscheidung "aus dem Bauch" oder ein Problem "schlägt uns auf den Magen". "Der Bauch bestimmt den Kopf", weiß Pollmann. Wenn die Verdauung nicht stimmt, sind Naturheilverfahren besonders wirksam. "80 Prozent der Beschwerden lassen sich damit beheben." Zu den häufigen Übeln gehört auch Verstopfung. Etwa drei Millionen Deutsche leiden an Verstopfung (Obstipation), Frauen öfter als Männer, von den über 60-Jährigen mehr als 40 Prozent. Bei der Verdauung hat jeder seinen Rhythmus. Manche haben jeden Tag Stuhlgang, andere nur alle zwei bis drei Tage. Erst wenn es regelmäßig länger dauert, liegt Verstopfung vor. Häufigste Ursache: falsche Ernährung, mangelndes Trinken. Der Darm braucht Ballaststoffe. Pollmann empfiehlt Leinsamen, Weizenkleie, Flohsamen (Reformhäuser, Bioläden, Apotheken), wenn eine gemüse- und obstreiche Kost nicht ausreicht. Eine eher unerwartete Ursache von Verstopfung: zu häufiger Gebrauch von Abführmitteln. Sie sind "als Dauermedikamente ungeeignet", warnt der Naturmediziner. 20 Millionen Deutsche nehmen Abführmittel. Doch es geht auch auf natürlichem Weg: Für ein paar Tage empfiehlt Pollmann Bittersalze oder morgens ein Glas Sauerkrautsaft, dessen Milchsäure abführend wirkt. Bei Durchfall helfen Heublumensäckchen und das Hausmittel Leibwickel: ein feucht-warmes Tuch um den Leib wickeln, ein trockenes Handtuch darüber, 30 Minuten wirken lassen. Mehr als 200 Arten Darmbakterien sorgen im komplizierten Zusammenspiel für reibungslose Verdauung. Wenn diese Darmflora gestört ist, kann das der Arzt mit einer Stuhlprobe feststellen. Gut helfen pflanzliche und homöopathische Medikamente, auch Akupunktur und chinesische Kräutermedizin. Die Akupunkturnadeln werden an Armen, Beinen oder im Bauchraum gesetzt, "um die Selbstregulation anzuregen und Prozesse ins Gleichgewicht zu bringen", so Pollmann. Fünf bis zehn Sitzungen seien erforderlich. Mediziner mit der Zusatzbezeichnung "Arzt für Naturheilverfahren" sind Spezialisten dafür. "Aber Akupunktur ersetzt keine Ballaststoffe", warnt Pollmann. Wichtig: die Umstellung der Essgewohnheiten. Warnsignale sendet der Darm bei Unverträglichkeit gegen bestimmte Nahrungsmittel aus, einer Vorstufe der Allergie. Dann kommt es zu Blähungen, Durchfall oder Verstopfung, zu Kopfschmerzen, Migräne oder Müdigkeit. Manchmal treten die Symptome erst zwei bis drei Tage später auf, "dann wird der Zusammenhang zum Nah- rungsmittel nicht bewusst", sagt Pollmann. Rotwein und Käse, Milchprodukte und Weizenmehl können solche Reaktionen auslösen. Entwickelt man denn keinen Ekel gegen Lebensmittel, die einem schaden? "Im Gegenteil", sagt Pollmann, "oft werden die Störungen ausgelöst von den Lieblingsspeisen." Mit Elektro-Akupunktur lassen sich Unverträglichkeiten diagnostizieren, indem Reizströme gemessen werden. Bei Verdauungsstörungen sind außer dem Darm oft betroffen: Galle, Leber, Bauchspeicheldrüse. Während die Schulmedizin organisch ausgerichtet nach den Ursachen fahndet, betrachten die Naturheilärzte den Gesamtorganismus und suchen so nach Anhaltspunkten für eine funktionel- le Störung. Verdauungsprobleme entstehen oft durch falsche Ernährung. Pollmann empfiehlt, mehr Gemüse, weniger Zucker, weniger Fett zu sich zu nehmen als üblich. Bio-Lebensmittel enthalten weniger Wasser, mehr Mineralstoffe, sind besser lagerfähig als herkömmlich produzierte. Wichtig sind die Signale des Körpers. Pollmann erklärt: "Kein Lebensmittel ist von sich aus gesund." Was dem einen schadet, nützt anderen. Manche Probleme verschwinden nach einer Fastenkur. Ideal im Frühjahr: zwei bis vier Wochen Saftfasten. Erlaubt sind nur Flüssigkeiten (Suppe, Säfte, Mineralwasser). Bei dieser Reiztherapie können chronische Störungen oder Krankheiten besser abheilen. "Verdauung fängt im Mund an." Wichtig: 30-mal kauen pro Bissen, damit das Speichel-Enzym Ptyalin gebildet wird, das die Stärke spaltet.