Elektrizität, Wärme, Bewegung, Bäder und Massagen stoppen Schmerzen, die kommen, wenn der Mensch sich zu wenig bewegt.
Das Klettern in Bäumen hat uns in grauer Vorzeit geprägt. Maren B., Sekretärin in einer Großhandelsfirma, war das lange nicht bewusst. Aber ihr Körper hat es nicht vergessen. Ihm fehlt, wenn sie Stunde um Stunde vor dem Computer sitzt, die vielfältige Beanspruchung aller Muskeln, die wir brauchen, um gesund zu bleiben. Kein Wunder, dass langes Sitzen, einseitige Belastungen oder eine ständig gleiche Körperhaltung uns irgendwann schmerzen. Erst zwickt es nur im Rücken, im Nacken oder in den Oberarmen. Werden diese Warnsignale nicht beachtet, dann wird der Rückenschmerz unaufhaltsam stärker, die Muskeln verhärten.
"Es fehlt das Wechselspiel zwischen An- und Entspannung", kommentiert Klaus Wißmeyer, Internist mit Zusatzqualifikationen in Naturheilverfahren. Rückenschmerzen können von Wirbelsäulenverkrümmungen, Bandscheibenvorfällen oder eingeklemmten Nerven herrühren. "Aber 90 Prozent aller chronischen Rückenschmerzen beruhen auch auf Muskelverspannungen bzw. Muskelverhärtungen", weiß der Internist. Dagegen kennt die Naturheilkunde unterschiedliche Methoden. Wärme, Bewegung und Entspannung sind bekannte Verfahren, aber auch die Elektrotherapie kann wahre Wunder wirken. Bei ihr wird der Strom über Elektroden, die auf der Haut kleben, durch den Körper geleitet. Auch Voll- oder Teilbäder sind möglich, bei denen Strom durch das Wasser an die Haut geleitet wird. Dafür wird in eine Badewanne, die mit Elektroden ausgestattet ist, von oben nach unten Gleichstrom durchs warme Wasser geleitet. Der Patient spürt das nur als Kribbeln auf der Haut. "Das Stangerbad ist von den unterschiedlichen Formen der Elektrotherapie ideal zur Behandlung von Rückenschmerzen. Es wirkt zudem beruhigend", sagt Klaus Wißmeyer. Wer die Elektrotherapie gut verträgt, kann sich auch selber behandeln. Dafür eignet sich - nach ärztlicher Anleitung - vor allem die TENS (Transkutane elektrische Nervenstimulation). Bei der TENS werden über Elektroden auf der Haut die dort verlaufenden Nerven vom Patienten mittels eines kleinen Impulsgebers selber gereizt. Dieser Reiz ist nicht schmerzhaft, der Patient spürt lediglich ein leichtes Kribbeln. "Der Reiz, den man selber setzt, blockiert offenbar die alte Reizleitung, so dass die Information ,Schmerz' nicht mehr ins Gehirn gelangt", erläutert der Internist. Denkbar ist auch, dass der Körper selber Systeme der Schmerzregulation aktiviert und so die Schmerzschwelle heraufsetzt. Der Patient nimmt die Schmerzen weniger stark wahr. Wärmetherapie - Fangopackungen, Rotlicht, Heißluft, Mikrowelle - regt dagegen die Durchblutung der Muskeln an, wenn die Wärme in die Tiefe des Gewebes dringt. Damit entspannt sich der Muskel, der Schmerz schwindet. "Muskel-Detonisierung lautet das Zauberwort im Mediziner-Deutsch", so Klaus Wißmeyer. Dasselbe Ziel verfolgt auch die Bewegungstherapie. Dazu zählen bestimmte Formen der Krankengymnastik und Bewegungsbäder, bei denen der schmerzgequälte Patient in ein Schwimmbecken steigt, dessen Wasser auf eine Temperatur von 33 Grad Celsius erwärmt ist. Im brust- bis schulterhohen Wasser führt er Übungen durch, die je nach Krankheitsbild ausgewählt werden. Oft wirkt schon das warme Wasser entspannend und schmerzlindernd. Auch Unterwassermassagen oder Fußreflexzonenmassagen können den Schmerz lindern. Wertvolle Hilfe können auch mentale Entspannungstechniken bringen. Sie verringern bei chronischen Schmerzen die Verspannung, die die Schmerzen verstärkt. Der Patient wird vom Schmerz abgelenkt und lernt, dass er selbst aktiv den Schmerz in den Griff bekommen kann. "Das wirkt bei Rückenschmerzpatienten außerordentlich gut", weiß der Mediziner. Von den unterschiedlichen Entspannungstechniken steht zum Beispiel die "Progressive Muskelentspannung nach Jacobson" zur Wahl. Das Verfahren arbeitet mit Anspannung und Entspannung unterschiedlicher Muskelgruppen. Es stellt dabei die verloren gegangene Rhythmik wieder her und zeigt den Betroffenen, wie die Teile ihres Körpers eigentlich zusammenspielen. Das Training schult die Körperwahrnehmung. Die Wahrnehmung des eigenen Körpers verbessert auch das so genannte Bio-Feedback. Dabei messen kleine Geräte mittels Sensoren, die auf der Haut angebracht sind, unbewusste Vorgänge, die auf eine drohende Verspannung hindeuten. Und melden sie über optische oder akustische Signale. Der Körper lernt so, die Verspannung abzuwenden, bevor der Schmerz ausbricht. "Man kann fast alle Rückenschmerzen deutlich bessern", sagt der Internist. Das Geheimnis ist, für den Patienten die optimale Behandlung zu finden. Meist hilft die Kombination unterschiedlicher Therapieformen am besten", sagt Klaus Wißmeyer. "Bei jedem Patienten muss allerdings vorher sorgfältig untersucht werden, welche Ursache zum Schmerz führt", betont der Mediziner. Nur so kann ausgeschlossen werden, dass möglicherweise lebensbedrohliche Erkrankungen wie bösartige Tumoren den Rückenschmerz auslösen.