Die Wähler verschmähen weiterhin die Sozialdemokraten. Zwar verliert auch die Union in Umfragen, aber es gibt eine stabile Mehrheit für Schwarz-Gelb.
Hamburg. Die SPD verharrt auf ihrem Tiefpunkt, aber ihr Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier spricht von „Hokuspokus“. Damit meint er nicht die Zahlenspielerei mit den wöchentlichen Umfragen, sondern den Steuersenkungskurs der Union. CDU und CSU wollen die Einkommensteuern nach einem möglichen Wahlsieg bei der Bundestagswahl am 27. September senken. In einem Interview mit der „Süddeutschen Zeitung“ verwies der Außenminister und Vizekanzler auf Schätzungen, nach denen in den kommenden vier Jahren bis zu 320 Milliarden Euro an Steuereinnahmen fehlen könnten. „Der Streit um Steuersenkungen dauert in der Union schon so lange, dass sie fast zu nichts anderem gekommen sind“, sagte Steinmeier. „Was die Union macht, ist unglaubwürdiger Hokuspokus.“
In den Umfragen hat sich der Trend nach den verlorenen Europawahlen bei der SPD bestätigt. Nach dem ZDF-Politbarometer sieht auch Forsa („Stern“ und RTL sind die Auftraggeber) die Sozialdemokraten bei 21 Prozent (minus 3). Das ist der schlechteste Wert der SPD seit dem Sturz des damaligen Parteichefs Kurt Beck Anfang September 2008. Die Umfrage wurde allerdings vor der umjubelten Rede von SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier auf dem Berliner Parteitag am vergangenen Sonntag durchgeführt.
Auch die Union verlor leicht, sie fiel um einen Punkt auf 35 Prozent. Von der Schwäche der großen profitieren die kleinen Parteien: Die FDP kletterte um einen Punkt auf 15 Prozent, die Linke verbesserte sich um ebenfalls einen Prozentpunkt auf jetzt 11 Prozent. Den größten Sprung aber machten die Grünen, die um zwei Punkte auf ein Jahreshoch von 13 Prozent kletterten. Zuletzt hatten sie diesen Wert unter der rot-grünen Bundesregierung im August 2004 erzielt. Nach diesem Stand hätten Union und FDP zusammen weiter eine Mehrheit von 50 Prozent. Sie liegen damit weiter fünf Punkte vor SPD, Grünen und Linken mit zusammen 45 Prozent.
Nur noch sechs Prozent der Befragten vertraten die Ansicht, die SPD werde am besten mit den Problemen in Deutschland fertig. Von der Union nehmen dies 29 Prozent der Deutschen an. Die Schwäche der SPD schlägt sich auch auf das Ansehen von Kanzlerkandidat Steinmeier nieder. Wenn die Bundesbürger den Bundeskanzler direkt wählen könnten, würden nur 20 Prozent für den amtierenden Außenminister stimmen, ein Minus von drei Punkten im Vergleich zur Vorwoche und sein bislang schlechtester Wert. Für Amtsinhaberin Angela Merkel würden sich 53 Prozent der Deutschen entscheiden (minus 2 Prozentpunkte).