IWF wird Finanzfeuerwehr und überwacht Italiens Geschäfte, Banken müssen sicherer arbeiten. Doch am letzten Gipfeltag schwelt die Krise stärker als zuvor.
Cannes. Fortschritt millimeterweise und kein Ende der Euro-Krise in Sicht: Auch der G20-Gipfel in Cannes schaffte keinen Durchbruch. Zwar werden Italiens Finanzgebaren unter verschärfte Überwachung gestellt, der Internationale Währungsfonds (IWF) immer mehr als Finanzfeuerwehr eingesetzt. Auch die weltweit größten Banken müssen künftig ihre Geschäfte sicherer machen. Doch unter der Hand lassen Gipfelteilnehmer keinen Zweifel: Der Weg aus der Euro-Krise ist noch sehr lang.
„Es war gut, dass die G20 gerade in diesen Tagen zusammenkamen“, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel zum Abschluss des zweitägigen Treffens am Freitag. Alle Teilnehmer seien sich ihrer Verantwortung für weltweites Wachstums und Beschäftigung bewusst.
Die führenden Industriestaaten der Welt (G20) einigten sich darauf, dass internationale Mega-Banken – sogenannte systemrelevante Banken – so umgebaut werden sollen, dass Steuerzahler nicht mehr für Verluste aufkommen müssten, sagte Merkel. Zu den 29 weltweit betroffenen Finanzinstituten, die ihr Kapital stärken müssen, gehörten auch Deutsche Bank und die Commerzbank.
Italiens Regierungschef Silvio Berlusconi willigte in Cannes ein, sein Reform- und Sparprogramm auch vom IWF überwachen zu lassen - kein leichter Schritt für ein stolzes Land. Mit dem IWF-Einsatz in Rom solle mehr Vertrauen an den Märkten geschaffen und die Finanzierung der Schuldenlast erleichtert werden.
Bisher hatte nur die EU-Kommission den Auftrag, die italienischen Reformschritte zu kontrollieren. Der IWF gilt aber als wesentlich erfahrener und genießt an den Märkten hohes Vertrauen. Italien steht wegen seiner hohen Gesamt-Schuldenlast von 120 Prozent der Wirtschaftsleistung unter dem Druck der Märkte.
+++ Italien lässt verschärfte Beobachtung durch IWF zu +++
+++ Debatte: Der Rettungsschirm verdirbt unsere Sprache +++
EU-Kommissionspräsident Manuel Jose Barroso sagte, ein Gremium der Kommission werde bereits nächste Woche nach Rom reisen.
Allerdings muss Berlusconi um die Mehrheit für seine Anti-Krisen-Maßnahmen bangen, deren Umsetzung er in Cannes zusagte. Nach dem Austritt zweier Abgeordneter aus seinem Lager hat Berlusconi keine absolute Mehrheit mehr. Die Debatte um Neuwahlen geht weiter.
In Athen wurde am Freitag um eine Übergangsregierung gerungen, gegen Mitternacht stand ein Vertrauensvotum von Ministerpräsident Giorgos Papandreou an. Der Ausgang war völlig ungewiss.
Der IWF wird zudem kurzfristige Liquiditätskredite ausgeben, um vorbeugend Länder vor einer Krisen-Ansteckung zu schützen. Die neue geplante Liquiditätslinie des IWF soll nach Informationen der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (Freitag) auch in Ländern des Euroraums Anwendung finden. Regierungen sollen nach dem Plan bis zu 500 Prozent ihres Kapitalanteils am Währungsfonds ziehen können.
Die Liquiditätskredite würden für sechs Monate vergeben und könnten einmal verlängert werden. Es sollen nur solche Länder in den Genuss kommen, die bis auf wenige Schwächen eine gute Wirtschaftspolitik und solide Fundamentaldaten vorweisen können. Ein IWF-Vertreter sagte, die Liquiditätskredite seien nicht für Italien ins Auge gefasst.
Keinen Fortschritt gab es offensichtlich beim Thema Transaktionssteuer. Die G20-Staaten stritten weiter über Maßnahmen gegen gefährliche Spekulationsgeschäfte. Nach Entwürfen für die Abschlusserklärung des Gipfels scheiterte Sarkozy mit der Einführung einer globalen Bankenabgabe auf Finanzgeschäfte. „Wir erkennen die Initiativen zur Einführung einer Finanztransaktionssteuer in einigen unserer Staaten an“, heißt es lapidar.
Zur Ankurbelung der Weltkonjunktur wollen die führenden Industrie- und Schwellenländer (G20) stärker an einem Strang ziehen. Ein „Aktionsplan für Wachstum und Beschäftigung“ soll dafür sorgen, dass die Länder enger zusammenarbeiten.
Weiteres Thema bei dem zweittägigen Gipfel an der französischen Riviera war die Stärkung des europäischen Krisenfonds EFSF für klamme Eurostaaten. Bei einer Variante eines „Hebels“ zur Steigerung der Ausleihkapazität könnte nun der IWF indirekt beteiligt werden. Die Schlagkraft des Fonds soll mit dem Kredithebel auf rund eine Billion Euro erhöht werden.
Entwicklungshilfeorganisationen und Umweltschützer kritisierten, dass der Gipfel sich zu sehr auf die Schuldenkrise konzentriert habe. Brennende Themen wie Hunger und Klimawandel seien ausgeklammert worden. Man habe sich auch Fortschritte bei der Einführung einer Transaktionssteuer gewünscht.
Der nächste G20-Gipfel findet im Juni 2012 im mexikanischen Los Cabos statt. (dpa)
Mit M a terial von dpa und dapd