Die EU-Finanzminister fordern von Griechenland schriftliche Verpflichtung, die Sparbeschlüsse umzusetzen. Finanzsteuer droht zu scheitern.

Brüssel. Die Eurogruppe hat den Hellenen die Pistole am Dienstag noch fester auf die Brust gesetzt: Vor der Überweisung der nächsten Notkredite seien eine schriftliche, parteiübergreifende Verpflichtung auf die Sparbeschlüsse vom Oktobergipfel sowie der sofortige Start der Umsetzung notwendig. Das sagte EU-Finanzkommissar Olli Rehn am Dienstag nach einem Treffen der EU-Finanzminister.

Mit der inzwischen zurückgenommenen Ankündigung eines Referendums über das neue Rettungsprogramm habe Athen „das Vertrauen gegenüber den Euro-Partnern gebrochen“, zürnte Rehn. „Jetzt muss das soziale Band zwischen Griechenland und dem Rest der Eurozone wieder gekittet werden“. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble fügte hinzu: Die Beschlüsse vom Oktober „müssen ohne jede Veränderung umgesetzt werden“. Der Appell war eine letzte Warnung an Athen, die politische Taktiererei endgültig zu überwinden.

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Auch die schwere Krise in Italien sorgte in Brüssel für Alarmstimmung. „Die wirtschaftliche und finanzielle Lage ist sehr besorgniserregend“, sagte Rehn. Durch eine strenge Überwachung der römischen Sparbemühungen wolle man dem Land helfen, das Vertrauen der Märkte zurückzugewinnen. Die Risikoaufschläge für italienische Staatsanleihen waren am Dienstag zwischenzeitlich auf ein neues Rekordhoch von mehr als 6,7 Prozent hochgeschossen.

Finanzsteuer ein „Rohrkrepierer“?

In ihrem Kampf für eine Finanztransaktionssteuer, um die Märkte an den Krisenkosten zu beteiligen, drohen Schäuble und seine Mitstreiter aus Paris, Brüssel und Wien indes Schiffbruch zu erleiden. Bei den ersten Beratungen der EU-Finanzminister über einen Kommissionsvorschlag für die Besteuerung sämtlicher Finanzgeschäfte gab es nicht nur von Briten und Schweden massiven Widerstand. Auch mehrere Euro-Länder meldeten starke Vorbehalte an. Damit sind auch die Chancen geschwunden, die Steuer nur in der Eurozone einzuführen.

„Warum sollten alle Transaktionen besteuert werden, nur nicht die Finanzdienstleistungen?“, fragte Schäuble die Kritiker. „Europa sollte rasch vorangehen.“ Das Warten auf die globale Einführung sei „eine Ausrede fürs Nichtstun“, denn dann müsste man „noch zwanzig Jahre bis auf die letzte Insel warten“.

„Ich glaube, die Steuer ist ein Rohrkrepierer“, schoss der schwedische Finanzminister Anders Borg dagegen. Die Abgabe auf alle Finanzgeschäfte sei „ein sehr effektiver Weg, um das Wachstum zu drücken und die Kreditkosten für verschuldete Staaten zu erhöhen“. Diese Sorge äußerten auch die angeschlagenen Italiener. Und der britische Schatzkanzler George Osborne forderte ganz unverhohlen, „die Sache erst ein Mal beiseitezulassen“. Dazu könnte es tatsächlich kommen, wie Schäuble einräumen musste: Einig sei man sich darüber, bis zum Frühjahr zu klären, „ob es eine Chance gibt, sich auf eine solche Finanztransaktionssteuer zu einigen“.

Sanktionsgefahr für deutschen Bilanzüberschuss abgewendet

Mehr Erfolg hatte Schäuble in Brüssel in seinem Kampf gegen Sanktionen bei großen Leistungsbilanzüberschüssen. Auf sein Drängen wurden die Beschlüsse zur Schärfung des Stabilitätspaktes um eine entsprechende Garantie der EU-Kommission ergänzt. Brüssel hat einen Katalog mit zehn Indikatoren vorgelegt, anhand derer nicht nur zu hohe Defizite, sondern auch zu große Wirtschaftsungleichgewichte frühzeitig erkannt und abgebaut werden sollen.

Eine scharfe Überwachung soll künftig beginnen, wenn ein Land drei Jahre lang ein Leistungsbilanzdefizit von vier Prozent oder ein Überschuss von mehr als sechs Prozent aufweist. Anders als bei Defizitländern werden gegen Überschussländer wie Deutschland aber keine Strafen verhängt. Denn schließlich würden Überschüsse die Finanzsituation der betroffenen Staaten nicht beeinträchtigen und damit den Euro nicht in Gefahr bringen, heißt es in der Erklärung.