Papandreou macht Platz für eine Übergangsregierung in Griechenland. Wird ein früherer Vizepräsident der Europäischen Zentralbank sein Nachfolger?
Athen. Der griechische Ministerpräsident Giorgos Papandreou macht Platz für eine Übergangsregierung, die eine Zahlungsunfähigkeit des hoch verschuldeten Euro-Lands abwenden soll. Am Sonntagabend einigte sich der bisherige Regierungschef mit Oppositionschef Antonis Samaras unter Vermittlung von Präsident Karolos Papoulias auf die Bildung einer neuen gemeinsamen Koalition. Sobald diese übernimmt, wird Papandreou seinen Posten nach Angaben des Präsidialamts räumen. Wer an seine Stelle rückt, soll noch vor dem Treffen der Finanzminister der Eurozonen-Länder am Montagabend in Brüssel feststehen.
In Medienberichten wurde zuletzt spekuliert, dass der frühere Vizepräsident der Europäischen Zentralbank, Lucas Papademos, neuer Ministerpräsident werden könnte. Die Übergangsregierung werde binnen einer Woche vereidigt und eine Vertrauensabstimmung abhalten, wenn alles nach Plan verlaufe, sagte Regierungssprecher Ilias Mossialos.
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Die neue Koalition muss vom Parlament grünes Licht für das jüngste Hilfspaket Europas und den damit verbundenen strikten Sparauflagen erhalten, bevor sie Neuwahlen ansetzt. Papandreous sozialistische Pasok-Prtei und die konservative Nea Dimokratia von Samaras kamen nach Angaben des Finanzministeriums noch in der Nacht zum Montag überein, dass der 19. Februar der passendste Termin für Neuwahlen sei.
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Griechenland droht in wenigen Wochen das Geld auszugehen, wenn es keine neuen Hilfen erhält. Angesichts der anhaltenden Krise hatte die Europäische Union zuletzt den Druck auf das Land erheblich erhöht. So appellierte EU-Wirtschafts- und Währungskommissar Olli Rehn in einem Reuters-Interview an Athen, schnell eine Regierung der nationalen Einheit zu bilden, um das jüngste Rettungspaket für das Land auf den Weg zu bringen. Ansonsten stehe Griechenlands Mitgliedschaft in der Euro-Zone auf dem Spiel.
Die asiatischen Aktienmärkte reagierten mit Verlusten auf die Neuigkeiten aus Athen. "Die Nachricht, dass in Griechenland eine Koalition gebildet wird, ist eine gute Nachricht. Aber die Euro-Debatte wird wahrscheinlich anhalten“, sagte Yumi Nishimura von Daiwa Securities Börsen. Auch der Euro geriet trotz der Einigung in Griechenland zum Wochenauftakt unter Druck. Händler begründeten dies mit diversen Unsicherheiten, die nach wie vor bestünden - etwa wer die neue Koalition in Athen führen werde.
Außerdem richtete sich ihre Aufmerksamkeit auf Italien, wo am Dienstag eine Parlamentsabstimmung über die öffentlichen Finanzen ansteht, über deren Ausgang die Regierung von Ministerpräsident Silvio Berlusconi stürzen könnte.
Papandreou wurde 2009 Ministerpräsident und setzte in der Fraktion seiner Partei Sparmaßnahmen und Steuererhöhungen durch, die große Teile der Bevölkerung ablehnen. Vor wenigen Tagen überraschte er die Griechen, europäische Partner und die Welt mit seiner Ankündigung, das Volk über das zweite internationale Hilfspaket abstimmen zu lassen. Nach heftiger Kritik aus Europa ließ er den Plan wieder fallen. Eine Vertrauensabstimmung in der Nacht zum Sonnabend überstand er und kündigte danach die Bildung einer breiten Koalitionsregierung an.
Die aktuelle Zusammensetzung des Parlaments:
Panhellenische Sozialistische Bewegung (PASOK): 152 Abgeordnete
Nea Dimokratia (ND): 85 Abgeordnete
Kommunistische Partei (KKE): 21 Abgeordnete
Völkische Orthodoxe Gesamtbewegung (LAOS): 16 Abgeordnete
Bündnis der Radikalen Linken (SY.RIZ.A.): 9 Abgeordnete
Zudem gibt es 17 Abgeordnete, die keiner dieser fünf Fraktionen angehören. Einige von ihnen haben sich kleineren Parteien zugehörig erklärt, die aber nicht genügend Mandate für einen Fraktionsstatus haben.