Nach Koalitionsbruch in Hamburg fehlt Schwarz-Gelb in der Länderkammer nur noch eine Stimme für die Umsetzung der Hartz-IV-Reform.
Berlin. Das Ende von Schwarz-Grün in Hamburg könnte im Bundesrat beträchtliche Folgen haben: Möglicherweise stimmen die Länder der Hartz-IV-Reform zu. Bislang galt die Ablehnung der Kammer als sicher, weil Schwarz-Gelb dort keine absolute Mehrheit besitzt. Doch nach der Entlassung der Grünen-Senatoren kann die reine CDU-Regierung von Christoph Ahlhaus in Hamburg ihre drei Stimmen in der Länderkammer bis zur Neuwahl im Februar 2011 voll einsetzen - erstmals bei der Neuregelung der Hartz-Sätze. Schwarz-Gelb fehlt damit nur noch eine Stimme für die Zustimmung am 17. Dezember im Bundesrat. Bei einem Fortbestand von Schwarz-Grün in Hamburg hätte sich das Land aufgrund der unterschiedlichen Auffassungen zu Hartz voraussichtlich enthalten.
Angesichts der Tatsache, dass CDU und FDP nun über 34 der 35 notwendigen Stimmen zur Mehrheit im Bundesrat verfügen, richten sich nun alle Blicke auf das CDU-geführte Saarland. Dort regiert Ministerpräsident Peter Müller mit der FDP und den Grünen. Eine Entscheidung über das Abstimmungsverhalten im Bundesrat gibt es in der Koalition noch nicht. Saarlands Sozialministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) forderte jedoch gestern ihre Regierung und den Bundesrat auf, den Hartz-Reformen zuzustimmen. "Im Interesse der Kinder unseres Landes appelliere ich an alle Beteiligten, keine Grundsatzdebatten loszutreten. Wenn wir das Ziel, bis Januar die Vorgaben des Verfassungsgerichts umzusetzen, nicht erreichen, ist dies eine Blamage für die gesamte politische Klasse", sagte sie dem Abendblatt.
Kramp-Karrenbauer betonte: "Wir alle sollten gemeinsam das Ziel im Auge behalten." Die Sozialministerin lobte die Neuregelung: "Wir als saarländische Landesregierung stehen dem Gesetzentwurf offen gegenüber und begrüßen es sehr, dass Kinder und Jugendliche künftig ein eigenes Bildungs- und Teilhabepaket bekommen sollen."
Die Koalitionspläne sehen vor, dass die Hartz-IV-Regelsätze ab 1. Januar 2011 um fünf Euro steigen. Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) will zudem das zusätzlich geplante Bildungspaket für Kinder aus Hartz-IV-Familien um 40 Millionen Euro auf 740 Millionen Euro aufstocken, damit rund 100 000 Schüler ab der zehnten Klasse Monatstickets für öffentliche Verkehrsmittel erhalten. Morgen entscheidet über die Reform der Bundestag, dessen Zustimmung als sicher gilt.
Die Länder wollten bislang den Vermittlungsausschuss anrufen. Nun aber stehen die Grünen im Saarland mächtig unter Druck. Der parlamentarische Geschäftsführer der SPD im Bundestag, Thomas Oppermann, sprach gestern von einem "Stresstest für die Grünen im Saarland". Er verwies auf frühere Beispiele, bei denen einzelne Länder etwa durch finanzielle Zusagen für ein Regierungsvorhaben gewonnen wurden.
Für die SPD ist klar: Will die Koalition die noch fehlende Stimme auf ihre Seite ziehen, kommt dafür nur das Saarland infrage. Undenkbar sei es, so hört man aus der SPD, dass etwa die CDU-regierten Großen Koalitionen in Thüringen und Sachsen-Anhalt noch umfallen könnten. Diese Länder werden sich demnach enthalten. Auch im rot-schwarz geführten Mecklenburg-Vorpommern bleibt es bei der Ablehnung der Hartz-Gesetze. "Ich stehe da fest an der Seite der anderen sozialdemokratischen Ministerpräsidenten", sagte Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD) dem Abendblatt. Er betonte: "So, wie es jetzt vorliegt, können wir dem Gesetz nicht zustimmen." Der Regierungschef verwies auf die Verbesserungswünsche der SPD, auf die von der Leyen bisher nicht eingegangen ist. "Wir haben klare Forderungen auf den Tisch gelegt. Das Bildungspaket muss auch für Geringverdiener gelten", so Sellering. "Und wir brauchen Unterstützung bei der Schulsozialarbeit. Es sollte in jeder Schule eine Schulsozialarbeiterin oder einen Schulsozialarbeiter geben", forderte der Ministerpräsident.
Nach der Sitzung vom 17. Dezember wird sich der Bundesrat erst am 11. Februar 2011 wieder treffen. Noch stehen keine zustimmungspflichtigen Gesetze auf der Tagesordnung. Fest steht aber: Hamburg wird auch dann noch drei CDU-Stimmen haben.