Laut SPD-Spitzenkandidat sollten bei allen Mehrausgaben gleichzeitig Einsparungen festgelegt werden, um langfristig Schulden abzubauen.
Hamburg. Der designierte Spitzenkandidat der Hamburger SPD, Olaf Scholz, will den defizitären Hamburger Haushalt nach US-Vorbild sanieren. „Wir sollten auch für den Hamburger Haushalt ein neues Prinzip gelten lassen, wie es zum Beispiel der frühere US-amerikanische Präsident Bill Clinton unter dem Namen ’Pay As You Go’ mit dem Kongress vereinbart hat“, sagte Scholz am Dienstag. Damals sei festgelegt worden, dass kein Gesetz mit Mehrausgaben beschlossen werden dürfe, ohne dass gleichzeitig festgelegt wird, wo im Gegenzug eingespart werde.
„Wenn man das macht, dann verspricht das nicht über Nacht, aber doch nach einiger Zeit Sanierungserfolge“, sagte Scholz. Clinton, der von 1993 bis 2001 der 42. Präsident der Vereinigten Staaten war, sei es gemeinsam mit dem Kongress gelungen, in zwei Amtszeiten den völlig ruinierten Haushalt zu sanieren. „Und dann muss das doch in der Hansestadt Hamburg auch gelingen“, sagte der 52-Jährige Landeschef der Hamburger SPD.
Der frühere Bundesarbeitsminister will für die hanseatischen Sozialdemokraten in den Bürgerschaftswahlkampf ziehen. Die Grün-Alternative Liste (GAL) hatte am Sonntag die bundesweit erste schwarz-grüne Koalition in Hamburg nach zweieinhalb Jahren aufgekündigt und als Gründe fehlende Stabilität, Verlässlichkeit und Vertrauen genannt. Sollte sich die Bürgerschaft nun wie vorgesehen am 15. Dezember auflösen, wählen die Hamburger am 20. Februar 2011 das neue Parlament. Neben Scholz zieht Bürgermeister Christoph Ahlhaus für die CDU in den Wahlkampf.
Noch im September hatte Schwarz-Grün das größte Sparpaket in der Geschichte der Hansestadt beschlossen. In den kommenden Jahren sollten jährlich rund eine halbe Milliarde Euro eingespart werden. Die damit verbundenen Kürzungen in der Kultur und der Verwaltung führten zu massiven Protesten. Die Haushaltskonsolidierung galt als Kernthema der Hamburger Politik.
Auch wenn Scholz zufolge in den vergangenen neun Jahren in Hamburg „eine ganze Menge zusammen gekommen“ ist, so sieht er die Verantwortung dafür auch bei den Vorgängern im Amt. „Selbstverständlich ist in Deutschland überall über viele Jahre und von ganz unterschiedlichen Regierungen zu viel Geld ausgegeben worden“, sagte er. Deshalb habe er sich im Deutschen Bundestag auch sehr für die Schuldenbremse eingesetzt. „Denn das ist ein Weg, die Politiker zu belehren und sie zum Sparen anzuhalten. Das Gegenteil ist gegenüber den nachfolgenden Generationen ungerecht“, sagte der 52-Jährige.
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Scholz schließt Rot-Rot-Grün aus
SPD-Bürgermeisterkandidat Olaf Scholz hat im Abendblatt-Interview eine rot-rot-grüne Koalition in Hamburg ausgeschlossen. Er setze darauf, dass es nach der Bürgerschaftswahl im Februar für Rot-Grün reiche, sagte Scholz. Auf die Frage, ob er für den Fall, dass SPD und GAL keine Mehrheit bekommen, ein Dreierbündnis mit den Grünen und der Linkspartei anstrebe, sagte der SPD-Chef: "Rot-Rot-Grün ist für unsere Stadt keine Perspektive. Dazu wird es mit mir nicht kommen."
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Scholz kündigte ferner an, dass ein SPD-geführter Senat die umstrittene Kita-Gebührenerhöhung der schwarz-grünen Koalition zurücknehmen werde. "Die Kita-Gebühren sind in Hamburg zu hoch, und sie müssen korrigiert werden", sagte Scholz, der darüber hinaus das Ziel ausgibt, zumindest den Fünf-Stunden-Platz für Kinder, auf den Eltern einen Rechtsanspruch haben, langfristig gebührenfrei anzubieten.
Nachdem die GAL das Bündnis mit der CDU am Sonntag aufgekündigt hatte, soll am 20. Februar eine neue Bürgerschaft gewählt werden. Alle vier Fraktionen sprachen sich gestern Abend einstimmig für ihre Spitzenkandidaten aus: die SPD für Scholz, die CDU für Bürgermeister Christoph Ahlhaus, die GAL für die bisherige Stadtentwicklungssenatorin Anja Hajduk und die Linke für Fraktionschefin Dora Heyenn. Bei der GAL hatte die bisherige Zweite Bürgermeisterin Christa Goetsch auf die erneute Spitzenkandidatur verzichtet und Hajduk vorgeschlagen. Offiziell nominiert werden die Spitzenkandidaten von den jeweiligen Parteitagen.
Die drei grünen Senatoren Goetsch, Hajduk und Till Steffen (Justiz) haben nach der Entlassung durch Ahlhaus gestern damit begonnen, ihre Büros zu räumen. Auch Finanzsenator Carsten Frigge, der vergangene Woche seinen Rücktritt angekündigt hatte, bleibt nun doch nicht bis zur Wahl eines Nachfolgers im Amt, sondern geht bereits heute. Goetsch und Steffen werden voraussichtlich ihre bislang ruhenden Bürgerschaftsmandate wieder aufleben lassen.
Der Senat besteht bis zur Wahl nur noch aus Ahlhaus und vier Senatoren: Zweiter Bürgermeister wird nach Abendblatt-Informationen Dietrich Wersich, der neben der Sozial- auch die Schulbehörde führt. Wissenschaftssenatorin Herlind Gundelach übernimmt außerdem die Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt sowie die Finanzbehörde. Innensenator Heino Vahldieck (alle CDU) leitet parallel auch die Justizbehörde. Ian Karan (parteilos) bleibt Wirtschaftssenator.
Unterdessen ist zwischen den ehemaligen Koalitionären CDU und GAL ein heftiger Streit entbrannt. "Die Regierung funktionierte nicht mehr", sagte GAL-Fraktionschef K GAL-Fraktionschef Jens Kerstan . Bürgermeister Ahlhaus habe manchmal nicht begriffen, "was wirklich wichtig ist". So könne man "die zweitgrößte Stadt Deutschlands nicht regieren". Ahlhaus äußerte dagegen den "starken Verdacht", dass der Bruch des Bündnisses mehr dem Machtkalkül geschuldet sei.