Opposition kritisiert “Zickzackkurs“ von Bürgermeister Christoph Ahlhaus
Hamburg. Bürgermeister Christoph Ahlhaus (CDU) stoppt das Projekt Stadtbahn - die Bürgerinitiativen machen trotzdem weiter. Sowohl die Gegner als auch die Befürworter der geplanten Niederflurbahn kündigten an, ihre jeweiligen Volksinitiativen fortzuführen. Es werden also weiter Unterschriften gegen beziehungsweise für die Stadtbahn gesammelt.
"Wir können nicht zulassen, dass die GAL das Projekt in einer möglichen rot-grünen Koalition wieder aufnimmt", sagte Andreas Wagener, Sprecher der Gegner. "Ich hoffe, dass wir das Projekt mit der Volksinitiative auch im Wahlkampf vorantreiben können", sagte Harry Schaub von den Befürwortern.
Von vorantreiben will Christoph Ahlhaus erst einmal nichts wissen. Er verkündete gestern: "Heute hat der Senat unter meiner Leitung und unter meiner Anleitung beschlossen, die weiteren Planungen zur Realisierung der Niederflurbahn zu stoppen." Als Begründung führte er Bedenken gegen die Finanzierung und die geplante Trassenführung an.
Damit ist nicht nur das derzeit laufende Planfeststellungsverfahren für den ersten Bauabschnitt vom Bramfelder Markt bis zur Kellinghusenstraße betroffen. Auch die Genehmigungsplanung für den zweiten Bauabschnitt und die Untersuchungen weiterer Streckenabschnitte und die Realisierung des insgesamt auf 50 Kilometer geplanten Streckennetzes sind gestoppt.
Ahlhaus betonte zwar, dass er "die Stadtbahn nach wie vor für ein modernes, umweltfreundliches und für die Stadt grundsätzlich geeignetes Verkehrsmittel" halte, er sei aber nicht bereit, "ein Projekt gegen die Widerstände der Hamburger fortzuführen, das vor allem dem Koalitionspartner wichtig gewesen" sei.
Günter Elste, Chef der Hamburger Hochbahn, wurde am späten Vormittag mit einem Anruf von Ahlhaus über die Entscheidung informiert. Elste - selbst leidenschaftlicher Befürworter der Stadtbahn - habe "gefasst und sachlich" reagiert, heißt es.
In ihrer offiziellen Stellungnahme wies die Hochbahn darauf hin, sie sei ein "Instrument der Senatspolitik". Gleichzeitig sei die Hochbahn aber auch in eine Aktiengesellschaft, die städtische Vermögensgesellschaft HGV, eingegliedert. Deshalb seien bestimmte Formalien zur berücksichtigen. "Die Hochbahn prüft zurzeit, welche Gremien formell befasst werden müssen, um den Senatswillen umzusetzen und gleichzeitig die damit verbundenen finanziellen Folgen zu begrenzen", so die Hochbahn.
Das Problem: Die Hochbahn hat für den Bau der Stadtbahn Planer beauftragt. Deren Verträge laufen zum Teil noch bis zum Abschluss des Planfeststellungsverfahrens. Werden diese jetzt "aus besonderen Gründen" sofort gekündigt, könnten auf die Stadt Schadenersatzforderungen in noch unbekannter Höhe zukommen.
Deutlichen Gegenwind bekommt der CDU-Senat von den anderen Bürgerschaftsfraktionen. SPD-Fraktionschef Michael Neumann wirft Ahlhaus einen "Zickzack-Kurs" vor. "In der vergangenen Woche hat Bürgermeister Ahlhaus die Stadtbahn beschlossen, jetzt lässt er seinen Rest-Senat das Projekt stoppen. Das ist das Gegenteil von Verlässlichkeit", so Neumann. "Die viel zitierte Versöhnung von Ökologie und Ökonomie durch den Senat war offenbar nur Wortgeklingel", sagte Neumann. GAL-Fraktionschef Jens Kerstan zeigte sich enttäuscht von der Entscheidung. Auch Ahlhaus' Begründung, die Trassenführung überzeuge ihn nicht, höre Kerstan zum ersten Mal. "Zweieinhalb Jahre lang hat sich die CDU für die Stadtbahn ausgesprochen, auch Herr Ahlhaus", so Kerstan. Joachim Bischoff von den Linken kritisierte Ahlhaus' Entscheidung als "reinen Populismus". Die Stadtbahn zu stoppen sei das falsche Signal. Hamburg benötige den Ausbau und die Stärkung des öffentlichen Nahverkehrs. Die Stadtbahn stelle eine "umweltfreundliche und vergleichsweise kostengünstige Lösung dar", so Bischoff.
Mit Empörung reagierte auch der Hamburger Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) auf die Einstellung des Planverfahrens. "Dies ist eine reine Trotzreaktion des Bürgermeisters", sagte BUND-Chef Manfred Braasch. Mit dem Stopp der Stadtbahnplanung wiederhole die CDU den Fehler der CDU-Schill-Regierung und sei verantwortlich für eine "Stagnation der Hamburger Verkehrsplanung und damit steigende Kosten im Nahverkehr".
Im Jahr 2001 hatte die damalige CDU-Schill-Koalition schon einmal den Bau einer Stadtbahn gestoppt. Damals gab es sogar schon einen Planfeststellungsbeschluss, das heißt, es hätte direkt mit den Arbeiten begonnen werden können. Das derzeitige Verfahren ist bereits durch die Auslegungsphase der Unterlagen durch.
Der FDP-Landesvorsitzende Rolf Salo und der stadtentwicklungspolitische Sprecher der FDP Hamburg, Lothar Hänsch, zeigten sich sehr zufrieden: "Wir freuen uns sehr über den Stopp der Planungen. Jetzt wird deutlich, wie sehr die CDU nur um des Machterhalts willen an einem unsinnigen Projekt der GAL festgehalten hat."